Dokument-Nr. 7719
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Landgericht München I Beschluss07.04.2009
Bayerischer Hausärzteverband darf Patienten nicht drängen, in die AOK zu wechseln - Wettbewerbszentrale erwirkt einstweilige VerfügungGrenzen einer legitimen Information über den Stand der Verhandlungen zu Hausarztverträgen überschritten
Das Landgericht München I hat auf Antrag der Wettbewerbszentrale eine einstweilige Verfügung gegen den Bayerischen Hausärzteverband erlassen. Gegenstand ist eine vom Bayerischen Hausärzteverband per Rundfax vom 6. März 2009 an seine Mitglieder herausgegebene Patienteninformation, mit der nach Auffassung der Wettbewerbszentrale Patienten zum Wechsel in die AOK veranlasst werden sollten. Das Gericht hat nun dem Hausärzteverband untersagt, seinen Mitgliedern eine derartige Patienteninfo (unten auszugsweise dargestellt) zur Verfügung zu stellen.
Bei der Wettbewerbszentrale waren, nachdem Ärzte die Patienteninformation in ihrer Praxis veröffentlicht hatten, zahlreiche Beschwerden von Patienten eingegangen. Nach deren Schilderungen seien sie von Ärzten bedrängt worden, in die AOK zu wechseln. Hintergrund ist der vom Bayerischen Hausärzteverband mit der AOK abgeschlossene Hausarztvertrag, der nach Auffassung des Verbandes die hausärztliche Versorgung auch durch eine angemessene Vergütung sichert. Andere Krankenkassen hätten einen derartigen Vertrag bislang nicht angeboten.
Die Wettbewerbszentrale hatte daraufhin die Vorgehensweise des Hausärzteverbandes beanstandet. Die den Hausärzten vorgeschlagene Patienteninfo missbraucht nach Auffassung der Wettbewerbszentrale das Vertrauen des Patienten in den Arzt. Zwar wird in der Patienteninfo um Verständnis dafür gebeten, dass der Arzt keine konkrete Empfehlung für eine bestimmte Krankenkasse geben darf. Allerdings liest sich aus Sicht der Patienten der Text im Weiteren so, als werde die AOK Bayern konkret vom Hausarzt empfohlen.
Das Landgericht bestätigte diese Auffassung mit der Begründung: "Der Tenor des Schreibens ... überschreitet dabei auch die Grenzen einer legitimen Information über den Stand der Verhandlungen mit den verschiedenen Kassen über den Abschluss eines Hausarztvertrages. ... Auf Grund des in besonderem Maße geschützten Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patienten steht zu besorgen, dass Patienten sich zu einem Krankenkassenwechsel gedrängt fühlen, um das Wohlwollen und die Zuwendung ihres Arztes nicht zu verlieren..."
Kein Einzelfall
Der Fall ist indessen kein Einzelfall: Noch weiter geht der Hausärzte Erlangen und Umgebung e. V., der ebenfalls ein Informationsschreiben für Patienten an seine Mitglieder ausgegeben hat. Dieses hebt den AOK-Hausarztvertrag hervor und enthält den Hinweis, dass für die Versicherten der anderen Krankenkassen ab dem 1.7. Leistungen stark eingeschränkt werden: „Für die Versicherten der SBK, BEK, TK, DAK u.a: Stark eingeschränkte Sprechzeiten! Hausbesuche können nur noch im Notfall durchgeführt werden! Wenn Sie dies nicht wollen, ziehen Sie Konsequenzen!“. Die Wettbewerbszentrale ist auch gegen dieses Schreiben wegen des unangemessenen unsachlichen Einflusses auf die Patienten im Wege der Abmahnung vorgegangen. Das außergerichtliche Verfahren läuft noch.
Auszug aus dem Vorschlag des Bayerischen Hausärzteverbandes vom 06.03.2009 für eine Patienteninformation:
" ... So bieten die meisten Kassen ihren Versicherten entgegen ihrer ausdrücklichen gesetzlichen Verpflichtung bis heute keinen Hausarztvertrag an.
Nur die AOK Bayern ist bisher als einzige Kasse bereit, ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen und hat mit dem Hausärzteverband einen umfassenden Hausarztvertrag abgeschlossen.
Dieser AOK-Hausarztvertrag bringt für die Versicherten der AOK deutliche Vorteile:
...
Alle AOK-Versicherten können diesem Vertrag beitreten und profitieren damit nicht nur von den Vorteilen, sondern tragen gleichzeitig zum künftigen Erhalt der hausärztlichen Versorgung bei.
Liebe Patienten, wenn Sie über einen Kassenwechsel nachdenken, sollten Sie vielleicht auch den Erhalt Ihrer hausärztlichen Versorgung in Ihre Überlegungen einbeziehen. Wenn es keinen Hausarzt mehr gibt, heißt die Alternative lange Anfahrtswege, lange Wartezeiten, ... "
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 15.04.2009
Quelle: ra-online, Pressemitteilung der Wettbewerbszentrale
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