21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 31376

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Landgericht München I Urteil31.01.2022

Keine zwingende Anhörung bei Kontosperrung aufgrund außer­or­dent­licher KündigungSofortige Kündigung zu Verhinderung der Weiter­ver­breitung gerechtfertigt

Das Landgericht München I hat die Klage eines ehemaligen Nutzers gegen Facebook abgewiesen. Der Kläger hatte auf Wieder­her­stellung seines Nutzerkontos und Schadenersatz geklagt, nachdem die Beklagte am 10.12.2018 sein Konto ohne seine vorherige Anhörung gesperrt hatte.

Der Kläger hatte neun Fotos von weiblichen Personen über den Messenger Dienst der Beklagten weiter geleitet. Die von der Beklagten eingesetzte Software „ identifizierte diese Fotos als „Child Exploitative Imagery“ ( als ausbeuterische Bilder von Kindern. Daraufhin wurde das Konto des Klägers bei der Beklagten dauerhaft gesperrt. Die Beklagte teilte dem Kläger erst zeitgleich mit der Deaktivierung mit, dass sein Konto gesperrt werde. Der Kläger beschwerte sich daraufhin bei der Beklagten und ein Mitarbeiter der Beklagten überprüfte die Fotos und bestätigte den CEI Inhalt der Bilder. Der Kläger vertrat die Ansicht, er hätte vor der Sperrung seines Kontos angehört werden müssen. Die Fotos habe er von Freunden erhalten und er könne sich nicht vorstellen, dass diese unerlaubtes Material versendeten. Außerdem habe er die Fotos nicht öffentlich, sondern lediglich im Rahmen eines privaten Gesprächs­verlaufs versandt.

LG: Außer­or­dentliche Kündigung wirksam

Den Argumenten des Klägers ist das LG entge­gen­ge­treten. Die außer­or­dentliche Kündigung ist wirksam, eine vorherige Anhörung des betroffenen Klägers war in diesem Fall entbehrlich. Nach der vollen Überzeugung der erkennenden Kammer gemäß § 286 Abs. 1 ZPO beinhalten die vom Kläger versandten streit­ge­gen­ständ­lichen Fotos Inhalte, die pornographische und damit ausbeuterische Darstellungen von Minderjährigen enthielten. Es ist nicht erkennbar oder auch nicht vorgebracht worden, dass sich sowohl die Software als auch der konkret eingesetzte Mitarbeiter beim Abgleich der streit­ge­gen­ständ­lichen Fotos mit den bekannten CEI-Inhalten geirrt hätten. In rechtlicher Hinsicht führte die Kammer aus, das vertragliche Nutzungs­ver­trags­ver­hältnis zwischen den Parteien sei auf Dauer angelegt und könne daher gemäß § 314 BGB bei Vorliegen eines wichtigen Grundes außerordentlich und ausnahmsweise ohne vorherige Anhörung gekündigt werden.

Verlust von Kontakten möglich

Zur Begründung des Urteils hat das LG umfassend abgewogen. Nach eigener Aussage nutzte der Kläger sein Konto bei der Beklagten ausschließlich zu privaten Zwecken, insbesondere um Kontakt mit Freunden und Familie zu halten. Durch die Sperrung war ihm die elektronische Kommunikation zu Freunden und Familie mittels der Dienste der Beklagten nicht mehr möglich. Der Wechsel zu einem Netzwerk eines anderen Betreibers könne mit dem Verlust von Kontakten verbunden sein Auch verfüge die Beklagte über eine bedeutende Markt und soziale Macht Durch die Deaktivierung seines Kontos sei der Kläger zudem zumindest abstrakt daran gehindert, mittels den Diensten der Beklagten seine Meinung im S inne des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG kundzutun auch wenn in der Vergangenheit nicht erkenntlich gewesen sei dass er das Netzwerk dazu tatsächlich genutzt habe Die Versendung der streit­ge­gen­ständ­lichen Fotos stelle jedenfalls keine Meinung­s­äu­ßerung dar.

