18.10.2024
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Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Urteil11.10.2018

Arbeits­lo­sengeld II darf nach Ausbil­dungs­abbruch gekürzt werdenGewährte Leistungen dürfen jedoch nicht später in vollem Umfang zurück gefordert werden

Das Landes­so­zi­al­gericht Nordrhein-Westfalen hat entschieden, dass der Verlust eines Ausbil­dungs­platzes durch außer­or­dentliche Kündigung eine Leistungs­kürzung rechtfertigen kann, nicht jedoch eine Pflicht zum Ersatz von SGB II-Leistungen.

Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens hatte eine außer­be­triebliche Berufs­aus­bildung aufgenommen. Er fehlte wiederholt unentschuldigt, was zur außer­or­dent­lichen Kündigung führte. Daraufhin bewilligte ihm das beklagte Jobcenter ein vorübergehend um 30 % verringertes Arbeits­lo­sengeld II. Später verlangte es die komplette Erstattung seiner Leistungen mit der Begründung, dass der Kläger seine Hilfe­be­dürf­tigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt habe.

Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebens­un­terhalts ist verfas­sungs­rechtlich garantierter Anspruch zur Wahrung des menschen­würdigen Existenz­mi­nimums

Das Landes­so­zi­al­gericht Nordrhein-Westfalen entschied, dass ein solcher Anspruch i.S.v. § 34 SGB II nicht bestand. Dieser setze aufgrund der gebotenen Abgrenzung zu den Sankti­o­ns­vor­schriften (§§ 31 ff. SGB II) ein sozialwidriges Verhalten des Leistungs­emp­fängers voraus, das über die in diesen geregelten Pflicht­ver­let­zungen hinausgehe und nur unter Berück­sich­tigung strenger Maßstäbe anzunehmen sei. Denn der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebens­un­terhalts sei ein verfas­sungs­rechtlich garantierter Anspruch zur Wahrung des menschen­würdigen Existenz­mi­nimums. Das verbiete es, Leistungen, die auf einem einfachen Eigenverschulden beruhten, im Ergebnis nur vorläufig, quasi als Darlehen zur Überbrückung einer akuten Notlage, zu bewilligen, um sie anschließend im vollen Umfang zurückzufordern.

Jobcenter hat durch Leistungs­kürzung um 30 % hinreichend auf erhalten des Klägers reagiert

An einem unent­schuldbaren Verhalten des Klägers mit einem spezifischen Bezug zur Herbeiführung der Hilfe­be­dürf­tigkeit fehle es. Denn er habe glaubhaft erklärt, während seiner Ausbildung erkannt zu haben, dass ihm diese nicht liege. Bei der Wertung dieses Vorbringens sei zu berücksichtigen, dass die Wahl des Berufs und der Ausbil­dungs­stätte durch Art. 12 GG besonders geschützt sei. Zwar begründe dies allein keinen wichtigen Grund des Klägers für ein bloßes Fernbleiben von der Ausbildung. Diesem Verhalten habe das Jobcenter jedoch mit einer Leistungs­kürzung um 30 % hinreichend begegnen können. Ein darüber­hin­aus­ge­hender Vorwurf i.S. eines unent­schuldbaren Verhaltens treffe den Kläger hingegen nicht.

Quelle: Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen/ra-online

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