15.11.2024
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Dokument-Nr. 27771

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Urteil05.07.2019Landgericht Koblenz13 S 8/19
Vorinstanz:
  • Amtsgericht Sinzig, Urteil09.01.2019, 14 C 384/18
ergänzende Informationen

Landgericht Koblenz Urteil05.07.2019

Streit zwischen Nachbarn: Ungenehmigte Abzweigung an Regenfallrohr muss entfernt werdenAbzweigung stellt Eigen­tums­ver­letzung am Regenfallrohr des Nachbarn dar

Das Landgericht Koblenz hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob ein von einem Eigentümer eines Wohnhauses angebrachtes Regenfallrohr, welches sich vor dem Haus des Nachbarn befindet, beseitigt werden muss.

Die Parteien des zugrunde liegenden Rechtsstreits sind Eigentümer zweier neben­ein­an­der­lie­gender Wohnhäuser in Koblenz-Ehrenbreitstein. Im Jahr 2017 ließ der Beklagte sein Wohnhaus sanieren. Unter anderem wurde an der Fassade ein Wärme­dämm­ver­bund­system angebracht, so dass die Fassade des Hauses des Beklagten gegenüber der Fassade des Hauses des Klägers vorspringt. An der Seite dieses Vorsprungs ließ der Beklagte ohne vorherige Absprache mit dem Kläger oder auch nur Ankündigung der beabsichtigten Baumaßnahmen ein Regenfallrohr anbringen, welches sich zwar im Luftraum vor dem Hause des Klägers befindet, allerdings auf öffentlichem Grund verläuft, da das Haus des Klägers unmittelbar an den öffentlichen Bürgersteig angrenzt. Dort befindet sich auch das Regenfallrohr des Hauses des Klägers. Um einen Anschluss für sein Regenfallrohr herzustellen, ließ der Beklagte das Regenfallrohr des Klägers im unteren Bereich auftrennen und eine Abzweigung einfügen, in die sein Regenfallrohr eingesetzt wurde. Auch eine öffentlich-rechtliche Genehmigung holte der Beklagte für diese Baumaßnahme nicht ein. Der Kläger verlangte daraufhin die Beseitigung des Regenfallrohres des Beklagten sowie Wieder­her­stellung des ursprünglichen Zustandes seines eigenen Regenfallrohres.

AG verneint wesentliche Beein­träch­tigung

Das Amtsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, das keine wesentliche Beein­träch­tigung des Eigentums des Klägers vorliege. Zwar sei der direkte Zugriff zu einem geringen Teil der Fassade des klägerischen Grundstückes erschwert. Dies sei aber so geringfügig, dass hieraus jedenfalls kein Besei­ti­gungs­an­spruch resultiere. Genauso wenig liege eine wesentliche optische Beein­träch­tigung vor.

Schließlich sei auch kein Verstoß gegen § 37 des Landes­nach­bar­rechts­ge­setzes festzustellen, wonach Nieder­schlags­wasser nicht auf ein Nachba­r­grundstück abgeleitet werden darf.

Gegen das Urteil des Amtsgerichts legte der Kläger Berufung ein.

Eingebrachte Abzweigung am Regenfallrohr muss entfernt werden

Das Landgericht Koblenz gab im Berufungs­ver­fahren dem Kläger zumindest zum Teil Recht. Der Beklagte ist nunmehr nach § 1004 BGB verpflichtet, die eingebrachte Abzweigung am Regenfallrohr des Klägers zu entfernen und das Regenfallrohr des Klägers wieder in den Ursprungs­zustand zu versetzen.

Geringfügige Beein­träch­ti­gungen sind grundsätzlich hinzunehmen

Dabei folgt das Landgericht insoweit der Einschätzung des Amtsgerichtes, wonach die Anbringung des Regenfallrohres als solches im öffentlichen Luftraum nicht zu beanstanden ist. Geringfügige Beein­träch­ti­gungen im Zugang zu seinem Grundstück hat der Kläger ebenso hinzunehmen, wie geringfügige optische Beein­träch­ti­gungen. Sofern für Baumaßnahmen an dem Grundstück des Klägers erforderlich, wäre das Regenfallrohr des Beklagten ohnehin zumindest vorläufig zu entfernen.

