21.11.2024
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Dokument-Nr. 33241

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Urteil24.07.2023Landgericht Koblenz1 O 224/22
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Landgericht Koblenz Urteil24.07.2023

Verlustfrei zocken im Online-Casino - Online-Glücksspiel-Anbieter muss 632.250 Euro verlorene Spieleinsätze an Spielerin zurückerstattenGlück­s­piel­vertrag verstieß gegen ein gesetzliches Verbot

Kann eine Spielerin ihre in den Jahren 2015 bis 2020 in einem Online-Casino erlittenen Verluste von deren Betreiberin zurückverlangen? Diese Frage hatte die 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz zu entscheiden.

Die Beklagte ist ein führender Online-Glücksspiel-Anbieter aus Malta, welcher mehrere Online-Casino-Seiten betreibt und über eine Glückss­piel­lizenz der Glückss­piel­behörde von Malta verfügt. Über eine entsprechende Glückss­piel­lizenz in Deutschland oder für das Bundesland Rheinland-Pfalz, in welchem die Klägerin wohnt, verfügte die Beklagte hingegen jedenfalls im Zeitpunkt der streit­ge­gen­ständ­lichen Spieleinsätze nicht. Die Internetseiten der Beklagten nebst den FAQ und den Geschäfts­be­din­gungen sind vollständig auf Deutsch abgefasst. In der Zeit vom 27.12.2015 bis zum 02.12.2020 verlor die Klägerin auf den Online-Casino-Seiten der Beklagten unter Berück­sich­tigung von Gewinnen (Einzahlungen abzüglich Auszahlungen) Spielbeträge von insgesamt 632.250,00 €.

Die Klägerin ist der der Auffassung, dass aufgrund des damaligen gesetzlichen Verbots von Online-Glückspielen sie einen Rückzah­lungs­an­spruch auf die geleisteten Einsätze habe. Weiterhin habe sie erst im Jahr 2022 erfahren, dass Online-Glückspiele im streit­ge­gen­ständ­lichen Zeitraum nicht erlaubt gewesen seien, sodass mögliche Rückzah­lungs­ansprüche nicht verjährt seien.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Erstattung der Spieleinsätze in Höhe von 632.250 €. Entscheidung:

Glückss­pie­lan­bieter muss Spieleinsätze zurückzahlen

Die 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz hat der Klage vollumfänglich stattgegeben. Die Klägerin habe einen Rückzah­lungs­an­spruch auf die geleisteten und verlorenen Spieleinsätze in Höhe von 632.250,00 €, weil die Beklagte diese ohne Rechtsgrund erlangt habe. Der zwischen den Parteien geschlossene Online-Glück­s­piel­vertrag verstoße im streit­ge­gen­ständ­lichen Zeitraum gegen ein gesetzliches Verbot und sei deshalb nichtig. Zwar sei der Glück­s­piel­staats­vertrag im Jahr 2021 neu geregelt und es bestünde nunmehr die Möglichkeit, eine Erlaubnis für öffentliche Glückspiele im Internet zu erhalten. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage des Geset­zes­ver­stoßes sei vorliegend aber Zeitpunkt der Vornahme des Rechts-geschäfts, sodass es auf die Frage einer etwaigen späteren Legalisierung des Angebots der Beklagten nicht ankomme.

Glück­s­piel­vertrag verstieß gegen ein gesetzliches Verbot

Vorliegend könne sich die Beklagte auch nicht auf § 762 BGB berufen, weil diese Vorschrift nur greife, wenn die Rückforderung auf den Spielcharakter gestützt wird. Auch könne sich die Beklagte nicht auf § 817 S. 2 BGB berufen, wonach die Rückforderung ausgeschlossen ist, wenn auch dem Leistenden ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot zur Last fällt. Die Beklagte sei insoweit beweispflichtig geblieben, dass die Klägerin in subjektiver Hinsicht vorsätzlich verbotswidrig gehandelt oder sich der Einsicht in die Geset­zes­wid­rigkeit zumindest leichtfertig verschlossen hat. Ein lediglich objektiver Verstoß gegen das Verbotsgesetz genüge nicht.

Im Rahmen der persönlichen Anhörung der Klägerin ist die Kammer nicht zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin positiv wusste, dass Online-Glücksspiele in Deutschland (mit Ausnahme von Schleswig-Holstein) in dem streit­ge­gen­ständ­lichen Zeitraum verboten waren. Die Klägerin habe sich problemlos auf der deutsch­spra­chigen Webseite der Beklagten registrieren und auch die entsprechenden Zahlungen vornehmen können. Im Übrigen drängt sich nicht ohne Weiteres auf, dass die gleichen Glücksspiele, die in Spielhallen und Casinos erlaubt sind, einem Totalverbot unterliegen, wenn sie im Internet angeboten und zudem in den Medien beworben werden. Hinzu kommt, dass die Beklagte über eine Lizenz in einem EU-Staat verfügt und ihre Leistungen in Deutschland frei zugänglich angeboten hat. Bei dieser Sachlage musste es sich für die Klägerin nicht aufdrängen, dass das aus dem europäischen Ausland stammende Online-Angebot verboten sein könnte. Schließlich seien die geltend gemachten Ansprüche nicht verjährt, weil die Beklagte beweisfällig geblieben ist, dass die Klägerin tatsächlich vor dem Jahr 2022 Kenntnis von der den anspruchs­be­grün­denden Umständen erlangt hat.

Quelle: Landgericht Koblenz, ra-online (pm/pt)

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