03.12.2024
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Dokument-Nr. 13386

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Landgericht Hamburg Urteil20.04.2012

YouTube-Urteil des LG Hamburg: Zu den urheber­recht­lichen Pflichten eines Video­por­tal­be­treibersRechtsstreit GEMA gegen YouTube / YouTube hat Prüfungs- und Kontroll­pflichten

Der Betreiber eines Videoportals wie „YouTube“ haftet für Urheber­rechts­ver­let­zungen durch von Nutzern hochgeladene Videos nur dann, wenn er in Kenntnis der Rechts­ver­letzung gegen bestimmte Verhaltens- und Kontroll­pflichten verstößt. Das hat das Landgericht Hamburg in einem Rechtsstreit zwischen der Verwer­tungs­ge­sell­schaft GEMA und dem Videoportal YouTube entschieden.

Erst nach einem Hinweis auf eine Urheberrechtsverletzung trifft den Portalbetreiber die Pflicht, das betroffene Video unverzüglich zu sperren und im zumutbaren Rahmen geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um erneuten Rechts­ver­let­zungen vorzubeugen. Eine Verpflichtung zur Kontrolle sämtlicher auf die Plattform bereits hochgeladenen Videoclips besteht dagegen nicht.

GEMA klagte gegen YouTube

Die GEMA wollte mit ihrer Klage erreichen, dass der beklagten Betreiberin des Internet-Videoportals „YouTube“ verboten wird, weiterhin zwölf Musikwerke, an denen die GEMA die Rechte wahrnimmt, via „YouTube“ in Deutschland zugänglich zu machen. Die Beklagte lehnte eine Unter­las­sungs­ver­pflichtung ab, da sie für etwaige Urheber­rechts­ver­let­zungen nicht hafte. Zum einen stelle sie ihre Videoplattform lediglich den Nutzern zur Verfügung und habe die fraglichen Videos weder selbst erstellt noch hochgeladen. Zum anderen habe sie alle ihr zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um Urheber­rechts­ver­let­zungen zu begegnen.

YouTube haftet als "Störer" nicht aber als "Täter"

Die zuständige Urheber­rechts­kammer hat die Beklagte hinsichtlich sieben der zwölf streit­be­fangenen Musikwerke zur Unterlassung verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Entgegen der Argumentation der Klägerin hat das Gericht jedoch eine sog. „Täterhaftung“ der Beklagten hinsichtlich der Urheber­rechts­ver­let­zungen verneint und lediglich eine sog. „Störerhaftung“ angenommen. Da die Beklagte die urheber­rechts­ver­let­zenden Videos weder selbst hochgeladen habe, noch sich deren Inhalte zu eigen gemacht habe, hafte sie nicht als Täterin. Allerdings habe sie durch das Bereitstellen und den Betrieb der Videoplattform einen Beitrag zu den Rechts­ver­let­zungen geleistet. Aufgrund dieses Beitrags träfen die Beklagte Verhaltens- und Kontroll­pflichten. Diese habe sie verletzt und sei deshalb der Klägerin als „Störerin“ zur Unterlassung verpflichtet.

YouTube muss beanstandete Videos unverzüglich sperren

So habe die Beklagte im Umfang der Verurteilung gegen die Pflicht verstoßen, die betroffenen Videoclips unverzüglich zu sperren, nachdem sie von der Klägerin über die Urheber­rechts­ver­let­zungen informiert worden war. Hinsichtlich der fraglichen sieben Videos sei eine Sperre erst gut eineinhalb Monate nach der Benach­rich­tigung durch die Klägerin erfolgt. Bei einem solchen Zeitraum könne von einem unverzüglichen Handeln nicht mehr gesprochen werden.

YouTube muss nach Erhalt eines Hinweises auf eine Urheber­rechts­ver­letzung handeln

Zu der Frage, welche weiteren Prüfungs- und Kontroll­pflichten die Beklagte treffen, hat das Gericht auf die Notwendigkeit einer Verhält­nis­mä­ßig­keits­prüfung hingewiesen, bei der die betroffenen Interessen und rechtlichen Wertungen gegeneinander abzuwägen seien. Der Beklagten dürften danach keine Anforderungen auferlegt werden, die ihre grundsätzlich zulässige Tätigkeit unver­hält­nismäßig erschwerten. Zuzumuten sei ihr jedoch, nach Erhalt eines Hinweises auf eine Urheber­rechts­ver­letzung durch den Einsatz einer Software künftige Uploads zu verhindern, die eine mit der gemeldeten Musikaufnahme überein­stimmende Aufnahme enthielten. Eine dazu geeignete Software stehe der Beklagten in Form des von ihr entwickelten Content-ID-Programms zur Verfügung. Die Beklagte müsse besagtes Programm aber selbst anwenden und könne die Anwendung nicht, wie von ihr vertreten, den Rechteinhabern überlassen. Dagegen sei die Beklagte nicht verpflichtet, ihren gesamten Datenbestand mittels des Content-ID-Programms auf Urheber­rechts­ver­let­zungen zu durchsuchen. Die Prüfungs- und Kontroll­pflichten einer als Störer in Anspruch genommenen Person begönnen immer erst ab Kenntnis von einer konkreten Rechts­ver­letzung. Eine Verpflichtung zur Vorsorge gelte daher nur für die Zukunft.

YouTube muss Wortfilter einsetzen

Um die Anzahl der von der Software der Beklagten nicht erfassten Rechts­ver­let­zungen zu reduzieren, sei die Beklagte außerdem verpflichtet, einen Wortfilter zu installieren. Der Wortfilter solle neu eingestellte Videos herausfiltern, deren Titel sowohl den Titel als auch den Interpreten der in einem Video beanstandeten Musikaufnahme enthält. Dies sei notwendig, weil mit dem Content-ID-Programm nur Tonaufnahmen identifiziert würden, die mit der gespeicherten Referen­z­aufnahme identisch seien. Abweichende Aufnahmen (z.B. Live-Darbietung statt Studioaufnahme) erkenne die Software nicht.

Hinsichtlich fünf Titel wies das LG Hamburg die Klage ab

Hinsichtlich fünf der zwölf von der Klägerin benannten Musikwerke ist nicht ersichtlich, dass es nach dem Hinweis der Klägerin an die Beklagte auf die Rechts­ver­let­zungen noch zu weiteren Uploads gekommen ist. Damit konnte nicht festgestellt werden, dass die Pflicht­ver­letzung der Beklagten für weitere Rechts­ver­let­zungen ursächlich geworden ist, und entsprechend war die Klage hinsichtlich dieser Musikwerke abzuweisen.

Quelle: ra-online, Landgericht Hamburg (pm/pt)

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