18.10.2024
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Dokument-Nr. 34091

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Landgericht München I Urteil13.06.2024

„Keine Anspielung auf Nürnberger Bratwürste“Bezeichnung „Mini Rostbratwürste“ steht nicht im Widerspruch zu der geografisch geschützten Angabe „Nürnberger Rostbratwurst“

Das Landgericht München I hat die Klage eines Schutzverbands gegen eine Produzentin von Bratwürsten abgewiesen.

In dem Verfahren ging es um Rechte an dem geschützten Namen "Nürnberger Bratwürste / Nürnberger Rostbratwürste". Der Kläger ist ein Verein von Herstellern, die in Nürnberg Würste mit der entsprechenden sog. „geschützten geografischen Angabe“ (g.g.A.) produzieren. Nach einer EU-Verordnung dürfen g.g.A. bei der Vermarktung von Erzeugnissen (nur) verwendet werden, wenn sie der betreffenden Produkt­s­pe­zi­fi­kation entsprechen. Die Beklagte produziert ihre Würste mit der Bezeichnung "Mini Rostbrat­wür­stchen" dagegen nicht in Nürnberg, sondern im nieder­baye­rischen Geiselhöring. Rechtlich werden nach einer EU-Verordnung g.g.A. umfassend geschützt, u.a. gegen jede widerrechtliche Aneignung, Nachahmung oder Anspielung sowie gegen alle sonstigen Praktiken, die geeignet sind, den Verbraucher in Bezug auf den tatsächlichen Ursprung des Erzeugnisses irrezuführen.

Schutzverband sieht zu große Verwechs­lungs­gefahr

Der Kläger beanstandete nun sowohl die konkrete Produk­tauf­machung, insbesondere auch die Größe der Würste der Beklagten, sowie die Verwendung der Bezeichnung "Mini Rostbrat­wür­stchen" auf der Verpackung und verlangte die Unterlassung der Produktion. Der klagende Schutzverband hatte unter anderem damit argumentiert, dass die angegriffenen Waren­auf­ma­chungen der Beklagten insbesondere die charak­te­ris­tische Größe und Form der „Nürnberger Rostbratwürste“ übernehmen würden. Dies stelle – auch ohne explizite Bezeichnung der Würste als „Nürnberger“ – eine Verletzung der geografischen Angabe dar. Denn diese Warengestaltung und die Verpa­ckungs­auf­machung führten dazu, dass die Verbraucher eine enge Verbindung zwischen dem Produkt der Beklagten und der g.g.A. herstellten. Auch eine Abbildung im Internet, welche die Würste der Beklagten auf einem Teller mit Weißbrot, Sauerkraut und Senf darstellt, sei eine Anspielung auf Nürnberger Rostbratwürste, die typischerweise mit eben diesen Beilagen gereicht würden.

Würste gibt es in vielen Formen und Größen

Dem folgte das Gericht nicht. Ein Anspielen auf den geschützten Namen „Nürnberger Rostbratwürste“ bzw. „Nürnberger Bratwürste“ insbesondere aufgrund der sichtbaren geringen Größe der Bratwürste und der verwendeten Bezeichnung „Mini-Rostbrat­wür­stchen“ komme nicht in Betracht. Durch ihre Größe und Form werde kein Bezug zu einer bestimmten geographischen Herkunft hergestellt. Es liege auch keine sonstige Praktik vor, die den Verbraucher hinsichtlich des tatsächlichen Ursprungs der angegriffenen Würstchen irreführe. Insoweit sei die Größe der Würste angesichts der Vielzahl der auf dem Markt erhältlichen Würste in vergleichbarer Größe und Form schon keine – nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof erforderliche – besonders unter­schei­dungs­kräftige Eigenschaft.

Keine Irreführung der Verbraucher

Das LG erkannte des Weiteren keine Irreführung der Verbraucher. Der angesprochene Verkehr, der europäische Durch­schnitts­ver­braucher, nimmt das beanstandete Produkt in einem Marktumfeld wahr, in dem ihm eine Vielzahl an unter­schied­lichen Wurstprodukten in identischer bzw. ähnlicher Form und Größe gegenübertritt. Er ist daher daran gewöhnt, in der konkreten Verkaufs­si­tuation nach anderen, unter­schei­dungs­kräftigen Kriterien auszuwählen. Ein solches unter­schei­dungs­kräftiges Kriterium ist die konkret genutzte Bezeichnung, wobei gattungsmäßige Begriffe regelmäßig nicht wahrgenommen werden. Maßgeblich bleibt damit die Angabe „Nürnberg“ oder „Nürnberger“, welche damit für die Beurteilung, ob das entsprechende Erzeugnis von der geschützten Bezeichnung erfasst wird, ausschlaggebend ist. Angesichts dieses Kontextes kann eine Irreführung durch das streit­ge­gen­ständliche Erzeugnis der Beklagten nicht festgestellt werden." Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Quelle: Landgericht München I, ra-online (pm/ab)

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