21.11.2024
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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil13.12.2012

Opfer eines Banküberfalls hat Anspruch auf Beschä­dig­ten­ver­sorgungAuch Bedrohung mit ungeladener Schreck­schuss­pistole steht Anerkennung einer Schädigung nicht entgegen

Ein tätlicher Angriff erfordert regelmäßig ein gewaltsames, handgreifliches Vorgehen des Täters. Auch bei der Bedrohung eines Opfers mit einer täuschend echt aussehenden ungeladenen Schreck­schuss­pistole handelt es sich um einen tätlichen Angriff. Ein mit einer Schuss­waf­fe­n­at­trappe bedrohtes Opfer ist nicht minder schutzwürdig. Dies entschied das Landes­so­zi­al­gericht Baden-Württemberg.

Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die 27-jährige Bankangestellte arbeitete gerade zusammen mit einem Kollegen am Kundenschalter, als der mit Schal und dunkler Sonnenbrille maskierte Bankräuber die Filiale einer Heilbronner Genos­sen­schaftsbank betrat. Mit den Worten "Geld her, das ist kein Spaß!" forderte der zwischen­zeitlich zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilte Mann die Aushändigung des Kassenbestands. Dabei bedrohte er die Klägerin und ihren Kollegen mit einer täuschend echt aussehenden ungeladenen Schreckschusspistole. Da sich der automatische Kassentresor nur mit Zeitverzögerung öffnen ließ, dauerte der Überfall über fünf Minuten, bevor der Bankräuber die Filiale mit seiner Beute von knapp 24.000 Euro wieder verließ. Nach dem Überfall musste die Klägerin wegen psychischer Beschwerden durch einen Psychologen behandelt werden. Sie hatte deshalb eine Beschädigtenversorgung nach dem Opferent­schä­di­gungs­gesetz beantragt.

Gericht spricht Bankkauffrau Beschä­dig­ten­ver­sorgung zu

Das Landes­so­zi­al­gericht Baden-Württemberg gab der Bankkauffrau Recht. Dass die Klägerin lediglich mit einer ungeladenen Schreck­schuss­pistole bedroht wurde, stehe der Anerkennung einer Schädigung nicht entgegen. Die Klägerin sei Opfer eines tätlichen Angriffs geworden. Das Gericht bestätigte mit seinem Grundsatzurteil damit weitgehend die erstin­sta­nzliche Entscheidung des Sozialgerichts Heilbronn. Ein solcher Angriff erfordere zwar regelmäßig ein gewaltsames, handgreifliches Vorgehen des Täters; ein mit einer Schuss­waf­fe­n­at­trappe bedrohtes Opfer sei aber nicht minder schutzwürdig. Das beklagte Land Baden-Württemberg hatte demgegenüber vertreten, ein tätlicher Angriff könne nur bei einer Bedrohung mit einer scharf geladenen und entsicherten Schusswaffe bejaht werden.

§ 1 Opferent­schä­di­gungs­gesetz - Anspruch auf Versorgung

(1) Wer ... infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesund­heit­lichen und wirtschaft­lichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundes­ver­sor­gungs­ge­setzes. Die Anwendung dieser Vorschrift wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Angreifer in der irrtümlichen Annahme von Voraussetzungen eines Recht­fer­ti­gungs­grunds gehandelt hat.

(2) Einem tätlichen Angriff im Sinne des Absatzes 1 stehen gleich

1. die vorsätzliche Beibringung von Gift,

2. die wenigstens fahrlässige Herbeiführung einer Gefahr für Leib und Leben eines anderen durch ein mit gemein­ge­fähr­lichen Mitteln begangenes Verbrechen.

[...]

Quelle: Landessozialgericht Baden-Württemberg/ra-online

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