18.10.2024
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Dokument-Nr. 14618

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Landessozialgericht Rheinland-Pfalz Urteil26.06.2012

Mobbingbedingte Arbeitsaufgabe führt zu keiner Hartz-IV-SanktionAnforderung an "wichtigen Grund" im Bereich des SGB II geringer als im Sperr­zei­tenrecht der Arbeits­lo­sen­ver­si­cherung

Sanktionen treten im Bereich der Grund­si­che­rungs­leis­tungen nach dem SGB II ("Hartz-IV") ein, wenn der Leistungs­emp­fänger seine Bedürftigkeit durch bestimmte Verhal­tens­weisen herbeiführt, etwa durch eine Arbeitsaufgabe, und er dafür keinen wichtigen Grund hat. Die Anforderungen an den wichtigen Grund sind dabei im Bereich des SGB II aber geringer als im Sperr­zei­tenrecht der Arbeits­lo­sen­ver­si­cherung, weil es sich anders als dort nicht um eine beitrags­fi­nan­zierte Leistung handelt, sondern um eine steuer­fi­nan­zierte. Dies geht aus einer Entscheidung des Landes­so­zi­al­ge­richts Rheinland-Pfalz hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall hatte die Klägerin ihre Arbeitsstelle gekündigt, nachdem es an ihrem bisherigen Arbeitsplatz aus ihrer Sicht zu "Mobbing" gegen sie gekommen war. Auch nach einer Umsetzung in eine andere Abteilung seien die Attacken weitergegangen. Sie bezog im Anschluss an die Kündigung Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, nachdem die Bundesagentur für Arbeit eine 12-wöchige Sperrzeit festgestellt hatte, während der ihr kein Arbeits­lo­sengeld gezahlt wurde. Später wurde die Erstattung der Grund­si­che­rungs­leis­tungen für den Zeitraum der Sperrzeit gefordert, weil sie insoweit ihre Hilfe­be­dürf­tigkeit selbst zumindest grob fahrlässig herbeigeführt habe.

"Wichtiger Grund" für die Arbeitsaufgabe muss nachvoll­ziehbare Erwägungen haben

Das Sozialgericht Koblenz hat sich dieser Auffassung angeschlossen. Auf die Berufung hat das Landes­so­zi­al­gericht dessen Urteil und den Erstat­tungs­be­scheid aufgehoben. Ein "wichtiger Grund" für eine Arbeitsaufgabe, der die Sanktion ausschließe, sei nicht an den strengen Maßstäben zu messen, die im Sperr­zei­tenrecht der Arbeitslosenversicherung gelten, weil anders als dort die Leistung steuer­fi­nanziert sei und nicht durch die Gemeinschaft der Arbeitnehmer aufgebracht werde. Ein "wichtiger Grund" sei daher anzunehmen, wenn den Hilfe­be­dürftigen vernünftige und aus Sicht eines objektiven Dritten nachvoll­ziehbare Erwägungen zu dem konkreten Verhalten bewogen haben.

Durch Mobbing zur Arbeitsaufgabe gedrängt

Auch wenn die Klägerin eine fehlende Möglichkeit zur weiteren Arbeit bei der bisherigen Firma nicht ärztlich habe feststellen lassen, ergebe sich aus ihren nachvoll­ziehbaren Aussagen, dass sie durch immer wiederkehrende Herabsetzungen durch Kollegen zur Arbeitsaufgabe nachvollziehbar veranlasst worden sei. Daher sei ein wichtiger Grund feststellbar, so dass sie die Leistungen trotz der eingetretenen Sperrzeit nicht erstatten müsse.

Quelle: Landessozialgericht Rheinland-Pfalz/ra-online

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