15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einer Krankenschwester im Vordergrund.
ergänzende Informationen

Landgericht München I Urteil30.01.2008

Pharmaindustrie darf Ärzten keine teuren Geschenke machenUnangemessene und unsachliche Beeinflussung

Pharma­un­ter­nehmen dürfen Ärzten keine teuren Geschenke machen. Dies hat die 1. Handelskammer des Landgerichts München I entschieden.

Geklagt hatte ein Verband von Arznei­mit­tel­her­stellern, der sich der Lauterkeit des Verhaltens der pharma­zeu­tischen Industrie bei der Zusammenarbeit mit Ärzten angenommen hat. Die Klage richtete sich gegen ein großes Pharma-Unternehmen, das Ärzten im Internet nicht nur einen 700 € teuren Wasserspender zum "exklusiven Vorzugspreis" - einer Ersparnis von bis zu 40 % bei Anschaffung und Wartung -, sondern auch kostenlose Beratungs­leis­tungen externer Unter­neh­mens­berater (etwa zum Thema "betrie­bs­wirt­schaft­liches Praxis­ma­na­gement") anbot.

Dies hielt die Klägerin für unlauter, da ein nicht unwesentlicher Teil der angesprochenen Ärzte motiviert werde, als Gegenleistung für das kostenlose Beratungs­angebot die Medikamente der Beklagten zu verschreiben. Die Beklagte bestritt eine derartige Beein­fluss­barkeit der Ärzte und verwies darauf, dass das Zuwen­dungs­verbot des Heilmit­tel­wer­be­ge­setzes nur für produktbezogene Werbung, nicht aber für reine Imagewerbung gelte.

Arzt darf nicht in Verdacht einer unsachlichen Beeinflussung bei Medika­men­ten­ver­schreibung kommen

Dem folgte das Landgericht München I nicht und untersagte der Beklagten derlei Angebote. Das besondere Vertrau­ens­ver­hältnis zwischen Arzt und Patient gebiete es - so die Richter -, dass der Arzt sich bei der Verschreibung von Medikamenten allein von den Interessen des Patienten leiten lasse und dabei nicht einmal in den Verdacht einer unsachlichen Beeinflussung durch die Hersteller der Medikamente kommen dürfe. Mit den Zuwendungen der Beklagten, die das Gericht mit mehreren hundert Euro bewertete, beeinflusse diese die Entscheidung der Ärzte bei der Medikamention unangemessen und unsachlich und verstoße somit gegen § 4 Nr. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. Das hohe Gut des Vertrau­ens­ver­hält­nisses zwischen Arzt und Patient rechtfertige es, bereits Handlungen, die geeignet seien, den bösen Schein einer unsachlichen Einflussnahme nahezulegen, als nicht mehr mit den guten Sitten im Wettbewerb vereinbar anzusehen.

Nur geringwertige produktbezogene Werbegaben zulässig

Im Übrigen - so das Gericht - entspreche das Verbot von mehr als geringfügigen unentgeltlichen Zuwendungen an Ärzte inzwischen auch den Vorstellungen der Pharmaindustrie selbst, und zwar auch dann, wenn es nicht um produktbezogene Zuwendungen, sondern um bloße Imagewerbung gehe. Dies ergebe sich nicht nur aus dem vom Kläger aufgestellten "Kodex zur Freiwilligen Selbstkontrolle der Arznei­mit­tel­in­dustrie", sondern auch aus den "Verhal­tens­emp­feh­lungen für die Zusammenarbeit der pharma­zeu­tischen Industrie mit Ärzten". Auch die Pharmaindustrie gehe also davon aus, dass nach den "anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel" Geschenke, die über geringwertige produktbezogene Werbegaben hinausgehen, nicht gewährt werden dürfen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 07/08 des LG München I vom 08.02.2008

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil5565

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI