Im zugrunde liegenden Fall wollte ein Reporter einer Zeitung Fotografien einer privaten Trauerfeier anfertigen, da der Verstorbene unter tragischen Umständen zu Tode kam. Nachdem die Familie des Verstorbenen die Aufnahme von Fotos ablehnte, postierte sich der Reporter außerhalb des Friedhofsgeländes und fertigte Fotos an. Der von der Familie des Verstorbenen beauftragte Wachschutz forderte den Reporter auf dies zu unterlassen. Da sich dieser weigerte dem nachzukommen, hielt der Wachmann seine Hand vor dem Objektiv und versuchte schließlich, sich mit seinem Körper vor den Fotoapparat zu stellen. Aufgrund der Erfolglosigkeit seiner Bemühungen packte der Wachmann den Reporter und es kam zu einer Rangelei. Beide Kontrahenten erlitten wegen der Auseinandersetzung Verletzungen und verklagten sich gegenseitig auf Zahlung von Schmerzensgeld.
Das Amtsgericht Frankfurt (Oder) sprach dem Wachmann angesichts der sechswöchigen Verletzungsdauer ein Schmerzensgeld von 600 € zu. Dem Reporter habe demgegenüber kein Schmerzensgeld zugestanden. Zur Begründung trug es vor, dass der Reporter durch die unberechtigten Fotoaufnahmen das Persönlichkeitsrecht der Mitglieder der Trauergemeinde verletzt habe. Das Verhalten des Wachmanns sei daher als Nothilfe gemäß § 227 BGB gerechtfertigt gewesen. Der Reporter legte gegen das Urteil Berufung ein. Seiner Meinung nach habe das Gericht nicht hinreichend berücksichtigt, dass er die Fotos nicht innerhalb des Friedhofgeländes angefertigt und dem Wachmann daher kein Nothilferecht zugestanden habe. Zudem habe dieser unangemessen reagiert.
Das Landgericht Frankfurt (Oder) bestätigte das Urteil des Amtsgerichts und wies die Berufung des Reporters zurück. Der Wachmann habe gemäß § 823 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Schmerzensgeld gehabt. Aufgrund des widerrechtlichen Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Trauernden, habe dem Wachmann zu Recht ein Rechtfertigungsgrund aus § 227 BGB zugestanden.
Die Fotoaufnahmen seien demgegenüber nicht gerechtfertigt gewesen, so das Landgericht weiter. Insbesondere habe keine Rechtfertigung nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG bestanden. Zwar könne eine Trauerfeierlichkeit eine Versammlung im Sinne der Vorschrift darstellen. Jedoch haben die Trauernden ein berechtigtes Interesse an dem Nichtfotografieren der Beerdigung gehabt. Insofern habe das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen das Grundrecht der Meinungs- und Pressefreiheit des Reporters verdrängt.
Das Gericht erkannte zwar an, dass es sich bei einer Trauerfeierlichkeit um ein Ereignis handelt, welches zwangsläufig in der Öffentlichkeit stattfindet. Jedoch biete ein Friedhof in aller Regel ein hinreichendes Maß an Abgeschiedenheit von der breiten Öffentlichkeit. Solche Veranstaltungen seien daher grundsätzlich der Privatsphäre zuzuordnen. Die Angehörigen haben daher einen Anspruch darauf, dass ihre Trauer respektiert und nicht zum Gegenstand öffentlicher Berichterstattung gemacht wird. Dies gelte selbst dann, wenn der Verstorbene eine Person des öffentlichen Lebens war oder am Beerdigungsvorgang aus sonstigen Gründen ein Informationsinteresse besteht. Es müsse bei Trauerfeierlichkeiten zudem beachtet werden, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht gerade ermöglichen soll, sich frei von öffentlicher Beobachtung und dadurch verursachter Selbstkontrolle verhalten zu können. Die Menschenwürde (Art. 1 GG) verdiene angesichts des enormen emotionalen Drucks der Trauernden einen besonderen Schutz des Moments.
Das Gericht hielt es weiterhin für unerheblich, wo der Reporter zum Zeitpunkt der Fotoaufnahmen stand. Denn angesichts des Fortschritts der Fototechnik, welche hochqualitative Aufnahmen auch aus sehr großer Entfernung ermöglicht, bestehe eine erhöhte Schutzbedürftigkeit des Rechts am eigenen Bild.
Darüber hinaus konnte das Gericht in dem Verhalten des Wachmanns keine unangemessene Nothilfehandlung sehen. Es sei nicht ersichtlich gewesen, dass der Wachmann nicht das ihm jeweils mildeste und zugleich erfolgsversprechende Mittel eingesetzt hatte. In diesem Zusammenhang dürfe nicht außer Betracht bleiben, dass sich die aus einer Notwehr- bzw. Nothilfehandlung ergebenen Risiken einer Körperverletzung vom Angreifer hingenommen werden müssen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 14.08.2013
Quelle: Landgericht Frankfurt (Oder), ra-online (vt/rb)