Vom Beklagten erstellte Abzweigung unzulässig

Nicht hinzunehmen ist aber von dem Kläger die von dem Beklagten erstellte Abzweigung. Dies stellt zum einen eine Eigen­tums­ver­letzung an dem Regenfallrohr des Klägers dar, hat der Beklagte doch ohne Genehmigung oder nachträgliche Zustimmung des Klägers die Abzweigung anbringen lassen. Zudem hätte die von dem Beklagten eigenmächtig vorgenommene Zusammenführung zweier Regenfallrohre nach § 10 Abs. 2 und 3 der Abwassersatzung der Stadt Koblenz vorher der Stadt angezeigt werden müssen. Nach Prüfung wären dann die Arbeiten von der Stadt selbst oder einem von ihr beauftragten Unternehmen auszuführen gewesen. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall.

Verstoß gegen eindeutige Regelung in Abwassersatzung

Der Verstoß gegen die vorstehende eindeutige Regelung in der Abwassersatzung, die keine Ausnahme zulässt und deren Sinn und Zweck auf der Hand liegt (Vermeidung von Überflutungen bei Stark­re­ge­ne­r­eig­nissen) führt deshalb zumindest zu einem Teilerfolg der Klage. Die Kosten des Rechtsstreits hat das Gericht gegeneinander aufgehoben, was bedeutet, dass die Gerichtskosten geteilt werden und jede Partei ihre außer­ge­richt­lichen Kosten selbst zu tragen hat.

Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch:

Erläuterungen

§ 1004 Beseitigungs- und Unter­las­sungs­an­spruch

(1) 1 Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beein­träch­tigung verlangen. 2 Sind weitere Beein­träch­ti­gungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Auszug aus dem Landes­nach­bar­rechts­ge­setzes für Rheinland-Pfalz:

§ 37 Ableitung des Nieder­schlags­wassers

(1) Der Eigentümer und der Nutzungs­be­rechtigte eines Grundstücks müssen ihre baulichen Anlagen so einrichten, dass Nieder­schlags­wasser nicht auf das Nachba­r­grundstück tropft, auf dieses abgeleitet wird oder übertritt.

(2) Absatz 1 findet keine Anwendung auf freistehende Mauern entlang öffentlicher Straßen, Grünflächen und Gewässer, es sei denn, dass die Zuführung des Wassers zu wesentlichen Beein­träch­ti­gungen führt oder dadurch Dritte gefährdet werden.

Auszug aus der Abwassersatzung der Stadt Koblenz:

§ 10 Grund­s­tücks­an­schlüsse

(1) Die Stadt stellt für jedes Grundstück, für das Anschlusszwang besteht oder ein Anschlussantrag genehmigt ist, einen eigenen Grund­s­tücks­an­schlusskanal entsprechend der von ihr vorgehaltenen öffentlichen Abwasseranlage für den erstmaligen Anschluss bereit. Werden Gebiete im Trennsystem entwässert, gelten die Grund­s­tücks­an­schlüsse für Schmutz- und Nieder­schlags­wasser als ein Anschluss. Die Stadt kann auf Antrag mehr als einen Grund­s­tücks­an­schlusskanal für ein einzelnes Grundstück herstellen.

(2) Die Stadt kann in Ausnahmefällen zulassen, dass mehrere Grundstücke über einen gemeinsamen Grund­s­tücks­an­schlusskanal an die öffentliche Abwasseranlage angeschlossen werden. Das setzt voraus, dass die beteiligten Grund­s­tücks­ei­gentümer die Verlegung, Unterhaltung, Benutzung und Erneuerung der Grund­s­tück­s­ent­wäs­se­rungs­anlage auf dem jeweiligen fremden Grundstück durch privat­recht­lichen Vertrag geregelt und durch dingliches Leitungsrecht gesichert haben.

(3) Die Art, Lage, Führung, lichte Weite und das Material des Grund­s­tücks­an­schluss­kanals einschl. der Anordnung des Prüf- und Reini­gungs­schachtes und/oder der Prüf- und Reini­gungs­öffnung bestimmt die Stadt. Die Herstellung, Veränderung, Unterhaltung sowie die Beseitigung von Grund­s­tücks­an­sch­lüssen führt die Stadt selbst oder ein von ihr beauftragtes Unternehmen aus.

(4) [...]

Quelle: Landgericht Koblenz/ra-online (pm/kg)

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