Im vorliegenden Fall hatte sich ein Mann gegen die Zustellung der Postwurfsendung "Einkauf Aktuell" der Deutschen Post gewehrt, indem er dem Unternehmen eine schriftliche Mitteilung darüber zukommen ließ, dass er keine weitere Zustellung wünsche. Schriftlich wies das Unternehmen darauf hin, dass er eine Zustellung durch Anbringen eines Hinweisaufklebers am Briefkasten verhindern könne. Der Mann erklärte, dass er nicht bereit sei, einen derartigen Hinweis anzubringen und forderte erneut, eine weitere Zustellung zu unterlassen. Nachdem er daraufhin weiter die unerwünschte Werbung erhielt, klagte der Mann gegen das Unternehmen auf Unterlassung.
Der Kläger bekam schließlich vor dem Landgericht Lüneburg Recht. Ein Anspruch auf Unterlassung stehe ihm nach § 1004 BGB in Verbindung mit § 823 Abs. 1 BGB, §§ 1, 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG zu. Das Zusenden von Postwurfsendungen gegen den ausdrücklichen Willen des Empfängers stelle einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht, nämlich dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, dar. Werbung durch Postwurfsendungen sei zwar grundsätzlich nicht rechtswidrig, da sie auch dem Interesse des Verbrauchers diene, über Leistungsangebote der werbenden Unternehmen informiert zu werden. Jedoch müsse der ausdrückliche Hinweis des Empfängers, dass er bestimmtes Werbematerial nicht zu erhalten wünscht, grundsätzlich als eindeutige Willensäußerung verstanden und beachtet werden. Dies folgt aus dem Selbstbestimmungsrecht gemäß Art. 2 GG. Das Interesse des Einzelnen am Schutze seiner Individualsphäre habe grundsätzlich Vorrang vor dem Interesse des Unternehmens an Werbung. Gerade die weite Verbreitung von Postwurfsendungen mache es notwendig, den Einzelnen vor Überfüllung seines Briefkastens, der Mühe der Entsorgung und dem Zwang, sich mit der Werbung gegen seinen Willen geistig befassen zu müssen, zu schützen.
Der Umstand, dass der Kläger eine Zusendung der Werbung nicht wünschte, war im vorliegenden Fall für das Unternehmen eindeutig erkennbar. Ein solcher Widerspruch müsse brieflich oder telefonisch erfolgen, was im vorliegenden Fall geschehen war. Das Argument der Post, es sei einfacher, wenn der Kläger einen Hinweis an seinem Briefkasten anbringe, dass er bestimmte Werbung nicht wünsche, zähle nach Meinung des Gerichts nicht. Ausreichend sei die unmittelbare Mitteilung an das werbende Unternehmen, das wiederum die Pflicht habe, den Zusteller darüber zu informieren, welche Personen keine Werbung erhalten möchten. Es sei unerheblich, dass der sich hieraus ergebende Aufwand für das Unternehmen größer sei als die Anbringung eines Hinweises am Briefkasten für den Empfänger. Dem Empfänger muss es zudem möglich sein, auch nur ganz bestimmte Werbung auszuschließen, aber nicht grundsätzlich auf Werbung zu verzichten. Auch dies werde vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützt. Ein allgemeiner Hinweis am Briefkasten, auf Werbung zu verzichten, kann deshalb auch nicht verlangt werden.
Das Gericht vermutet, dass das Urteil Folgen für die bisherige Form der Werbung durch Postwurfsendung haben wird, da es eine erhebliche Zahl an Werbeverweigerern gebe, deren Wünsche künftig unbedingt zu beachten sind. Daher ließ das Gericht die Revision gegen dieses Urteil zu. Die Entscheidung sei für die gesamte Werbewirtschaft von grundsätzlicher Bedeutung.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 06.01.2012
Quelle: ra-online, Landgericht Lüneburg (vt/st)