Dem Berufungsverfahren L 11 AS 1788/15 lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine alleinstehende, damals 21-jährige Leistungsbezieherin hatte sich dagegen gewandt, dass das Jobcenter in der Zeit von August 2011 bis Mai 2012 lediglich 354 Euro als monatliche Bruttokaltmiete übernommen hatte. Tatsächlich zahlte die Klägerin für ihre in Hannover-Linden gelegene Zweizimmerwohnung (51 qm Wohnfläche) eine Bruttokaltmiete von 360 Euro. Das Jobcenter hielt die von der Klägerin gezahlte Miete für zu hoch, weil sie oberhalb der vom Jobcenter für Einpersonenhaushalte im Stadtgebiet Hannover auf 354 Euro festgesetzten Mietobergrenze lag.
Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat die Entscheidung des Jobcenters als rechtmäßig angesehen. In seiner Urteilsbegründung führte das Gericht aus, dass das vom Jobcenter Region Hannover erstellte Konzept "Festlegung der Angemessenheitsgrenze gemäß SGB II und SGB XII für die 21 Kommunen der Region Hannover auf Basis der 21 qualifizierten Mietspiegel 2011" in der entschiedenen Fallkonstellation (Einpersonenhaushalt in der Landeshauptstadt Hannover - August 2011 bis Mai 2012) nicht zu beanstanden sei. Bei der Erstellung dieses Konzepts habe das Jobcenter die Mindestvoraussetzungen beachtet, welche das Bundessozialgericht für derartige sogenannte "schlüssige Konzepte" aufgestellt habe.
Im Einzelnen wies das Landessozialgericht darauf hin, dass die zur Ermittlung der Mietobergrenze herangezogenen Daten aus einem qualifizierten Mietspiegel stammten, so dass sie hinreichend repräsentativ und valide seien. Die bereits bei der Erstellung des Mietspiegels erfolgte Daten- und Extremwertbereinigung sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Dies gelte auch für die mathematisch-statistische Auswertung der Daten, welche angesichts des Erhebungsstichtags (1. April 2010) für den streitbefangenen Zeitraum (August 2011 bis Mai 2012) auch hinreichend aktuell gewesen seien.
Weiterhin führte das Gericht aus, dass auch die konkrete Festsetzung der Mietobergrenze bei dem höchsten Mietwert des unteren Mietendrittels (sogenanntes 33 %-Quantil) im vorliegenden Fall rechtmäßig sei. Dieser Grenzwert war in der Vorinstanz vom Sozialgericht Hannover als nicht nachvollziehbar angesehen worden. Das Landessozialgericht hat seine anderslautende Rechtsauffassung damit begründet, dass den Jobcentern nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bei der Festsetzung von Mietobergrenzen keine bestimmte Methode vorgegeben sei. Das Vorgehen des Jobcenters Region Hannover, aus der Datengrundlage eines Mietspiegels mittels eines sogenannten Quantils eine Mietobergrenze zu bestimmen, stelle eine von mehreren zulässigen Methoden dar. Der 33 %-Grenzwert erweise sich nicht als zu niedrig. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts komme sogar eine Grenzziehung bei den unteren 20 % der Mieten in Betracht. Die 33 %-Grenze sei anhand der Mietpreise (und nicht nach Anzahl der berücksichtigten Mietwohnungen) gezogen worden, so dass sogar deutlich mehr als 33 % der repräsentativen Mietwerte innerhalb der Mietobergrenze gelegen hätten (nämlich 234 der 510 der bei der statistischen Auswertung berücksichtigten Mietwohnungen). Zusätzlich lägen die Mieten von mindestens 80 % der Wohnungen des sozialen Wohnungsbaus innerhalb der vom Jobcenter festgesetzten Mietobergrenze. Bei Neuvermietungen lägen nach der vom Jobcenter vorgenommenen Auswertung sämtlicher im 2. Halbjahr 2010 öffentlich angebotenen Wohnungen insgesamt 56,9 % der Wohnungsangebote bis 50 qm (Einpersonenhaushalte) innerhalb der Mietobergrenze. Somit könne nicht festgestellt werden, dass damals (d.h. in der Zeit August 2011 bis Mai 2012) im Stadtgebiet Hannover für Einpersonenhaushalte kein ausreichender Wohnraum im Rahmen der vom Jobcenter festgesetzten Mietobergrenze verfügbar gewesen sein könnte.
Dem zweiten Berufungsverfahren (L 11 AS 611/15) lag folgender Sachverhalt zugrunde: Das Jobcenter hatte in der Zeit von September bis Dezember 2013 für die ca. 79 qm große Wohnung eines Ehepaar aus Hannover-Wülfel anstelle der tatsächlichen Bruttokaltmiete von 552,94 Euro (zzgl. Schmutzwasser) lediglich die vom Jobcenter auf 429 Euro festgesetzte Mietobergrenze akzeptiert (Bruttokaltmiete für einen Zweipersonenhaushalt im Stadtgebiet Hannover).
Unter Bezugnahme auf seine Begründung im Verfahren L 11 AS 1788/15 hat das Landessozialgericht auch diese Entscheidung als rechtmäßig angesehen. Soweit es um einen Zweipersonenhaushalt im Stadtgebiet Hannover sowie um die Monate September bis Dezember 2013 gehe, erweise sich die vom Jobcenter im Jahr 2013 veranlasste Fortschreibung der Mietobergrenzen als schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Hiergegen spreche auch nicht, dass dieser Fortschreibung eine geringere Datenmenge zugrunde gelegen habe als dem im Jahr 2011 erstellten Konzept. Die bei der Fortschreibung 2013 berücksichtigten 420 Datensätze (Wohnungen für einen Zweipersonenhaushalt von 50 bis 60 qm im Stadtgebiet Hannover) seien als hinreichend repräsentativ und valide anzusehen. Von den 420 berücksichtigten Mietwohnungen hätten mehr als 210 innerhalb der vom Jobcenter festgesetzten Mietobergrenze gelegen. Bei den Mietangeboten des Jahres 2012 hätten 27,9 % aller damals im Stadtgebiet Hannover öffentlich angebotenen Wohnungen (Größenklasse 50 bis 60 qm) innerhalb der Mietobergrenze gelegen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.06.2016
Quelle: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen/ra-online