Im zugrunde liegenden Fall verlangte der Zweckverband Wasserversorgung und Abwasserentsorgung Fürstenwalde und Umland im Januar 2005 von einem Grundstückseigentümer einen Herstellungsbeitrag für die Abwasserentsorgung in Höhe von 1.351,40 Euro. Die hiergegen erhobene Klage blieb erfolglos. Im Herbst 2011 erhob der Eigentümer Verfassungsbeschwerde und machte geltend, dass sein Grundstück bereits zu DDR-Zeiten über einen Abwasseranschluss verfügt habe. Außerdem seien etwaige Forderungen bereits lange verjährt gewesen. Erst eine Gesetzesänderung habe ab dem 1. Februar 2004 die Beitragserhebung wieder ermöglicht.
Die Verfassungsbeschwerde blieb jedoch vor dem Landesverfassungsgericht Brandenburg erfolglos. Die Inanspruchnahme von Eigentümern altangeschlossener Grundstücke stelle keinen unzulässigen Grundrechtseingriff dar. Wenn allein die Kosten umgelegt würden, die nach dem Beitritt entstanden seien („Nachwendeinvestitionen“), verstoße die Erhebung von Herstellungsbeiträgen nicht gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Dass die Verwaltungsgerichte angenommen hätten, der Beitrag werde für die Herstellung der gesamten Anlage erhoben und diene nicht isoliert dem Ersatz des jeweiligen Grundstücksanschlusses, sei von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Weil alle in Anspruch genommenen Grundstückseigentümer an diese neue Gesamtanlage angeschlossen worden seien, sei der Begriff „Altanschließer“ ohnehin unscharf. Allen Grundstückseigentümern komme gleichermaßen zugute, dass sie erstmals eine gesicherte Anschlussmöglichkeit an eine kommunale Abwasserentsorgungsanlage hätten. Spätestens seit dem 3. Oktober 1990 sei damit zu rechnen gewesen, dass Grundstückseigentümer für künftige Investitionen in neue Kläranlagen, Leitungsnetze, Pumpwerke, Sammelbecken usw. herangezogen werden können.
Das Landesverfassungsgericht hat auch einen Verstoß gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Rückwirkungsverbot der Landesverfassung nicht feststellen können. Zwar wäre bis zum 1. Februar 2004 aufgrund der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg zur alten Fassung des § 8 Abs. 7 Satz 2 Kommunalabgabengesetz (KAG) eine Beitragsforderung gegen den Beschwerdeführer wohl nicht durchsetzbar gewesen; die Neufassung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG zum 1. Februar 2004 habe deshalb in gewisser Hinsicht rückwirkenden Charakter. Da es vor Ort aber vor der Gesetzesänderung niemals eine solche Satzung gegeben habe, hätten Beiträge generell und damit auch von dem Beschwerdeführer nicht erhoben werden können; zu einer Verjährung sei es folglich ebenfalls nicht gekommen. Der Beschwerdeführer sei deshalb nicht davor geschützt gewesen, dass sich die Rechtslage zu seinem Nachteil ändern könne. Unter diesen Umständen bestünden keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass die Fachgerichte angenommen hätten, wegen der neuen Gesetzeslage beginne die Verjährung erst bei Erlass der ersten wirksamen Satzung.
Die Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung wird in Brandenburg in der Regel von Zweckverbänden oder von Städten und Gemeinden durchgeführt, die dabei das Kommunalabgabengesetz anwenden. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg müssen die vorhandenen Altanschlüsse in die Gesamtkalkulation einfließen, anschließend müssen von allen angeschlossenen Grundstückseigentümern Herstellungsbeiträge verlangt werden. Andernfalls könnten sich die „Neuanschließer“ darauf berufen, dass sie zu hohe Beiträge zahlten, weil die Kalkulation der Beiträge wegen der fehlenden Berücksichtigung der Altanschließer fehlerhaft sei. Würden die Grundstücke der Altanschließer zwar in die Kalkulation einfließen, nachfolgend aber von den Altanschließern keine Beiträge verlangt, ginge dies zu Lasten der Haushalte der Städte und Gemeinden, die für fehlende Einnahmen der Zweckverbände einstehen müssten (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit im Land Brandenburg).
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 25.09.2012
Quelle: Landesverfassungsgericht Brandenburg/ra-online