21.11.2024
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Landgericht Memmingen Urteil14.01.2016

Dash-Cam-Aufzeichnungen durch parkenden PKW: Grund­stücks­eigentümer steht Unter­lassungs­anspruch zuInteresse an Privatsphäre wiegt schwerer als Interesse an Aufklärung bloß theoretisch möglicher Unfälle oder Sachbe­schä­di­gungen

Wird ein PKW derart geparkt, dass durch die im Fahrzeug befindliche Dash-Cam ein Wohngrundstück überwacht werden kann, so steht dem Grund­stücks­eigentümer ein Unter­lassungs­anspruch zu. Denn das Interesse am Schutz der Privatsphäre wiegt schwerer als das Interesse an der Aufklärung bloß theoretisch möglicher Unfälle oder Sachbe­schä­di­gungen. Dash-Cam-Aufzeichnungen sind zudem wegen eines Verstoßes gegen das Bundes­daten­schutz­gesetz als Beweismittel unzulässig. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Memmingen hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Erzieherin parkte ihren PKW regelmäßig gegenüber von einem Wohnanwesen. Dadurch konnte das Anwesen mittels der an der Windschutz­scheibe des Fahrzeugs angebrachten Dash-Cam beobachtet werden. Die Dash-Cam schaltete sich automatisch per Bewegungsmelder ein und zeichnete dann die Vorgänge in Blickrichtung der Kamera jeweils über einige Minute auf. Die Eigentümer des Wohnanwesens sahen sich dadurch in unzulässiger Weise überwacht und klagten daher auf Unterlassung.

Anspruch auf Unterlassung aufgrund Verstoßes gegen Bundes­da­ten­schutz­gesetz

Das Landgericht Memmingen entschied zu Gunsten der Grund­s­tücks­ei­gentümer. Ihnen habe nach §§ 1004 Abs. 1, 823 BGB ein Anspruch auf Unterlassung zugestanden. Denn durch das Anfertigen der Videoaufnahmen habe die Erzieherin gegen § 6 b Abs. 1 des Bundes­da­ten­schutz­ge­setzes (BDSG) verstoßen und somit das informationelle Selbst­be­stim­mungsrecht der Grund­s­tücks­ei­gentümer verletzt.

Keine Rechtfertigung der Aufnahmen aufgrund Aufklärung möglicher Unfälle oder Sachbe­schä­di­gungen

Die Aufnahme durch die Dash-Cam sei nicht zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke gerechtfertigt gewesen (§ 6 b Abs. 1 Nr. 3 BDSG), so das Landgericht. Zwar habe die Erzieherin ein Interesse daran haben können, durch den Betrieb der Dash-Cam die Aufklärung von Unfällen oder Sachbe­schä­di­gungen verbessern zu wollen. Allerdings haben die schutzwürdigen Interessen der Grund­s­tücks­ei­gentümer am Schutz ihrer Privatsphäre überwogen. Allein die bloße theoretische Möglichkeit des Notwen­dig­werdens einer Beweisführung rechtfertige nicht die Überwachung des Anwesens (vgl. AG München, Hinweisbeschl. v. 13.08.2014 - 345 C 5551/14 -).

Vorschrift nicht nur auf stationäre Kameras anwendbar

Soweit die Erzieherin anführte, dass sich aus § 6 b Abs. 2 BDSG ergebe, dass die Vorschrift nur auf stationierte Kameras anwendbar sei, folgte dem das Landgericht nicht. Dies sei zum einen nicht aus dem Geset­zes­wortlaut ersichtlich. Zum anderen sei die Dash-Cam im vorliegenden Fall stationär verwendet worden, da für einen längeren Zeitraum aus einem am gleichen Ort parkenden Fahrzeug heraus gefilmt worden sei.

Unzulässigkeit von Dash-Cam-Aufzeichnungen als Beweismittel

Nach Ansicht des Landgerichts seien Dash-Cam-Aufzeichnungen ohnehin als Beweismittel unzulässig. Denn würde man solch rechtwidrig erlangte Videoaufnahmen zulassen, würde dies zu einer weiteren Verbreitung von Dash-Cams und daher zu einer dauerhaften und flächen­de­ckenden Überwachung des öffentlichen Verkehrs führen. Das Recht auf informationelle Selbst­be­stimmung würde völlig ausgehöhlt werden.

Quelle: Landgericht Memmingen, ra-online (vt/rb)

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