21.11.2024
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Bundessozialgericht Urteil24.02.2011

Hartz IV: Fernsehgerät gehört nicht zur Erstausstattung einer WohnungSicherstellung von Freizeit-, Informations- und Unter­hal­tungs­be­dürf­nissen muss über Regelleistung erfolgen

Der Grund­si­che­rungs­träger ist verpflichtet einem Empfänger von Leistungen nach dem SGB II im Zuge der Wohnungs­er­st­ausstattung alle wohnraum­be­zogenen Gegenstände, die für eine geordnete Haushalts­führung und ein an den herrschenden Lebens­ge­wohn­heiten orientiertes Wohnen erforderlich sind, zu erstatten. Ein Fernsehgerät kann dabei nicht als Gegenstand der Erstausstattung angesehen werden. Dies entschied das Bundes­so­zi­al­gericht.

Im zugrunde liegenden Streitfall begehrt der Kläger von dem beklagten Landkreis Göttingen Leistungen für ein Fernsehgerät im Rahmen der Erstausstattung einer Wohnung. Er bezieht seit dem 17. Juli 2007 laufend Leistungen nach dem SGB II und war zunächst obdachlos; ab 15. August 2007 zog er in eine 17 qm große Ein-Zimmer-Wohnung in Göttingen. Er beantragte die Gewährung von Leistungen für die Erstausstattung seiner Wohnung; zu den von ihm gewünschten Gegenständen zählte unter anderem ein Fernsehgerät. Der Beklagte bewilligte für bestimmte Gegenstände einen Betrag von 506,50 Euro sowie einen Zuschuss für Gardinen in Höhe von 195,42 Euro. Die Gewährung von Leistungen für ein Fernsehgerät lehnte er ab. Die hiergegen gerichtete Klage war in den Vorinstanzen erfolgreich.

Fernseher kann weder als Einrich­tungs­ge­genstand noch als Haushaltsgerät angesehen werden

Das Bundes­so­zi­al­gericht hat der Revision des beklagten Landkreises stattgegeben und die vorin­sta­nz­lichen Urteile aufgehoben sowie die Klage abgewiesen. Der beklagte Grund­si­che­rungs­träger war nicht verpflichtet, als Erstausstattung für die Wohnung auch Leistungen für ein Fernsehgerät zu erbringen. Zur Erstausstattung einer Wohnung gehören nach ständiger Rechtsprechung des Bundes­so­zi­al­ge­richts wohnraum­be­zogene Gegenstände, die für eine geordnete Haushalts­führung und ein an den herrschenden Lebens­ge­wohn­heiten orientiertes Wohnen erforderlich sind. Hierzu zählt ein Fernsehgerät nicht. Es ist weder ein Einrich­tungs­ge­genstand noch ein Haushaltsgerät. Die auf die Wohnung bezogenen Leistungen des SGB II dienen, insbesondere mit der Übernahme der angemessenen Kosten der Unterkunft, dem Zweck, dem Hilfe­be­dürftigen ein menschen­würdiges Wohnen zu ermöglichen, das die grundlegenden Bedürfnisse Aufenthalt, Schlafen und Essen sicherstellt. Fehlen dem Hilfe­be­dürftigen bei Gründung eines eigenen Hausstandes die hierfür erforderlichen Gegenstände, so sind hierfür gesondert neben der pauschalierten Regelleistung Leistungen zu erbringen. Aus der Tatsache, dass "Fernsehen" ein elementarer Bestandteil der herrschenden Lebens­ge­wohn­heiten ist und etwa 95 % der Bevölkerung mit Möglichkeiten zum Empfang von Fernseh­pro­grammen ausgestattet sind, folgt nichts anderes. Die Sicherstellung von Freizeit-, Informations- und Unter­hal­tungs­be­dürf­nissen, der das Fernsehen dient, soll grundsätzlich aus der Regelleistung erfolgen. Insoweit erforderliche Konsum­ge­gen­stände, die wie das Fernsehgerät entsprechend verbreitet sind, aber nicht zur Erstausstattung einer Wohnung zählen, können – im Gegensatz zum Rechtszustand unter dem Bundes­so­zi­a­l­hil­fe­gesetz – nur noch darlehensweise erbracht werden (vgl. § 23 Abs. 1 SGB II).

Hinweis zur Rechtslage:

§ 3 Abs. 3 SGB II (in der hier maßgebenden Fassung):

… die nach diesem Buch vorgesehenen Leistungen decken den Bedarf der erwerbsfähigen Hilfe­be­dürftigen und der mit ihnen in einer Bedarfs­ge­mein­schaft lebenden Personen. Eine davon abweichende Festlegung der Bedarfe ist ausgeschlossen.

§ 20 SGB II:

(1) Die Regelleistung zur Sicherung des Lebens­un­terhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushalt­s­energie ohne die auf die Heizung entfallenden Anteile, Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben.

§ 23 Abs. 3 SGB II:

(1) Kann im Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebens­un­terhalts weder durch das Vermögen … noch auf andere Weise gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt dem Hilfe­be­dürftigen ein entsprechendes Darlehen. Bei Sachleistungen wird das Darlehen in Höhe des für die Agentur für Arbeit entstandenen Anschaf­fungs­wertes gewährt. Das Darlehen wird durch monatliche Aufrechnung in Höhe von bis zu 10 vom Hundert der an den erwerbsfähigen Hilfe­be­dürftigen und die mit ihm in Bedarfs­ge­mein­schaft lebenden Angehörigen jeweils zu zahlenden Regelleistung getilgt. Weitergehende Leistungen sind ausgeschlossen

(3) Leistungen für

1. Erstausstat­tungen für die Wohnung einschließlich Haushalts­geräten, […] sind nicht von der Regelleistung umfasst. Sie werden gesondert erbracht.

Quelle: Bundessozialgericht/ra-online

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