21.11.2024
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Landgericht Lübeck Urteil17.06.2011

"Heuschrecke" und "Sauverein": Sachbezogene Kritik an Vermieter vom Recht auf freie Meinung­s­äu­ßerung gedecktSelbst polemische und überspitzte Kritik an Vermieter kann zulässig sein

Die Bezeichnung eines Vermieters etwa als "Heuschrecke" oder "Sauverein" ist vom Recht zur freien Meinung­s­äu­ßerung gedeckt, wenn es sich um eine sachbezogene Kritik handelt. Zudem kann selbst eine polemische und überspitze Kritik zulässig sein. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Lübeck hervor.

Im zugrunde liegenden Fall äußerte sich ein Mieter in einer Reihe von Beiträgen im Internet über seine Vermieterin abfällig. Demnach verübe seiner Meinung nach die Vermieterin "Betrügereien, Erpressung und Nötigung". Man solle ihr außerdem "das kriminelle Handwerk legen". Zudem bezeichnete er seine Vermieterin als "Heuschrecke, die ihre Opfer aussauge" und als "Sauverein". Hintergrund der Äußerungen war eine gerichtliche Ausein­an­der­setzung mit der Vermieterin wegen Betrie­bs­kos­ten­nach­for­de­rungen und Auszahlung der Mietsicherheit. Die Vermieterin, eine GmbH und Eigentümerin mehrerer tausend Wohnungen, sah sich in ihrem Unter­neh­mens­per­sön­lich­keitsrecht verletzt und klagte auf Unterlassung.

Kein Anspruch auf Unterlassung

Das Landgericht Lübeck entschied gegen die Vermieterin. Ihr habe kein Anspruch auf Unterlassung nach §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB zugestanden. Denn die Äußerungen des Mieters habe als Meinung­s­äu­ßerung dem Schutz des Grundrechts auf Meinungs­freiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) unterfallen.

Schmähkritik lag nicht vor

Aus Sicht des Landgerichts habe zudem keine Schmähkritik vorgelegen. Eine solche liege erst dann vor, wenn bei einer Äußerung nicht mehr die Ausein­an­der­setzung in der Sache, sondern die Herabsetzung der Person im Vordergrund steht. Eine Äußerung nehme den Charakter einer unzulässigen Schmähung an, wenn eine Person jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll. Stehe die fragliche Äußerung dagegen in einem sachlichen Bezug, liege keine Schmähkritik vor. Nach Auffassung des Gerichts haben die getätigten Äußerungen eine sachbezogene Sachkritik dargestellt, da sie im Zusammenhang mit der gerichtlichen Ausein­an­der­setzung erfolgten.

Recht auf freie Meinung­s­äu­ßerung war gewichtiger als Schutz der Ehre und des Ansehens

Zwar erkannte das Landgericht an, dass die beanstandeten Äußerungen durchaus geeignet waren, die Vermieterin in ihrem öffentlichen Ansehen zu beeinträchtigen und möglicherweise ihre geschäftlichen Tätigkeiten zu erschweren. Dennoch wertete das Gericht das Recht auf freie Meinung­s­äu­ßerung als gewichtiger.

Interesse der Öffentlichkeit an gerichtlicher Ausein­an­der­setzung bestand

Zugunsten der Meinungs­freiheit habe laut Landgericht gesprochen, dass die Vermieterin Eigentümerin eines großen, ehemals mit öffentlichen Geldern geförderten Wohnungs­be­stands war und daher eine wichtige soziale Funktion wahrnahm. Die Art und Weise, wie sie die Mietver­hältnisse betreut bzw. rechtlich abwickelt, habe daher im Interesse der Öffentlichkeit gestanden. Die Frage, wie sie sich als Vermieterin mehrerer tausend Wohnungen gegenüber ihren Mieter verhält, sei von erheblichem Gewicht gewesen. Es habe darüber hinaus zur legitimen Ausübung der Meinungs­freiheit gehört, dass sich ihre Mieter über Internetforen austauschten. Ein solches Verhalten sei integraler Bestandteil eines transparenten Marktes. Im Hinblick auf die herausgehobene Stellung der Vermieterin am Wohnungsmarkt habe sie sich auch eine polemische und überspitzte Kritik gefallen lassen müssen.

Quelle: Landgericht Lübeck, ra-online (zt/WuM 2013, 530/rb)

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