Im zugrunde liegenden Fall äußerte sich ein Mieter in einer Reihe von Beiträgen im Internet über seine Vermieterin abfällig. Demnach verübe seiner Meinung nach die Vermieterin "Betrügereien, Erpressung und Nötigung". Man solle ihr außerdem "das kriminelle Handwerk legen". Zudem bezeichnete er seine Vermieterin als "Heuschrecke, die ihre Opfer aussauge" und als "Sauverein". Hintergrund der Äußerungen war eine gerichtliche Auseinandersetzung mit der Vermieterin wegen Betriebskostennachforderungen und Auszahlung der Mietsicherheit. Die Vermieterin, eine GmbH und Eigentümerin mehrerer tausend Wohnungen, sah sich in ihrem Unternehmenspersönlichkeitsrecht verletzt und klagte auf Unterlassung.
Das Landgericht Lübeck entschied gegen die Vermieterin. Ihr habe kein Anspruch auf Unterlassung nach §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB zugestanden. Denn die Äußerungen des Mieters habe als Meinungsäußerung dem Schutz des Grundrechts auf Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) unterfallen.
Aus Sicht des Landgerichts habe zudem keine Schmähkritik vorgelegen. Eine solche liege erst dann vor, wenn bei einer Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Herabsetzung der Person im Vordergrund steht. Eine Äußerung nehme den Charakter einer unzulässigen Schmähung an, wenn eine Person jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll. Stehe die fragliche Äußerung dagegen in einem sachlichen Bezug, liege keine Schmähkritik vor. Nach Auffassung des Gerichts haben die getätigten Äußerungen eine sachbezogene Sachkritik dargestellt, da sie im Zusammenhang mit der gerichtlichen Auseinandersetzung erfolgten.
Zwar erkannte das Landgericht an, dass die beanstandeten Äußerungen durchaus geeignet waren, die Vermieterin in ihrem öffentlichen Ansehen zu beeinträchtigen und möglicherweise ihre geschäftlichen Tätigkeiten zu erschweren. Dennoch wertete das Gericht das Recht auf freie Meinungsäußerung als gewichtiger.
Zugunsten der Meinungsfreiheit habe laut Landgericht gesprochen, dass die Vermieterin Eigentümerin eines großen, ehemals mit öffentlichen Geldern geförderten Wohnungsbestands war und daher eine wichtige soziale Funktion wahrnahm. Die Art und Weise, wie sie die Mietverhältnisse betreut bzw. rechtlich abwickelt, habe daher im Interesse der Öffentlichkeit gestanden. Die Frage, wie sie sich als Vermieterin mehrerer tausend Wohnungen gegenüber ihren Mieter verhält, sei von erheblichem Gewicht gewesen. Es habe darüber hinaus zur legitimen Ausübung der Meinungsfreiheit gehört, dass sich ihre Mieter über Internetforen austauschten. Ein solches Verhalten sei integraler Bestandteil eines transparenten Marktes. Im Hinblick auf die herausgehobene Stellung der Vermieterin am Wohnungsmarkt habe sie sich auch eine polemische und überspitzte Kritik gefallen lassen müssen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 01.10.2013
Quelle: Landgericht Lübeck, ra-online (zt/WuM 2013, 530/rb)