Dokument-Nr. 5597
Permalink https://urteile.news/
- IMR 2008, 164Zeitschrift: Immobilien- und Mietrecht (IMR), Jahrgang: 2008, Seite: 164
- Ladeninhaber verschwieg bei Anmietung den beabsichtigten Verkauf von Waren aus der rechtsextremen Szene - Vermieter kann Mietvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechtenOberlandesgericht Naumburg, Urteil28.10.2008, 9 U 39/08
- Ladenmieter muss vor Anmietung den Vermieter über Verkauf von "Thor Steinar"-Bekleidung informierenBundesgerichtshof, Urteil11.08.2010, XII ZR 192/08
- Inhaber eines Ladengeschäfts darf Miete mindern, wenn im gleichen Gebäudekomplex ein Laden Bekleidung verkauft, die in der rechtsradikalen Szene sehr beliebt istLandgericht Magdeburg, Urteil31.01.2008, 10 O 907/07
- "Thor Steinar"-Logo ist nicht strafbar nach § 86 a StGBOberlandesgericht Dresden, Urteil12.02.2008, 3 Ss 89/06, 3 Ss 375/06
Landgericht Magdeburg Urteil13.02.2008
Vermieter kann Mietvertrag über Ladengeschäft bei unvollständigen Angaben über das zu verkaufende Warensortiment anfechtenNicht angegebene "Thor Steinar" Bekleidung verkauft - Räumungsklage gegen Narvik-Shop im Hundertwasserhaus in Magdeburg erfolgreich
Der mit einem Mieter eines Ladenlokals geschlossene Mietvertrag kann durch den Vermieter angefochten werden, wenn der Mieter falsche oder unvollständige Angaben über das Warensortiment gemacht hat, das er verkaufen möchte. Dies hat das Landgericht Madgeburg entschieden.
In dem Rechtsstreit Siedlungswerk St. Gertrud Wohn- und Immobilien Service GmbH (Vermieter) gegen Uwe Meusel (Mieter), Inhaber des Ladenlokals "NARVIK" in der Grünen Zitadelle (Hunderwasserhaus) in Magdeburg, ist ein Urteil verkündet worden: Der Mieter wurde verurteilt, das Ladengeschäft im Hundertwasserhaus in Magdeburg zu räumen.
Ein Termin für die Räumung steht noch nicht fest. Eine etwaige Vollstreckung der Räumung müsste auch vom Vermieter gesondert beantragt und durchgeführt werden.
Nach Auffassung des Gerichts hat der Vermieter den Mietvertrag wegen arglistiger Täuschung nach den §§ 123 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wirksam angefochten.
Der Mieter hat gegenüber dem Vermieter Mitteilungspflichten verletzt. Der Mieter hat in seiner von ihm vorgelegten Sortimentliste nur unvollständige Angaben gemacht. Er hat in der Liste die Markenbezeichnung "Thor Steinar" nicht aufgeführt, obwohl nahezu ausschließlich Bekleidung dieser Marke verkauft werden sollte.
Die Information über den beabsichtigten Verkauf von "Thor Steinar" Artikeln war auch für den Vermieter eine relevante Information, die der Mieter mitteilen musste.
In der Öffentlichkeit wird die Marke mit einem Bezug zur rechtsradikalen Szene wahrgenommen und dies gilt unabhängig davon, ob die Marke tatsächlich nur von Szeneangehörigen getragen wird. Die verschiedenen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren in der Vergangenheit belasten die Marke in der allgemeinen Wertschätzung ebenfalls.
Damit wird auch die Wertschätzung und die Vermietbarkeit des Hundertwasserhauses gemindert (vgl. hierzu Inhaber eines Ladengeschäfts darf Miete mindern, wenn im gleichen Gebäudekomplex ein Laden Bekleidung verkauft, die in der rechtsradikalen Szene sehr beliebt ist), weil die Marke dort verkauft wird.
Der Mieter wusste auch, dass der Vertrieb der Marke in einem schon aufgrund der äußeren Erscheinung ersichtlich städtebaulich relevanten Gebäude in zentraler (ansprechender) Lage, in dem sonst keine der Marke Thor Steinar vergleichbaren Marken angeboten werden, für die Entscheidung des Vermieters, ob an den Beklagten vermietet werden soll, Relevanz besitzt, weil dadurch die Vermietbarkeit der anderen Objekte an Dritte, die der nationalsozialistischen Ideologie fern stehen, erschwert und die Wertschätzung des Gewerbeobjekts in der überwiegend dementsprechend denkenden Öffentlichkeit herabgesetzt wird.
Nach Auffassung des Gerichts ist auch später nach Vertragsschluss keine Bestätigung des Mietverhältnisses durch die Parteien erfolgt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 15.02.2008
Quelle: ra-online, LG Magdeburg
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil5597
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.