In dem Rechtsstreit Siedlungswerk St. Gertrud Wohn- und Immobilien Service GmbH (Vermieter) gegen Uwe Meusel (Mieter), Inhaber des Ladenlokals "NARVIK" in der Grünen Zitadelle (Hunderwasserhaus) in Magdeburg, ist ein Urteil verkündet worden: Der Mieter wurde verurteilt, das Ladengeschäft im Hundertwasserhaus in Magdeburg zu räumen.
Ein Termin für die Räumung steht noch nicht fest. Eine etwaige Vollstreckung der Räumung müsste auch vom Vermieter gesondert beantragt und durchgeführt werden.
Nach Auffassung des Gerichts hat der Vermieter den Mietvertrag wegen arglistiger Täuschung nach den §§ 123 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wirksam angefochten.
Der Mieter hat gegenüber dem Vermieter Mitteilungspflichten verletzt. Der Mieter hat in seiner von ihm vorgelegten Sortimentliste nur unvollständige Angaben gemacht. Er hat in der Liste die Markenbezeichnung "Thor Steinar" nicht aufgeführt, obwohl nahezu ausschließlich Bekleidung dieser Marke verkauft werden sollte.
Die Information über den beabsichtigten Verkauf von "Thor Steinar" Artikeln war auch für den Vermieter eine relevante Information, die der Mieter mitteilen musste.
In der Öffentlichkeit wird die Marke mit einem Bezug zur rechtsradikalen Szene wahrgenommen und dies gilt unabhängig davon, ob die Marke tatsächlich nur von Szeneangehörigen getragen wird. Die verschiedenen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren in der Vergangenheit belasten die Marke in der allgemeinen Wertschätzung ebenfalls.
Damit wird auch die Wertschätzung und die Vermietbarkeit des Hundertwasserhauses gemindert (vgl. hierzu Inhaber eines Ladengeschäfts darf Miete mindern, wenn im gleichen Gebäudekomplex ein Laden Bekleidung verkauft, die in der rechtsradikalen Szene sehr beliebt ist), weil die Marke dort verkauft wird.
Der Mieter wusste auch, dass der Vertrieb der Marke in einem schon aufgrund der äußeren Erscheinung ersichtlich städtebaulich relevanten Gebäude in zentraler (ansprechender) Lage, in dem sonst keine der Marke Thor Steinar vergleichbaren Marken angeboten werden, für die Entscheidung des Vermieters, ob an den Beklagten vermietet werden soll, Relevanz besitzt, weil dadurch die Vermietbarkeit der anderen Objekte an Dritte, die der nationalsozialistischen Ideologie fern stehen, erschwert und die Wertschätzung des Gewerbeobjekts in der überwiegend dementsprechend denkenden Öffentlichkeit herabgesetzt wird.
Nach Auffassung des Gerichts ist auch später nach Vertragsschluss keine Bestätigung des Mietverhältnisses durch die Parteien erfolgt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 15.02.2008
Quelle: ra-online, LG Magdeburg