21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einem Arzt im Vordergrund.
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Landgericht Münster Urteil01.03.2018

Haftung des Kranken­haus­trägers für fehlerhafte Operation eines alkoholkranken BelegarztesSchmerzensgeld von 250.000 EUR nach Rücken­marks­verletzung mit erheblichen Folgen

Ein Kranken­haus­träger haftet für eine fehlerhafte Operation eines alkoholkranken Belegarztes, wenn dem Träger die Alkohol­krankheit seit langem bekannt war und den Arzt dennoch operieren lassen hat. Die mit einer Rücken­marks­verletzung entstehenden erheblichen Folgen können ein Schmerzensgeld von 250.000 EUR rechtfertigen. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Münster hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Februar 2011 wurde eine 55-jährige Frau an den Bandscheiben operiert. Der Eingriff wurde dabei von einem Belegarzt vorgenommen, der seit Jahren alkoholabhängig war. Während der Operation kam es zu einer Verletzung des Rückenmarks mit erheblichen Folgen für die Patientin. Dem Kranken­haus­träger war die Alkoholabhängigkeit zumindest seit dem Jahr 2008 bekannt, als der Belegarzt alkoholisiert eine Operation vornahm. Dasselbe geschah im Jahr 2009. Nach beiden Vorfällen befand sich der Arzt in einer Entzugs­be­handlung. Hinzu kamen mehrfach gemeldete Auffälligkeiten sowie vielfach geäußerte Gerüchte. Der Belegarzt wurde schließlich einige Tage später nach einer weiteren Operation unter Alkoholeinfluss fristlos gekündigt. Die Patientin klagte schließlich unter anderem gegen den Kranken­haus­träger auf Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 200.000 EUR. Der Belegarzt war mittlerweile verstorben.

Vorliegen einer unnötigen Operation sowie erhebliches Organi­sa­ti­o­ns­ver­schulden

Das Landgericht Münster entschied zu Gunsten der Patientin. Ihr stehe ein Anspruch auf Schmerzensgeld zu. Die Beweisaufnahme habe zum einen gezeigt, dass die Bandschei­ben­ope­ration unnötig war. Zum anderen sei dem Kranken­haus­träger ein erhebliches organi­sa­ti­o­ns­ver­schulden anzulasten. Der Träger habe die gegenüber der Patientin bestehenden Schutzpflichten erheblich verletzt. Bei pflichtgemäßem Handeln hätte der Belegarzt schon längt nicht mehr tätig sein dürfen. Der Eingriff hätte dann so nicht stattgefunden und die mit der Operation verbundenen Folgen wären nicht eingetreten.

Anspruch auf Schmerzensgeld in Höhe von 250.000 EUR

Das Landgericht hielt ein Schmerzensgeld in Höhe von 250.000 EUR für angemessen. Es berücksichtigte dabei, dass durch die einseitig betonte Teilschädigung des Rückenmarks die Patientin weitestgehend auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen war. Es bestand eine Blasen- und Mastda­r­min­kon­tinenz. Der Rumpf und das linke Bein waren taub. Auf der rechten Körperseite bestanden Schmerzen. Rechts bestand eine Fußhebeschwäche. Aufgrund von Spastiken im rechten Arm und Bein erhielt die Patientin vierteljährlich Botox-Spritzen. Die rechte Hand war gelähmt. Ihre Stimme war geschädigt. Die Patientin unterlag der Pflegestufe II. Sie musste regelmäßig zur Ergotherapie. Auch psychisch war die Patientin belastet. Die durch die fehlerhafte Operation bedingten Folgen waren von Dauer.

Quelle: Landgericht Münster, ra-online (vt/rb)

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