18.10.2024
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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Urteil27.05.2014

Hartz IV: Anschaffung einer Waschmaschine gehört nach Trennung vom Partner zur "Erstausstattung"Begriff der Erstausstattung ist nicht streng zeitbezogen sondern bedarfsbezogen zu verstehen

Das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass ein Anspruch auf eine Waschmaschine nicht dadurch verwirkt wird, dass der Leistungs­emp­fänger längere Zeit keine eigene Waschmaschine nutzt. Steht nach einer Trennung keine Waschmaschine in der Wohnung mehr zur Verfügung, kann ein Bedarf an "Erstausstattung" mit einer Waschmaschine vorliegen, der vom Leistungsträger zu decken ist.

Dem Verfahren lag der Fall einer 1954 geborenen Klägerin zugrunde, die in der Vergangenheit zunächst bis zum Jahr 1987 gemeinsam mit ihrem Ehemann eine Waschmaschine, die zuletzt allerdings defekt war, genutzt hatte. Nach der Scheidung konnte die Klägerin die Waschmaschine ihres neuen Lebenspartners nutzen. Nach der Trennung von diesem im Jahr 2004 hatte die Klägerin keine Waschmaschine mehr in der Wohnung, sondern nutzte einen Waschsalon. Nach einem Umzug in einen Wohnort ohne Waschsalon beantragte die Klägerin beim beklagten Landkreis als SGB II-Träger einen Zuschuss zur Waschmaschine. Dieser gewährte jedoch lediglich ein Darlehn in Höhe von 179 Euro, da ein Zuschuss lediglich für die Erstausstattung gewährt werden könne. Das Sozialgericht bestätigte die Entscheidung des Landkreises.

Waschmaschine zähle zu den für eine geordnete Haushalts­führung erforderlichen Haushalts­geräten

Im Berufungs­ver­fahren hat das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung eines Zuschusses für eine Waschmaschine bejaht. Die Regelleistung zur Sicherung des Lebens­un­ter­haltes umfasse grundsätzlich zwar auch die Kosten für den Hausrat und damit die Kosten für die Anschaffung einer Waschmaschine. Allerdings werden nach dem SGB II für Erstausstat­tungen für die Wohnung einschließlich Haushalts­geräten zusätzliche Leistungen erbracht (§ 23 Abs. 3 SGB II alte Fassung und § 24 Abs. 3 SGB II neue Fassung). Eine Waschmaschine zähle zu den für eine geordnete Haushalts­führung erforderlichen Haushalts­geräten. Darüber hinaus sei der Begriff der Erstausstattung nicht streng zeitbezogen, sondern bedarfsbezogen zu verstehen. Mit der Trennung von dem neuen Partner sei ein neuer Bedarfsfall entstanden. Dem stehe nicht entgegen, dass die Klägerin zunächst ohne eigene Waschmaschine ausgekommen sei. Dass die Klägerin zunächst einen Waschsalon genutzt habe, bedeute nicht, dass der Anspruch verwirkt sei.

Das Landes­so­zi­al­gericht führte weiter aus, dass es in dem vorliegenden Fall nicht mehr darauf ankomme, ob in dem neuen Wohnort ein Waschsalon zur Verfügung stehe und damit eventuell ein weiterer neuer Bedarfsfall vorliege.

Sozial­ge­setzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954)- zitiert nach juris

Erläuterungen

§ 20 Regelbedarf zur Sicherung des Lebens­un­terhalts (Fassung vom 13.5.2011; gültig ab 1.4.2011)

(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebens­un­terhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushalt­s­energie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungs­be­rech­tigten eigen­ver­ant­wortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen. [...]

§ 23 Abweichende Erbringung von Leistungen (Fassung vom 20.07.2006; gültig vom 1.8.2006 -31.12.2010)- zitiert nach juris

[...]

(3) Leistungen für

1. Erstausstat­tungen für die Wohnung einschließlich Haushalts­geräten,

2. Erstausstat­tungen für Bekleidung und Erstausstat­tungen bei Schwangerschaft und Geburt sowie

3. mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schul­recht­lichen Bestimmungen sind nicht von der Regelleistung umfasst. Sie werden gesondert erbracht.

Die Leistungen nach Satz 1 werden auch erbracht, wenn [...]

(4) [...]

§ 24 Abweichende Erbringung von Leistungen (Fassung vom 13.05.2011; gültig seit 1.4.2011)

[...]

(3) Nicht vom Regelbedarf nach § 20 umfasst sind Bedarfe für

1. Erstausstat­tungen für die Wohnung einschließlich Haushalts­geräten,

2. Erstausstat­tungen für Bekleidung und Erstausstat­tungen bei Schwangerschaft und Geburt sowie

3. Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete von therapeutischen Geräten.

Leistungen für diese Bedarfe werden gesondert erbracht.

Leistungen nach Satz 2 werden auch erbracht, wenn [...]

(4) [...]

Quelle: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen/ra-online

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