15.11.2024
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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Urteil10.06.2016

Hartz IV: Mietobergrenzen für Ein- und Zwei­personen­haushalte in Hannover rechtmäßigZur Ermittlung der Mietobergrenze herangezogene Daten stammen aus qualifiziertem Mietspiegel

Das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen hat, dass die vom Jobcenter Region Hannover für Bezieher von Grund­sicherungs­leistungen nach dem SGB II ("Hartz IV") festgesetzten Mietobergrenzen rechtmäßig sind, soweit sie Ein­personen­haushalte (in der Zeit von August 2011 bis Mai 2012) bzw. Zwei­personen­haushalte (in der Zeit von September bis Dezember 2013) im Stadtgebiet Hannover betreffen.

Dem Berufungs­ver­fahren L 11 AS 1788/15 lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine alleinstehende, damals 21-jährige Leistungs­be­zieherin hatte sich dagegen gewandt, dass das Jobcenter in der Zeit von August 2011 bis Mai 2012 lediglich 354 Euro als monatliche Bruttokaltmiete übernommen hatte. Tatsächlich zahlte die Klägerin für ihre in Hannover-Linden gelegene Zweizim­mer­wohnung (51 qm Wohnfläche) eine Bruttokaltmiete von 360 Euro. Das Jobcenter hielt die von der Klägerin gezahlte Miete für zu hoch, weil sie oberhalb der vom Jobcenter für Einper­so­nen­haushalte im Stadtgebiet Hannover auf 354 Euro festgesetzten Mietobergrenze lag.

Konzept zur Festlegung der Mietobergrenzen nicht zu beanstanden

Das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen hat die Entscheidung des Jobcenters als rechtmäßig angesehen. In seiner Urteils­be­gründung führte das Gericht aus, dass das vom Jobcenter Region Hannover erstellte Konzept "Festlegung der Angemes­sen­heits­grenze gemäß SGB II und SGB XII für die 21 Kommunen der Region Hannover auf Basis der 21 qualifizierten Mietspiegel 2011" in der entschiedenen Fallkon­stel­lation (Einper­so­nen­haushalt in der Landes­hauptstadt Hannover - August 2011 bis Mai 2012) nicht zu beanstanden sei. Bei der Erstellung dieses Konzepts habe das Jobcenter die Mindest­vor­aus­set­zungen beachtet, welche das Bundes­so­zi­al­gericht für derartige sogenannte "schlüssige Konzepte" aufgestellt habe.

Zur Ermittlung der Mietobergrenze herangezogene Daten hinreichend repräsentativ

Im Einzelnen wies das Landes­so­zi­al­gericht darauf hin, dass die zur Ermittlung der Mietobergrenze herangezogenen Daten aus einem qualifizierten Mietspiegel stammten, so dass sie hinreichend repräsentativ und valide seien. Die bereits bei der Erstellung des Mietspiegels erfolgte Daten- und Extrem­wert­be­rei­nigung sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Dies gelte auch für die mathematisch-statistische Auswertung der Daten, welche angesichts des Erhebungs­stichtags (1. April 2010) für den streit­be­fangenen Zeitraum (August 2011 bis Mai 2012) auch hinreichend aktuell gewesen seien.

Jobcentern wird gemäß Rechtsprechung des Bundes­so­zi­al­ge­richts bei Festsetzung von Mietobergrenzen keine bestimmte Methode vorgegeben

