14.11.2024
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Landgericht Koblenz Urteil02.10.2007

Mitgliedschaft im Fitnessstudio: Widerruf eines Fitness­ver­trages nach Gewinn eines Probetrainings möglichHaustürgeschäft gewährt zweiwöchiges Widerrufsrecht

Ein Verbraucher kann den im Rahmen eines ersten Probetrainings abgeschlossenen Vertrag über die Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio unter bestimmten Voraussetzungen widerrufen. Dies hat das Landgericht Koblenz entschieden.

Der Kläger betreibt in Koblenz ein Fitnessstudio. Die Beklagte erhielt im September 2004 eine "Gewinn­be­nach­rich­tigung" des Klägers nebst Gutschein für ein siebentägiges Probetraining per Post zugesandt, obwohl sie nicht an einem Gewinnspiel des Klägers teilgenommen hatte. Die Beklagte vereinbarte daraufhin einen Termin zum Probetraining am 28.09.2004. Im Rahmen des Besuchs der Beklagten in den Räumen des Fitnessstudios warb der Kläger für den Abschluss eines Mitglied­s­chafts­ver­trages über die Laufzeit von zunächst 24 Monaten mit anschließender Kündi­gungs­mög­lichkeit. Die Beklagte nahm das Angebot an Ort und Stelle an. Noch am gleichen Tag kamen ihr Bedenken, und sie erklärte den Widerruf vom Vertrag.

Mit seiner Klage hat der Kläger von der Beklagten Zahlung von Mitglieds­bei­trägen in Höhe von 1.011 € nebst Zinsen verlangt. Die Parteien haben darüber gestritten, ob der von der Beklagten erklärte Widerruf ihrer Vertrags­er­klärung wirksam ist.

Amtsgericht gab der Zahlungsklage statt - Landgericht wies sie ab

Das Amtsgericht Koblenz hat diese Frage verneint und der Zahlungsklage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat die zuständige 6. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz das erstin­sta­nzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen.

Wie die Berufungskammer in den Entschei­dungs­gründen des Urteils ausgeführt hat, hat die Beklagte den Mitglied­s­chafts­vertrag vom 28.09.2004 mit ihrem Schreiben gleichen Datums gegenüber dem Kläger wirksam widerrufen. Bei dem Vertrag handele es sich um ein sogenanntes Haustürgeschäft, für das zum Schutz des Verbrauchers vor Überrumpelung das gesetzliche Widerrufsrecht binnen zwei Wochen gelte.

Kostenloses Probetraining ist "Freizeit­ver­an­staltung" iSv. § 312 BGB

Ein Haustürgeschäft liegt bei einem Vertrag über eine entgeltliche Leistung zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter anderem dann vor, wenn der Verbraucher zum Abschluss des Vertrages anlässlich einer vom Unternehmer durchgeführten Freizeitveranstaltung bestimmt worden ist (§ 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB). Um eine solche Freizeit­ver­an­staltung handele es sich hier, wie die Kammer im Einzelnen unter Hinweis auf Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs begründet hat. Die Beklagte habe aufgrund der ihr übersandten Gewinn­be­nach­rich­tigung nebst Gutschein für ein kostenloses Probetraining entsprechend der Aufforderung im Schreiben des Klägers einen ersten Trainingstermin vereinbart. Die Beklagte habe im Rahmen der in ihrer Freizeit wahrgenommenen Trainingsstunde noch nicht mit "Verkauf­s­tä­tig­keiten" des Klägers rechnen müssen.

Beklagte wurde ins Studio gelockt

In Anbetracht des zugesagten Gewinns über ein siebentägiges Probetraining habe sie davon ausgehen dürfen, sich in dieser Zeit zunächst ein Bild über das Fitnessstudio machen zu können. Der Kläger habe die Beklagte durch die Gewinn­mit­teilung in sein Studio gelockt und ihr die Unver­bind­lichkeit des Besuchs vermittelt. Tatsächlich sei es ihm darum gegangen, die ahnungslose Beklagte, die ihren Gewinn habe abholen wollen, zum Abschluss des Vertrages zu überreden. Diese Situation unterfalle dem Schutzbereich der verbrau­cher­schüt­zenden Regelung über das Widerrufsrecht. Unerheblich sei dabei, dass die Beklagte den Vertrag freiwillig unterzeichnet habe. Dass die Beklagte den Vertrag letztlich unterschrieben habe, ohne zuvor in Ruhe die Vor- und Nachteile einer derartigen Mitgliedschaft abzuwägen, mache auch der noch am selben Tag erfolgte Widerruf deutlich.

Die Beklagte ist daher im Ergebnis nicht verpflichtet, die vom Kläger verlangten Mitglieds­beiträge zu zahlen.

Erläuterungen
Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch:

§ 312 Widerrufsrecht bei Haustür­ge­schäften

(1) Bei einem Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher, der eine entgeltliche Leistung zum Gegenstand hat und zu dessen Abschluss der Verbraucher

2. anlässlich einer vom Unternehmer oder von einem Dritten zumindest auch im Interesse des Unternehmers durchgeführten Freizeit­ver­an­staltung bestimmt worden ist (Haustürgeschäft), steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht gemäß § 355 zu.

§ 355 Widerrufsrecht bei Verbrau­cher­ver­trägen

(1) wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so ist er an seine auf den Abschluss des Vertrags gerichtete Willen­s­er­klärung nicht mehr gebunden, wenn er sie fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten und ist in Textform oder durch Rücksendung der Sache innerhalb von zwei Wochen gegenüber dem Unternehmer zu erklären; zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des LG Koblenz vom 09.10.2007

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