Interesse an sicherem Kommu­ni­ka­ti­o­ns­umfeld

Demgegenüber habe die Beklagte ein geschäftliches Interesse daran, den Nutzern ihrer Dienst­leis­tungen ein sicheres Kommu­ni­ka­ti­o­ns­umfeld und ihren Werbekunden ein attraktives Werbeumfeld zu bieten. Für diese Tätigkeit könne sie sich auf die auch für sie geltende Berufs­aus­übungs­freiheit nach Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG berufen. Weiterhin sei auch zugunsten der Beklagten das Grundrecht auf freie Meinung­s­äu­ßerung aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG zu berücksichtigen, da diese Vorschrift auch den Kommu­ni­ka­ti­o­ns­prozess als solchen schütze, den die Beklagte als Betreiberin eines Netzwerkes, der dem Austausch von Meinungen dient, unterstütze. Durch die Pflicht der Nutzer, die Nutzungs­be­din­gungen und Gemein­schafts­s­tandards zu beachten, werde zudem das auf die Einhaltung der Mitglieds­be­din­gungen gerichtete Interesse anderer Nutzer geschützt. Bei der erforderlichen Abwägung der Grund­rechts­po­si­tionen seien daher auch die Persön­lich­keits­rechte der anderen Nutzer zu berücksichtigen.

Eigeninteresse von Facebook an Unterbindung strafbarer oder rechts­ver­let­zender Inhalte

Schließlich obliege es der Beklagten im Eigeninteresse, Beiträge mit strafbaren oder rechts­ver­let­zenden Inhalten zu entfernen oder zu sperren. Das in Teil III Ziffer 7 der Gemein­schafts­s­tandards genannte Verbot von Fotos mit CEI-Inhalten, welches die Beklagte mit ihrer Kündigung gegenüber dem Kläger durchsetzt, diene nicht nur dem Schutz einer sicheren Kommu­ni­ka­ti­o­ns­um­gebung, sondern auch und insbesondere dem Schutz von Kindern und Jugendlichen. Aufgrund der besonders vulnerablen Stellung von Kindern und Jugendlichen komme der Verhinderung ihrer Ausbeutung ein ungemein hoher Stellenwert. Reflektiert werde diese Priorität durch die Straf­tat­be­stände in § 184 b StGB und § 184 c StGB, die die Verbreitung, den Erwerb und Besitz kinder- und jugend­por­no­gra­phischer Inhalte unter Strafe stellten. Um die Verbreitung von Inhalten mit CEI-Inhalt auf dem sozialen Netzwerk der Beklagten nachhaltig zu unterbinden, sei es ein probates Mittel, bei einem Verstoß gegen das Verbot der Verbreitung das Konto des betroffenen Nutzers zu sperren und das Vertrags­ver­hältnis zu kündigen.

Nur sofortige Kündigung konnte Weiterleitung verhindern

Im entschiedenen Fall habe die Beklagte ein besonderes Interesse an einer sofortigen, nicht durch eine Fristsetzung oder Abmahnung verzögerten Beendigung des Vertrags­ver­hält­nisses gehabt. Der Kläger habe über den Messenger Dienst der Beklagten Fotos mit CEI-Inhalt versandt. Gerade durch die digitale Verbreitung solcher Inhalte bestehe die Gefahr der multiplen Weiter­ver­breitung. Nur durch eine sofortige Kündigung des Nutzungs­ver­hält­nisses sei es der Beklagten möglich, sicherzustellen, dass der Kläger die streit­ge­gen­ständ­lichen Fotos weiterverbreite. Der Kläger habe die Möglichkeit, die er vorliegend genutzt habe, die Kündigung nachträglich anzugreifen und spätestens im Rahmen des zivil­recht­lichen Verfahrens die Gründe für die Sperrung anzugreifen und sich hierzu Gehör zu verschaffen. Der Beklagten sei es angesichts dieser Situation nicht zuzumuten gewesen, das Vertrags­ver­hältnis mit dem Kläger aufrecht­zu­er­halten.

Quelle: Landgericht München I, ra-online (pm/ab)

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