Weiterhin führte das Gericht aus, dass auch die konkrete Festsetzung der Mietobergrenze bei dem höchsten Mietwert des unteren Mietendrittels (sogenanntes 33 %-Quantil) im vorliegenden Fall rechtmäßig sei. Dieser Grenzwert war in der Vorinstanz vom Sozialgericht Hannover als nicht nachvollziehbar angesehen worden. Das Landes­so­zi­al­gericht hat seine anderslautende Rechts­auf­fassung damit begründet, dass den Jobcentern nach der Rechtsprechung des Bundes­so­zi­al­ge­richts bei der Festsetzung von Mietobergrenzen keine bestimmte Methode vorgegeben sei. Das Vorgehen des Jobcenters Region Hannover, aus der Datengrundlage eines Mietspiegels mittels eines sogenannten Quantils eine Mietobergrenze zu bestimmen, stelle eine von mehreren zulässigen Methoden dar. Der 33 %-Grenzwert erweise sich nicht als zu niedrig. Nach der Rechtsprechung des Bundes­so­zi­al­ge­richts komme sogar eine Grenzziehung bei den unteren 20 % der Mieten in Betracht. Die 33 %-Grenze sei anhand der Mietpreise (und nicht nach Anzahl der berück­sich­tigten Mietwohnungen) gezogen worden, so dass sogar deutlich mehr als 33 % der repräsentativen Mietwerte innerhalb der Mietobergrenze gelegen hätten (nämlich 234 der 510 der bei der statistischen Auswertung berück­sich­tigten Mietwohnungen). Zusätzlich lägen die Mieten von mindestens 80 % der Wohnungen des sozialen Wohnungsbaus innerhalb der vom Jobcenter festgesetzten Mietobergrenze. Bei Neuvermietungen lägen nach der vom Jobcenter vorgenommenen Auswertung sämtlicher im 2. Halbjahr 2010 öffentlich angebotenen Wohnungen insgesamt 56,9 % der Wohnungs­an­gebote bis 50 qm (Einper­so­nen­haushalte) innerhalb der Mietobergrenze. Somit könne nicht festgestellt werden, dass damals (d.h. in der Zeit August 2011 bis Mai 2012) im Stadtgebiet Hannover für Einper­so­nen­haushalte kein ausreichender Wohnraum im Rahmen der vom Jobcenter festgesetzten Mietobergrenze verfügbar gewesen sein könnte.

Sachverhalt im Berufungs­ver­fahren L 11 AS 611/15

Dem zweiten Berufungs­ver­fahren (L 11 AS 611/15) lag folgender Sachverhalt zugrunde: Das Jobcenter hatte in der Zeit von September bis Dezember 2013 für die ca. 79 qm große Wohnung eines Ehepaar aus Hannover-Wülfel anstelle der tatsächlichen Bruttokaltmiete von 552,94 Euro (zzgl. Schmutzwasser) lediglich die vom Jobcenter auf 429 Euro festgesetzte Mietobergrenze akzeptiert (Bruttokaltmiete für einen Zweiper­so­nen­haushalt im Stadtgebiet Hannover).

Vom Jobcenter veranlasste Fortschreibung der Mietobergrenzen für Zweiper­so­nen­haushalte stellt schlüssiges Konzept dar

Unter Bezugnahme auf seine Begründung im Verfahren L 11 AS 1788/15 hat das Landes­so­zi­al­gericht auch diese Entscheidung als rechtmäßig angesehen. Soweit es um einen Zweiper­so­nen­haushalt im Stadtgebiet Hannover sowie um die Monate September bis Dezember 2013 gehe, erweise sich die vom Jobcenter im Jahr 2013 veranlasste Fortschreibung der Mietobergrenzen als schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des Bundes­so­zi­al­ge­richts. Hiergegen spreche auch nicht, dass dieser Fortschreibung eine geringere Datenmenge zugrunde gelegen habe als dem im Jahr 2011 erstellten Konzept. Die bei der Fortschreibung 2013 berück­sich­tigten 420 Datensätze (Wohnungen für einen Zweiper­so­nen­haushalt von 50 bis 60 qm im Stadtgebiet Hannover) seien als hinreichend repräsentativ und valide anzusehen. Von den 420 berück­sich­tigten Mietwohnungen hätten mehr als 210 innerhalb der vom Jobcenter festgesetzten Mietobergrenze gelegen. Bei den Mietangeboten des Jahres 2012 hätten 27,9 % aller damals im Stadtgebiet Hannover öffentlich angebotenen Wohnungen (Größenklasse 50 bis 60 qm) innerhalb der Mietobergrenze gelegen.

Quelle: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen/ra-online

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