21.11.2024
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Landgericht Frankfurt am Main Urteil07.03.2011

Verletzung der Fürsorgepflicht: Vorverurteilung eines Polizeibeamten stellt schwerwiegende Persön­lich­keits­rechts­ver­letzung dar und rechtfertigt Schmer­zens­geldan­spruchÄußerungen der Polizei­prä­si­dentin verstoßen gegen Unschulds­ver­mutung

Die Vorverurteilung eines Polizeibeamten im Rahmen eines gegen ihn geführten Disziplinar- und Ermitt­lungs­ver­fahrens ist unzulässig und stellt eine Verletzung der beamten­recht­lichen Fürsorgepflicht dar. Der Polizeibeamte hat daher Anspruch auf Schmerzensgeld. Dies entschied das Landgericht Frankfurt.

Im zugrunde liegenden Fall war gegen den klagenden Polizeibeamten ein Disziplinar- und ein Ermitt­lungs­ver­fahren wegen des Verdachts diverser Straftaten eingeleitet worden. In einer Besprechung mit den Mitarbeitern des Kommissariats, deren Leiter der Kläger war, hatte die damalige Vizepräsidentin des Polizei­prä­sidiums Frankfurt erklärt, dass der Kläger in kriminelle Machenschaften verstrickt sei und nicht mehr auf die Dienststelle zurückkehren werde. Hierfür werde sie (die Vizepräsidentin des Polizei­prä­sidiums) persönlich sorgen. Die Beamten sollten sich von ihm fernhalten und keinen Kontakt mit ihm aufnehmen.

Das Disziplinar- und das Strafverfahren wurden im Jahr 2010 eingestellt.

Äußerungen der Polizei­vi­ze­prä­si­dentin lassen erforderliche Rücksichtnahme auf berechtigte Interessen des Klägers vermissen

Das Landgericht Frankfurt gab dem Kläger Recht und gab in seinen Entschei­dungs­gründen an, dass die dargestellten Äußerungen der Polizei­vi­ze­prä­si­dentin die erforderliche Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des Klägers vermissen lassen und seinen Anspruch auf soziale Anerkennung gegenüber seinen Kollegen und Mitarbeitern verletzten. Der Kläger wurde durch die Erklärungen der Polizei­vi­ze­prä­si­dentin stigmatisiert und sein Ansehen erheblich beschädigt, so das Gericht. Die Äußerungen enthielten eine Vorverurteilung des Klägers und verstießen insoweit gegen die Unschuldsvermutung.

Schwerwiegende Persön­lich­keits­rechts­ver­letzung

Das Gericht hat den Grad der Persön­lich­keits­rechts­ver­letzung als so schwerwiegend angesehen, dass die Zubilligung eines Schmerzengeldes gerechtfertigt ist. Es hat hierbei insbesondere berücksichtigt, dass für die Polizei­vi­ze­prä­si­dentin kein Anlass für derart weitgehende Aussagen bestand. Weiterhin ist die Persön­lich­keits­rechts­ver­letzung auch deshalb als besonders schwerwiegend zu qualifizieren, weil die Vorwürfe während der gesamten Dauer des Verfahrens unverändert im Raum standen und die Äußerungen erheblich diffamierenden Charakter hatten.

Schmerzensgeld in Höhe von 8.000 Euro gerechtfertigt

Die Höhe des Schmerzengeld hat das Gericht auf 8.000 Euro geschätzt. Eine höhere Schmer­zens­geld­zahlung (der Kläger hatte 30.000 Euro gefordert) hat das Gericht abgelehnt, da die weiteren behaupteten Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht vorlagen. Insbesondere in Inter­vie­w­äu­ße­rungen des Polizei­prä­si­denten hat die Kammer lediglich eine sachliche Information der Öffentlichkeit gesehen, die eine Vorverurteilung des Klägers nicht enthielt. Urteil vom 07.03.2011, Az. 2-04 O 584/09 Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Parteien können binnen eines Monats nach Zustellung der Entschei­dungs­gründe Berufung einlegen.

Quelle: Landgericht Frankfurt am Main/ra-online

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