23.11.2024
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Dokument-Nr. 22459

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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Urteil17.09.2015

Für Anspruch auf Abschluss eines Versorgungs­vertrages mit Pflegekassen muss stationäre Einrichtung Angebot im Bereich der Tagesgestaltung anbietenErbringung von Pflege­leis­tungen für die Bewohner muss im Mittelpunkt des Einrich­tungs­zwecks stehen

Das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass eine stationäre Einrichtung nur dann gegen die Landesverbände der Pflegekassen einen Anspruch auf den Abschluss eines Versorgungs­vertrages für die vollstationäre Pflege hat, wenn die stationäre Einrichtung auch ein Angebot im Bereich der Tagesgestaltung vorhält.

Dem Verfahren lag der Fall eines stationären Pflegeheimes (Klägerin) zugrunde, das ausschließlich behinderte Menschen mit einer Pflegestufe aufnimmt und nach Art eines Pflegeheims versorgt, allerdings den Bewohnern keine eigenen Angebote im Bereich der Tagesgestaltung macht. Die Bewohner werden vielmehr tagsüber regelmäßig für sieben bis acht Stunden in eine Werkstatt für Behinderte gebracht, damit sie dort handwerklich arbeiten können.

Lebensrisiko einer Behinderung ist durch Allgemeinheit der Steuerzahler zu übernehmen

Das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen führte in seiner Entschei­dungs­be­gründung aus, dass für einen Anspruch auf den Abschluss eines Versor­gungs­ver­trages gegen die Landesverbände der Pflegekassen (Beklagte) die Erbringung von Pflege­leis­tungen für die Bewohner im Mittelpunkt des Einrich­tungs­zwecks stehen müsse. Wenn die soziale und berufliche Integration im Vordergrund sei, bestehe kein Anspruch, da die stationäre Einrichtung dann kein Pflegeheim, sondern eine Einrichtung der Behin­der­tenhilfe darstelle (§ 71 Abs. 4 SGB XI). Die Einordnung habe nicht allein aufgrund des eigenen Leistungs­an­gebots der Einrichtung, sondern anhand einer Gesamtbewertung der insti­tu­ti­o­nellen Zusammenarbeit mit der Behin­der­ten­werkstatt zu erfolgen. Vollstationäre Pflege sei eine Pflege "rund um die Uhr", die regelmäßig auch ein Angebot für die Strukturierung des Tages einschließen müsse. Indem die Einrichtung die Aufnahme neuer Bewohner auch davon abhängig mache, dass sich diese im erwerbsfähigen Alter befänden, lasse sie erkennen, dass ihr vorrangiger Zweck, der Bedürfnislage ihrer Zielgruppe entsprechend, in der beruflichen und sozialen Integration liege. Bei dieser Zuordnung sei auch zu berücksichtigen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers die Versi­cher­ten­ge­mein­schaft der Pflege­ver­si­cherten lediglich das gemeinsame Risiko der Alters­ge­brech­lichkeit tragen solle, während das Lebensrisiko von Behinderung - bei bestehender Bedürftigkeit - durch die Allgemeinheit der Steuerzahler zu übernehmen sei.

Urteil des LSG vor allem für die Finanzierung der Einrichtung von Bedeutung

Mit seinem Urteil hat das Landes­so­zi­al­gericht eine Streitfrage entschieden, die vor allem für die Finanzierung der klagenden Einrichtung von Bedeutung ist. An den Kosten einer vollstationären Einrichtung der Behin­der­tenhilfe, in der die Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft, die schulische Ausbildung oder die Erziehung behinderter Menschen im Vordergrund des Einrich­tungs­zwecks stehen, haben sich die Pflegekassen nach § 43 a SGB XI lediglich mit zehn Prozent desjenigen Heimentgelts zu beteiligen, das zwischen der Einrichtung und den Trägern der Sozialhilfe nach § 75 Abs. 3 SGB XII vereinbart wird.

Quelle: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen/ra-online

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