Oberlandesgericht Bamberg Beschluss19.06.2012
Tödliche Krebserkrankung begründet für sich genommen noch keine TestierunfähigkeitLetzter Wille eines Todkranken kann wirksam sein
Hat ein todkranker Erblasser im Endstadium seiner Krankheit ein Testament aufgesetzt, so ist dieses grundsätzlich wirksam. Für die Annahme der Testierunfähigkeit müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen. Eine tödliche Erkrankung als solche genügt nicht. Dies hat das Oberlandesgericht Bamberg entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Sieben Tage vor seinem Tod setzte ein, an Krebs erkrankter, Erblasser durch ein notarielles Testament seine Lebensgefährtin als Alleinerbin ein. Seine beiden Schwestern sowie deren Kinder schloss er dagegen von der Erbfolge aus. Nach seinem Tod, bestand Streit über die Wirksamkeit des Testaments. Die Schwestern des Erblassers meinten, dass aufgrund des fortgeschrittenen Stadiums seiner Erkrankung, zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung, der Erblasser nicht mehr testierfähig gewesen sei. Das Testament sei daher unwirksam. Das Amtsgericht Lichtenfels sah dies anders. Es ging von der Testierfähigkeit des Erblassers aus. Gegen die Entscheidung legten die Schwestern Beschwerde ein.
Erblasser war testierfähig
Das Oberlandesgericht Bamberg bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts. Konkrete Anhaltspunkte für eine Testierunfähigkeit seien nicht zu erkennen gewesen. Die Testierfähigkeit setze die Vorstellung des Testierenden voraus, dass er ein Testament errichtet und welchen Inhalt die darin enthaltenen Verfügungen haben. Er müsse in der Lage sein, sich ein klares Urteil darüber zu bilden, welche Tragweite seine Anordnungen haben, insbesondere welche Wirkungen sie auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen ausüben. Davon ging das Gericht hier aus.
Tödliche Erkrankung spricht nicht allein für Testierunfähigkeit
Zwar sei es richtig gewesen, so das Amtsgericht weiter, dass zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung der Erblasser nicht mehr selbständig Nahrung aufnahm, stark abgenommen hatte und stark geschwächt war. Es sei daher selbstverständlich gewesen, dass der Erblasser sich in einem psychischen Ausnahmezustand befand. Ohne weitere Anhaltspunkte sei dies für sich genommen jedoch nicht geeignet, die Testierfähigkeit eines Menschen in Zweifel zu ziehen. Solche Anhaltspunkte können etwa Verwirrtheitszustände, Nachlassen der geistigen Fähigkeiten oder demenzielle Entwicklung sein. Dieses Ergebnis werde zudem durch die Vorschriften über Nottestamente (§§ 2249, 2250 BGB) bestätigt. Diese sehen gerade für den Fall des Todes besondere Möglichkeiten der Testamentserrichtung vor.
Einholung eines Sachverständigengutachtens war nicht notwendig
Das Oberlandesgericht hielt es im Übrigen für nicht notwendig einen psychiatrischen Sachverständigen hinzuziehen. Denn dafür sei erforderlich, dass aufgrund konkreter Anhaltspunkte Anlass besteht, an der Testierfähigkeit des Erblassers zu zweifeln. An solchen Anhaltspunkten habe es aber gefehlt. Vor allem komme einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium noch nicht einmal Indizwirkung zu.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 29.07.2013
Quelle: Oberlandesgericht Bamberg, ra-online (vt/rb)