18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Landgericht Frankenthal Beschluss18.06.2020

Keine Entschädigung für mehrmonatige Unter­su­chungshaft trotz FreispruchsWer grob fahrlässig seine Unter­su­chungshaft selbst herbeiführt, hat keinen Anspruch auf Haftent­schä­digung

Das Land Rheinland-Pfalz muss einen Mann nicht für eine ca. 10-monatige Unter­su­chungshaft entschädigen, obwohl er mittlerweile rechtskräftig freigesprochen ist. Denn nach Auffassung des Landgerichts Frankenthal hat dieser grob fahrlässig selbst dazu beigetragen, dass er verdächtigt und inhaftiert worden ist. Die Entscheidung ist vom Pfälzischen Oberlan­des­gericht in Zweibrücken inzwischen bestätigt worden und damit rechtskräftig

Im hier vorliegenden Fall war der inzwischen 26-jährige Mann mit Wohnsitz in Litauen zusammen mit einem Landsmann Ende Juni 2018 nachts in einem Auto in Dannstadt-Schauernheim festgenommen worden. Beide Männer kamen in Untersuchungshaft. Ihnen wurde ein versuchter Diebstahl eines vor einem Anwesen geparkten Luxusfahrzeugs vorgeworfen, eines BMW 530d im Wert von circa 80.000 Euro. Hierbei sollte ein sog. Funkwellen-Verlängerer eingesetzt werden, um das "Keyless-Go-System" des wertvollen BMW auszutricksen, was letztlich fehlgeschlagen ist.

LG: Freispruch wegen nicht hinreichend nachgewiesener Tatbeteiligung

Nachdem das Amtsgericht Ludwigshafen zunächst beide Männer zu Freiheits­s­trafen verurteilt hatte, sprach das Landgericht Frankenthal im Berufungs­ver­fahren nur einen der beiden schuldig, den 26-Jährigen dagegen frei. Nach dem Grundsatz "im Zweifel für den Angeklagten" sei diesem die Beteiligung an der Tat nicht hinreichend sicher nachzuweisen. Anders als der Verurteilte war nämlich die zweite Person auf den Aufnahmen der am Haus befindlichen Überwa­chungs­kamera nicht eindeutig zu identifizieren. Es ließ sich deshalb für die Kammer nicht ausschließen, dass es zwischen dem Diebstahl­s­versuch und der später erfolgten Festnahme zu einem Wechsel des Fahrzeug­in­sassen gekommen war.

Entschädigung für erlittene Unter­su­chungshaft trotz Freispruch ausgeschlossen

Trotz des Freispruchs erhält der Mann in diesem Fall für die erlittene Unter­su­chungshaft jedoch keine Entschädigung. Die nach dem Straf­ver­fol­gungs­ent­schä­di­gungs­gesetz (StrEG) an sich zu zahlende Entschädigung in Höhe von 25,00 € pro Tag sei hier ausnahmsweise ausgeschlossen, so das LG. Denn der Mann habe durch sein Verhalten in der Tatnacht selbst dazu beigetragen, dass er in Verdacht geraten sei und deshalb seine U-Haft selbst grob fahrlässig herbeigeführt. Auch wenn ihm nicht nachgewiesen werden könne, dass er bei dem Diebstahl­s­versuch mitgewirkt habe, so könne nicht unberück­sichtigt bleiben, dass er später im Täterfahrzeug festgenommen worden sei. Darin seien Mützen, Handschuhe sowie technisches Gerät für die Begehung von Straftaten mitgeführt worden. Zudem hätten die Beteiligten sich nachts ohne plausiblen Grund fern ihrer eigenen Wohnorte befunden. Dem Mann habe als Beifahrer deshalb klar sein müssen, dass Straftaten begangen werden und sich alle Insassen dieses Fahrzeugs, somit auch er selbst, verdächtig machten, so die Kammer.

Mann musste mit Strafverfolgung rechnen

Der Mann habe sich somit freiwillig in eine Situation begeben, in der er mit einer Strafverfolgung rechnen musste. In einem solchen Fall sei nach der Ausnah­me­re­gelung des § 5 Abs. 2 StrEG eine Haftentschädigung ausgeschlossen.

Quelle: Landgericht Frankenthal, ra-online (pm/ab)

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