24.11.2024
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Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht Urteil03.02.2011

Nahrungs­er­gän­zungs­mittel zu Choles­te­r­in­senkung "Red Rice" ist nicht als Arzneimittel einzustufenProdukt weist nach Bezeichnung, Aufmachung und Bewerbung nicht den Charakter eines Arzneimittels auf

Bei dem in Österreich hergestellten Produkt "Red Rice 330 mg GPH Kapseln" handelt es sich nicht um ein Arzneimittel, sondern um ein Lebensmittel in Gestalt eines Nahrungs­er­gän­zungs­mittels. Dies entschied das Nieder­säch­sische Oberver­wal­tungs­gericht.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls betreibt einen pharma­zeu­tischen Großhandel. Sie brachte im September 2002 das Produkt "Red Rice 330 mg GPH Kapseln" als Nahrungsergänzungsmittel in den deutschen Handel. Es enthält den Wirkstoff Monacolin K, der identisch ist mit Lovastatin, einem Wirkstoff, der in Deutschland als verschrei­bungs­pflichtiges Arzneimittel zur Senkung des Choles­te­r­in­spiegels im Verkehr ist.

Produkt ist mangels nachweisbarer pharma­ko­lo­gischer Wirkungen nicht als "Funkti­o­ns­a­rz­nei­mittel" anzusehen

Das beklagte Amt untersagte der Klägerin das Inver­kehr­bringen des Produkts in Deutschland, weil es sich dabei um ein zulas­sungs­pflichtiges, aber nicht zugelassenes Arzneimittel handele. Im Rahmen des dagegen geführten Klageverfahrens ist mittlerweile nach Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (Urt. v. 15.01.2009 - C-140/07 -) und des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts (Urt. v. 26.05.2009 - 3 C 5/09 -) geklärt, dass es sich bei dem Produkt mangels nachweisbarer pharma­ko­lo­gischer Wirkungen nicht um ein "Funkti­o­ns­a­rz­nei­mittel" handelt.

OVG soll klären, ob es sich bei Produkt um "Präsen­ta­ti­o­ns­a­rz­nei­mittel" handelt

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat das Verfahren allerdings an das Nieder­säch­sische Oberver­wal­tungs­gericht zur Klärung der Frage zurückverwiesen, ob es sich bei dem Produkt um ein "Präsen­ta­ti­o­ns­a­rz­nei­mittel" handelt.

OVG hebt Unter­sa­gungs­be­scheid zum Inver­kehr­bringen des Produkts in Deutschland auf

Dies hat das Nieder­säch­sische Oberver­wal­tungs­gericht nunmehr verneint und daher den angegriffenen Unter­sa­gungs­be­scheid zum Inver­kehr­bringen des Produkts in Deutschland aufgehoben. Aus der Sicht eines durch­schnitt­lichen bzw. typischen Verbrauchers weist das Produkt nach seiner Bezeichnung, Aufmachung und Bewerbung nicht den Charakter eines Arzneimittels auf. Allein die Kapselform begründet eine Arznei­mit­te­lei­gen­schaft nicht, diese Darrei­chungsform ist vielmehr auch für Nahrungs­er­gän­zungs­mittel typisch. Gleiches gilt für einen Vertrieb über Apotheken. Auch aus der produkt­be­zogenen Werbung im Inter­ne­t­auftritt der Herstellerfirma lässt sich die Eigenschaft von "Red Rice 330 mg GPH Kapseln" als Präsen­ta­ti­o­ns­a­rz­nei­mittel nicht ableiten. Entscheidend ist insoweit das Gesamtbild der Bewerbung des Produkts aus der Sicht eines durch­schnittlich informierten Verbrauchers, nicht aber eine singuläre Werbeaussage, die für die Präsentation des Produkts insgesamt nicht prägend ist.

Durch­schnitts­ver­braucher wird aus Produktwerbung nicht Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung von menschlichen Krankheiten entnehmen

Nach diesem Gesamtbild wird das Produkt nicht in die Nähe eines Arzneimittels gerückt. Zwar lassen sich auf der Internetseite der Herstellerfirma in Zusat­z­in­for­ma­tionen zum Produkt sehr wissen­schaftlich gehaltene Aussagen zur Eigenschaft von Monacolinen finden ("Monacolin verhindert durch die Hemmung der HMG-CoA-Reduktase die Umwandlung von ß-Hydroxy-ß-methylglutaryl-CoA (HMG-CoA) in Mevalonsäure. Damit wird die Vorstufe der Choles­te­r­in­synthese unterbrochen."). Daraus lässt sich aber aus Sicht eines Durch­schnitts­ver­brauchers kein Heilmittelbezug dergestalt entnehmen, dass das Produkt Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung von menschlichen Krankheiten verspricht. Behandelbare Krankheiten werden im Inter­ne­t­auftritt nicht genannt. Der Umstand, dass sich ein Teil der Verbraucher möglicherweise von besonders wissen­schaftlich klingenden Beschreibungen beeindrucken lässt, reicht für die erforderliche Herstellung eines Heilmit­tel­bezuges nicht aus. Selbst, wenn man in einer solchen Formulierung eine krank­heits­be­zogene Werbung erblicken wollte, bliebe es bei einer einzelnen Werbeaussage, die allenfalls als solche unzulässig sein könnte, nicht aber den Arznei­mit­tel­cha­rakter zu begründen vermag.

Quelle: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht/ra-online

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