21.11.2024
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Dokument-Nr. 29912

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Urteil19.11.2021Landessozialgericht Nordrhein-WestfalenL 19 AS 212/20
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Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Urteil19.11.2021

Halbgeschwister eines Deutschen haben Anspruch auf SGB II-LeistungenKein SGB-II-Leistungs­aus­schluss für Drittstaats­angehörigen eines Deutschen

Das Landes­so­zi­al­gericht (LSG) hat entschieden, dass Familien­an­ge­hörige eines Deutschen - hier: die Halbgeschwister eines Minderjährigen, die einen Aufent­halt­stitel wegen Famili­en­nachzugs haben - werden nicht vom Leistungs­sau­schluss des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II erfasst.

Die Kläger und ihre Mutter besitzen die ukrainische Staats­an­ge­hö­rigkeit. Sie reisten im Juli 2015 als minderjährige Kinder zusammen mit ihrer Mutter und ihrem Halbbruder, der die deutsche Staats­an­ge­hö­rigkeit besitzt, in die Bundesrepublik ein und lebten fortan mit dem Vater des Halbbruders zusammen. Während die anderen Mitglieder der Bedarfs­ge­mein­schaft vom beklagten Jobcenter SGB II-Leistungen erhielten, lehnte es diese für die Kläger zunächst ab. Sie seien von Grund­si­che­rungs­leis­tungen ausgeschlossen, da sie sich seit der Einreise noch nicht drei Monate in Deutschland aufgehalten hätten (§ 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II). Sie seien auch keine Familien­an­ge­hörigen eines im Haushalt lebenden deutschen Staats­an­ge­hörigen. Hiergegen wehrten sie sich erfolgreich vor dem SG Düsseldorf.

LSG verneint SGB II-Leistungs­aus­schluss

Nun hat das LSG die Berufung des Beklagten - mit Ausnahme eines Teilzeitraumes, über den noch ein Wider­spruchs­ver­fahren durchzuführen ist - zurückgewiesen. Der Leistungsausschluss greife hier nicht ein. Zwar hätten sich die Kläger erst weniger als drei Monate im Bundesgebiet aufgehalten. Nach dem aus der Entste­hungs­ge­schichte herzuleitenden Zweck und systematischen Erwägungen habe die Rechtsposition von Dritt­staats­an­ge­hörigen, die im Rahmen eines Famili­en­nachzugs zu einem deutschen Staats­an­ge­hörigen in die Bundesrepublik zögen, durch die Einführung des Leistungs­aus­schlusses jedoch nicht beeinträchtigt werden sollen.

Leistungs­aus­schluss einschränkend auszulegen

Die Vorschrift sei folglich dahingehend einschränkend auszulegen, dass der Familien­an­ge­hörige eines Deutschen, der einen Aufent­halt­stitel nach den Bestimmungen des AufenthG - Aufenthalt aus familiären Gründen - besitze oder dem zum Zweck des Famili­en­nachzuges von einer deutschen Botschaft ein nationales Visum ausgestellt worden sei, von dieser Regelung nicht erfasst werde. Bei den Klägern als Halbgeschwister eines deutschen Staats­an­ge­hörigen habe es sich um Verwandte zweiten Grades eines minderjährigen Deutschen und damit um sonstige Familien­an­ge­hörige in einer Seitenlinie i.S.d. AufenthG gehandelt. Ihnen sei zudem ein Visum zwecks Famili­en­nachzuges erteilt worden.

Quelle: Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, ra-online (pm/ab)

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