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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Urteil21.10.2014
Notariatsmitarbeiter haben bei altersbedingtem Ausscheiden eines Notars keinen Anspruch auf KurzarbeitergeldAuftragsschwankungen in der Kanzlei aufgrund eines vorübergehend fehlenden Notars stellen keine wirtschaftlichen Gründe im Sinne des Kurzarbeitergeldes dar
Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat bestätigt, dass Notariatsmitarbeitern kein Kurzarbeitergeld zusteht, wenn das Amt des Notars mit Vollendung seines 70. Lebensjahres erlischt und in der Folge die Arbeitszeit von Mitarbeitern der Notars- und Rechtsanwaltskanzlei reduziert wird. Die Auftragsschwankungen in der Kanzlei bis ein neuer Notar bestellt ist, stellen keine wirtschaftlichen Gründe im Sinne des Kurzarbeitergeldes dar.
Im vorliegenden Fall hatte eine Rechtsanwaltskanzlei (Klägerin) - bestehend aus einem Rechtsanwalt und einem ursprünglich sowohl als Notar als auch als Rechtsanwalt zugelassenen Kollegen für einen Teil ihrer Arbeitnehmer bei der Bundesagentur für Arbeit (Beklagte) Kurzarbeitergeld beantragt. Zuvor war das Notaramt des einen Rechtsanwalts mit Vollendung seines 70. Lebensjahres erloschen. Der andere Rechtsanwalt war ein weiteres Jahr als Notariatsverwalter bestellt. Für die Zeit danach reduzierte die Klägerin die Arbeitszeit und dementsprechend auch das Arbeitsentgelt von 4 Angestellten von 40 auf 32 Wochenstunden. Die Klägerin macht geltend, die zum 1. Mai 2011 in Kraft getretenen Änderungen der Zugangsvoraussetzungen zum Notariat (Umstellung von einem Punktesystem auf eine abzulegende Notariatsfachprüfung) seien als außerökonomische Rahmenbedingungen im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu qualifizieren. Nach dem altersbedingten Verlust des Notaramtes könne aufgrund der neuen Gesetzeslage das Notariat nicht nahtlos besetzt werden, der Umsatzrückgang betrage 20 %.
LSG verneint Vorliegen eines unabwendbaren Ereignisses und vorübergehenden Arbeitsausfall
Der Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat die Entscheidung der Bundesagentur für Arbeit, die Zahlung von Kurzarbeitergeld abzulehnen, bestätigt. Zwar stelle das Erlöschen des Notariatsamtes mit Vollendung des siebzigsten Lebensjahres eine äußere Ursache i.S.d. § 170 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) a.F. dar, die Einfluss auf den Betrieb der Klägerin habe. Dies beruhe jedoch nicht auf einer gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Die bestehende Rechtslage und die damit zusammenhängenden außerökonomischen Rahmenbedingungen hätten seit zwei Jahrzehnten festgestanden. Das Bundesverfassungsgericht habe die Verfassungsmäßigkeit der durch die §§ 47, 48 Bundesnotarordnung (BNotO) eingeführte Altersgrenze bejaht. Aus demselben Grund liege nach Ansicht des Senats auch kein unabwendbares Ereignis i.S.d § 170 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III a.F. vor. Zudem beruhe das Erlöschen des Notariats aufgrund einer gesetzlichen Regelung, die alle Notare betreffe und keine Folge einer behördlichen Maßnahme im Einzelfall darstelle. Auch die geänderten Zulassungsvoraussetzungen würden für alle Notariatsbewerber gelten. Es liege auch kein vorübergehender Arbeitsausfall i.S.d. des § 170 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III a.F. vor, da das Auswahlverfahren für die ausgeschriebene Notarstelle nicht nur von der Note des Rechtsanwalts der Klägerin abgehangen habe, sondern auch von den Noten der Mitbewerber. Darüber hinaus sei der Arbeitsausfall nicht unvermeidbar i.S.d. § 170 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III a.F., da nach Angaben der Klägerin ein Auftragsrückgang regelmäßig beim Erlöschen eines Notaramtes eintrete.
§§ 169, 170 SGB III in der bis 31. März 2012 geltenden Fassung - zitiert nach juris
§ 169 Anspruch
Arbeitnehmer haben Anspruch auf Kurzarbeitergeld, wenn
1. ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt,
2.die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind,
3. die persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind und
4.der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt worden ist.
Arbeitnehmer in Betrieben nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 haben in der Schlechtwetterzeit Anspruch auf Kurzarbeitergeld in Form des Saison-Kurzarbeitergeldes.
§ 170 Erheblicher Arbeitsausfall
(1) Ein Arbeitsausfall ist erheblich, wenn
1. er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht,
2. er vorübergehend ist,
3. er nicht vermeidbar ist und
4. im jeweiligen Kalendermonat (Anspruchszeitraum) mindestens ein Drittel der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als zehn Prozent ihres monatlichen Bruttoentgelts betroffen ist; der Entgeltausfall kann auch jeweils 100 Prozent des monatlichen Bruttoentgelts betragen.
Bei den Berechnungen nach Satz 1 Nummer 4 sind Auszubildende nicht mitzuzählen.
(2) Ein Arbeitsausfall beruht auch auf wirtschaftlichen Gründen, wenn er durch eine Veränderung der betrieblichen Strukturen verursacht wird, die durch die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung bedingt ist.
(3) 1Ein unabwendbares Ereignis liegt insbesondere vor, wenn ein Arbeitsausfall auf ungewöhnlichen, dem üblichen Witterungsverlauf nicht entsprechenden Witterungsgründen beruht. 2Ein unabwendbares Ereignis liegt auch vor, wenn ein Arbeitsausfall durch behördliche oder behördlich anerkannte Maßnahmen verursacht ist, die vom Arbeitgeber nicht zu vertreten sind.
(4) 1Ein Arbeitsausfall ist nicht vermeidbar, wenn in einem Betrieb alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen wurden, um den Eintritt des Arbeitsausfalls zu verhindern. Als vermeidbar gilt insbesondere ein Arbeitsausfall, der
1. überwiegend branchenüblich, betriebsüblich oder saisonbedingt ist oder ausschließlich auf betriebsorganisatorischen Gründen beruht,
2. bei Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub ganz oder teilweise verhindert werden kann, soweit vorrangige Urlaubswünsche der Arbeitnehmer der Urlaubsgewährung nicht entgegenstehen, oder
3. bei der Nutzung von im Betrieb zulässigen Arbeitszeitschwankungen ganz oder teilweise vermieden werden kann [...]
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 22.12.2014
Quelle: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen/ra-online
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