Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im September 2010 wurde über ein öffentlich zugängliches und ungesichertes WLAN-Netz ein Musikwerk über eine Internet-Tauschbörse illegal zum Herunterladen angeboten. Die Rechteinhaberin mahnte daraufhin den Inhaber des Internetanschlusses ab. Dieser sah sich für die Urheberrechtsverletzung nicht verantwortlich. Er habe im Rahmen seines Gewerbes das WLAN-Netz der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt. Wenn unbekannte Dritte darüber Urheberrechtsverletzungen begangen haben sollen, sei er dafür nicht haftbar zu machen. Er berief sich insofern auf § 8 Abs. 1 Satz 1 TMG. Der Fall kam schließlich vor Gericht.
Das Landgericht München I führte zum Fall aus, dass grundsätzlich derjenige für Urheberrechtsverletzungen hafte, der ohne angemessene und gebotene Sicherungsmaßnahmen ein offenes WLAN-Netz betreibt. Für Privatpersonen stehe dies zweifelsfrei fest. Erst recht müsse dies auch für Gewerbetreibende gelten. An diesem seien regelmäßig höhere Prüfungs- und Sorgfaltspflichten zu stellen, als an einer unter Umständen fahrlässig handelnden Privatperson. Eine Haftung sei aber ausgeschlossen, wenn sich der Gewerbetreibende auf § 8 Abs. 1 Satz 1 TMG und dem zugrundeliegenden Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 EG berufen kann. Zur Klärung unter welchen Voraussetzungen dies zulässig ist, setzte das Landgericht das Verfahren aus und legte dem EuGH mehrere Fragen vor.
Nach Ansicht des Landgerichts sei das Bereitstellen eines offenen WLAN-Zugangs durch einen Gewerbetreibenden ein im Sinne von Art. 2a der Richtlinie 2000/31 EG, Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 98/34/EG "in der Regel gegen Entgelt" erbrachter "Dienst der Informationsgesellschaft". Das Gericht stellte sich aber die Frage, ob dies so zu verstehen sei, dass der konkrete Gewerbetreibende den offenen WLAN-Zugang in der Regel entgeltlich anbieten muss, ob überhaupt Anbieter auf dem Markt einen offenen WLAN-Zugang entgeltlich bereitstellen müssen oder ob die Mehrheit der Anbieter einen offenen WLAN-Zugang gegen Entgelt zur Verfügung stellen müssen?
Weiterhin stellte sich das Landgericht die Frage, ob für die Anwendung der Richtlinie das rein tatsächliche und auch stillschweigende Anbieten des offenen WLAN-Netzes genügt oder ob nicht weitere Voraussetzungen zu erfüllen sind. Nach Ansicht des Landgerichts sei dies zu verneinen. Dennoch fragte es nach der Notwendigkeit, ob der Gewerbetreibende als Inhaber des WLAN-Anschlusses nach außen treten und dieses zum Beispiel anpreisen oder bewerben muss?
Des Weiteren fragte das Landgericht, ob die Anwendung des Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 EG dazu führt, dass der Gewerbetreibende wegen der über seinen Anschluss getätigten Urheberrechtsverletzung nicht auf Unterlassung, Schadenersatz, Zahlung der Abmahnkosten sowie der Gerichtsgebühren haftbar ist? In einem weiteren Schritt stellt sich für das Landgericht die Frage, ob der Gewerbetreibende nach Kenntnis der Rechtsverletzung für unterlassende Maßnahmen zur Verhinderung zukünftiger Rechtsverletzungen haftbar gemacht werden kann.
Das Landgericht gab schließlich zu bedenken, dass die Verneinung einer völligen Haftung des Gewerbetreibenden dazu führen würde, dass illegales Filesharing faktisch nicht verfolgt und unterbunden werden kann. Denn während die Haftung des Anschlussinhabers ausgeschlossen sei, können die unmittelbaren Täter mangels Feststellung ihrer Identität nicht aufgefunden werden. Es stellt sich für das Landgericht daher die Frage, ob nicht Maßnahmen zum Schutz der Rechteinhaber zu treffen sind. Zu fragen sei etwa nach einer zusätzlichen ungeschriebenen Voraussetzung, wonach zwischen dem Geschäftszweck des Gewerbetreibenden und dem Bereitstellen des offenen WLAN-Zugangs ein innerer Zusammenhang bestehen muss.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 27.11.2014
Quelle: Landgericht München I, ra-online (vt/rb)