21.11.2024
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Sie sehen die Silhouette einer Person, welche an einer Wand mit vielen kleinen Bildern vorbeigeht.

Dokument-Nr. 16497

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Urteil25.06.2013Landgericht Frankfurt (Oder)16 S 251/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW-RR 2014, 159Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2014, Seite: 159
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Vorinstanz:
  • Amtsgericht Frankfurt an der Oder, Urteil30.11.2012, 2.2 C 476/12
ergänzende Informationen

Landgericht Frankfurt (Oder) Urteil25.06.2013

Reporter darf ohne Erlaubnis keine Fotos einer Beerdigung anfertigenUnberechtigte Fotoaufnahmen begründen Persönlichkeits­verletzung / Pressefreiheit tritt dahinter zurück

Macht ein Reporter von einer Beerdigung unberechtigt Fotoaufnahmen, so liegt ein wider­recht­licher Eingriff in die Privatsphäre der Trauernden vor. Dieser Eingriff begründet eine Verletzung des Persönlichkeits­rechts. Die Pressefreiheit tritt dahinter zurück. Dies hat das Landgericht Frankfurt (Oder) entschieden.

Im zugrunde liegenden Fall wollte ein Reporter einer Zeitung Fotografien einer privaten Trauerfeier anfertigen, da der Verstorbene unter tragischen Umständen zu Tode kam. Nachdem die Familie des Verstorbenen die Aufnahme von Fotos ablehnte, postierte sich der Reporter außerhalb des Fried­hofs­ge­ländes und fertigte Fotos an. Der von der Familie des Verstorbenen beauftragte Wachschutz forderte den Reporter auf dies zu unterlassen. Da sich dieser weigerte dem nachzukommen, hielt der Wachmann seine Hand vor dem Objektiv und versuchte schließlich, sich mit seinem Körper vor den Fotoapparat zu stellen. Aufgrund der Erfolglosigkeit seiner Bemühungen packte der Wachmann den Reporter und es kam zu einer Rangelei. Beide Kontrahenten erlitten wegen der Ausein­an­der­setzung Verletzungen und verklagten sich gegenseitig auf Zahlung von Schmerzensgeld.

Amtsgericht sprach Wachmann Schmerzensgeld zu

Das Amtsgericht Frankfurt (Oder) sprach dem Wachmann angesichts der sechswöchigen Verlet­zungsdauer ein Schmerzensgeld von 600 € zu. Dem Reporter habe demgegenüber kein Schmerzensgeld zugestanden. Zur Begründung trug es vor, dass der Reporter durch die unberechtigten Fotoaufnahmen das Persön­lich­keitsrecht der Mitglieder der Trauergemeinde verletzt habe. Das Verhalten des Wachmanns sei daher als Nothilfe gemäß § 227 BGB gerechtfertigt gewesen. Der Reporter legte gegen das Urteil Berufung ein. Seiner Meinung nach habe das Gericht nicht hinreichend berücksichtigt, dass er die Fotos nicht innerhalb des Fried­hof­ge­ländes angefertigt und dem Wachmann daher kein Nothilferecht zugestanden habe. Zudem habe dieser unangemessen reagiert.

Anspruch auf Schmerzensgeld bestand für Wachmann

Das Landgericht Frankfurt (Oder) bestätigte das Urteil des Amtsgerichts und wies die Berufung des Reporters zurück. Der Wachmann habe gemäß § 823 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Schmerzensgeld gehabt. Aufgrund des wider­recht­lichen Eingriffs in das allgemeine Persön­lich­keitsrecht der Trauernden, habe dem Wachmann zu Recht ein Recht­fer­ti­gungsgrund aus § 227 BGB zugestanden.

Fotoaufnahmen waren nicht vom Kunst­ur­he­ber­gesetz gedeckt

Die Fotoaufnahmen seien demgegenüber nicht gerechtfertigt gewesen, so das Landgericht weiter. Insbesondere habe keine Rechtfertigung nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG bestanden. Zwar könne eine Traue­r­fei­er­lichkeit eine Versammlung im Sinne der Vorschrift darstellen. Jedoch haben die Trauernden ein berechtigtes Interesse an dem Nicht­fo­to­gra­fieren der Beerdigung gehabt. Insofern habe das Persön­lich­keitsrecht der Betroffenen das Grundrecht der Meinungs- und Pressefreiheit des Reporters verdrängt.

Trauernde haben Anspruch auf ungestörte Trauer

Das Gericht erkannte zwar an, dass es sich bei einer Traue­r­fei­er­lichkeit um ein Ereignis handelt, welches zwangsläufig in der Öffentlichkeit stattfindet. Jedoch biete ein Friedhof in aller Regel ein hinreichendes Maß an Abgeschie­denheit von der breiten Öffentlichkeit. Solche Veranstaltungen seien daher grundsätzlich der Privatsphäre zuzuordnen. Die Angehörigen haben daher einen Anspruch darauf, dass ihre Trauer respektiert und nicht zum Gegenstand öffentlicher Berich­t­er­stattung gemacht wird. Dies gelte selbst dann, wenn der Verstorbene eine Person des öffentlichen Lebens war oder am Beerdi­gungs­vorgang aus sonstigen Gründen ein Infor­ma­ti­o­ns­in­teresse besteht. Es müsse bei Traue­r­fei­er­lich­keiten zudem beachtet werden, dass das allgemeine Persön­lich­keitsrecht gerade ermöglichen soll, sich frei von öffentlicher Beobachtung und dadurch verursachter Selbstkontrolle verhalten zu können. Die Menschenwürde (Art. 1 GG) verdiene angesichts des enormen emotionalen Drucks der Trauernden einen besonderen Schutz des Moments.

Standort des Fotografen war unerheblich

Das Gericht hielt es weiterhin für unerheblich, wo der Reporter zum Zeitpunkt der Fotoaufnahmen stand. Denn angesichts des Fortschritts der Fototechnik, welche hochqualitative Aufnahmen auch aus sehr großer Entfernung ermöglicht, bestehe eine erhöhte Schutz­be­dürf­tigkeit des Rechts am eigenen Bild.

Unangemessene Nothil­fe­handlung lag nicht vor

Darüber hinaus konnte das Gericht in dem Verhalten des Wachmanns keine unangemessene Nothil­fe­handlung sehen. Es sei nicht ersichtlich gewesen, dass der Wachmann nicht das ihm jeweils mildeste und zugleich erfolgs­ver­spre­chende Mittel eingesetzt hatte. In diesem Zusammenhang dürfe nicht außer Betracht bleiben, dass sich die aus einer Notwehr- bzw. Nothil­fe­handlung ergebenen Risiken einer Körper­ver­letzung vom Angreifer hingenommen werden müssen.

Quelle: Landgericht Frankfurt (Oder), ra-online (vt/rb)

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