21.11.2024
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Landgericht München II Urteil15.11.2016

VW-Abgasskandal: Käufer eines mit Schummel-Software ausgestatten VW kann Kaufpreis vom Vertragshändler zurückfordernKäufer steht wegen Sachmangels Rücktrittsrecht zu

Der Käufer eines mit der Schum­mel­software ausgestatteten VW kann wirksam vom Kaufvertrag zurücktreten und den Kaufpreis vom Vertragshändler zurückfordern, da das Fahrzeug angesichts der manipulativen Software mangelhaft ist. Einer Fristsetzung zur Nacherfüllung bedarf es nicht. Zudem ist der Sachmangel nicht unerheblich. Ein Schaden­ersatz­anspruch gegen die VW AG besteht dagegen mangels behaupteter Unkenntnis des Vorstands von den Manipulationen nicht. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts München II hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Dezember 2012 kaufte eine Frau bei einer VW-Vertrags­händlerin einen gebrauchten Golf Plus 1.6 TDI mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 EU5 zum Preis von 17.900 Euro. Das Fahrzeug befand sich zuvor im Besitz der VW AG und war mit der sogenannten Schummel-Software ausgestattet. Durch diese war es möglich, dass das Fahrzeug die nach der Euro-5-Abgasnorm vergebenen Stickoxid-Grenzwerte einhält. Nach Bekanntwerden des VW-Abgasskandals erklärte die Frau im Februar 2016 den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungs­ent­schä­digung zurück. Die Vertrags­händlerin weigerte sich den Kaufpreis zu erstatten und bot stattdessen ein Software-Update an. Dieses befand sich aber noch in der Entwicklung. Die Frau erhob schließlich gegen die Vertrags­händlerin Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises. Zudem verklagte sie die VW AG auf Zahlung von Schadensersatz.

Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises

Das Landgerichts München II bejahte zunächst einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich eines Nutzungs­er­satzes. Die Klägerin sei gemäß § 437 Nr. 2 BGB zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt gewesen.

Sachmangel aufgrund manipulativer Software

Nach Ansicht des Landgerichts sei der VW-Golf gemäß § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB mangelhaft gewesen, da er nicht die Beschaffenheit aufgewiesen habe, die bei Sachen gleicher Art üblich ist und die von der Klägerin nach Art der Sache habe erwartet werden können. Der Käufer eines Kraftfahrzeugs könne als übliche Beschaffenheit erwarten, dass die Kaufsache dem jeweiligen Stand der Technik entspreche. Der Einbau einer manipulativen Software nur und gerade zum Vortäuschen der Einhaltung der Grenzwerte entspreche keinesfalls dem Stand der Technik. Vielmehr müsse ein Kraftfahrzeug die Euro-5-Abgasnorm auch ohne Einsatz einer Manipu­la­ti­o­ns­software erreichen können.

Entbehrlichkeit einer Fristsetzung zur Nacherfüllung

Eine Frist zur Nacherfüllung hab die Klägerin nach Auffassung des Landgerichts gemäß § 440 BGB nicht setzen müssen, da eine solche für die Klägerin unzumutbar gewesen sei. Selbst acht Monate nach Erklärung des Rücktritts habe der Beklagten ein Software-Update nicht zur Verfügung gestanden. Zudem seien die Auswirkungen des Updates auf den Alltagsgebrauch nicht absehbar gewesen. Es habe die berechtigte Sorge bestanden, dass das Software-Update den Fahrzeug­ge­brauch einschränken oder erschweren oder zu einer Wertbe­ein­träch­tigung führen würde. Diese Umstände haben von der Klägerin nicht hingenommen werden müssen.

Keine Unerheblichkeit der Pflicht­ver­letzung

Der Rücktritt sei darüber hinaus nicht gemäß § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen gewesen, so das Landgericht, da die Pflicht­ver­letzung der Beklagten nicht unerheblich gewesen sei. Zwar möge das Aufspielen des Software-Updates mit geringen Kosten verbunden sein. Maßgeblich seien aber alle Kosten, die durch das Versetzen des VW-Golfs in einem der Euro-5-Abgasnorm entsprechenden Zustand entstehen, wie zum Beispiel die Entwick­lungs­kosten.

Kein Schaden­s­er­satz­an­spruch gegen VW AG

Ein Schaden­s­er­satz­an­spruch der Klägerin gegen die VW AG verneinte das Landgericht. Ein vertraglicher Schaden­s­er­satz­an­spruch habe nicht bestanden, da zwischen der Klägerin und der VW AG keine vertraglichen Beziehungen vorgelegen haben. Deliktische Schaden­er­satz­ansprüche scheiterten aufgrund der Unkenntnis des Vorstands der VW AG von den Manipulationen.

Quelle: Landgericht München II, ra-online (vt/rb)

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