21.11.2024
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Landgericht Darmstadt Urteil16.06.2010

Flugverspätung um 23 Stunden: Airline muss auch bei technischem Defekt Ausgleich zahlenTechnische Probleme sind kein außer­ge­wöhn­licher Umstand

Bei einer Flugverspätung, die drei Stunden und mehr von der geplanten Ankunftszeit beträgt, kann der Fluggast Ansprüche auf Ausgleichs­zah­lungen geltend machen. Dies gilt nicht, wenn die Umstände der Verspätung vom Flugunternehmen "nicht beherrschbar" sind. Technische Defekte gehören jedoch in der Regel nicht dazu. Dies urteilte das Landgericht Darmstadt.

Die Klägerin des vorliegenden Falls forderte von einer Fluggesellschaft Ausgleichs­zah­lungen für vier Personen in Höhe von jeweils 600 Euro. Grund war die Verspätung eines Flugzeugs, das die Passagiere von La Palma in Spanien nach Düsseldorf bringen sollte. Dabei betrug die Verspätung 23 Stunden, so dass der Flug erst am Folgetag stattfinden konnte. Aus dem Umstand der Verspätung leitete die Klägerin einen Anspruch auf Ausgleichszahlung (nach Art. 7 Abs. 1 c der EG-Verordnung Nr. 261/2004) ab.

Flugge­sell­schaft: Ausgleichs­an­spruch nur bei Annullierung, nicht bei Verspätung

Die Flugge­sell­schaft beantragte Klageabweisung mit der Begründung, dass ein Anspruch nur bestehe, wenn es sich um eine Annullierung des Flugs handele. Im vorliegenden Fall wäre jedoch lediglich eine Verspätung eingetreten.

Entscheidung: Ausgleichs­an­spruch besteht bei Verspätung ab drei Stunden

Das Landgericht Darmstadt bestätigt einen Anspruch der Klägerin auf Ausgleichs­zahlung in Höhe von 400 Euro pro Person. Das Gericht begründete sein Urteil mit einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2009: Darin heißt es, dass Fluggäste, die einen Zeitverlust von mehr als drei Stunden abweichend von der geplanten Ankunftszeit erleiden, wie Fluggäste annullierter Flüge behandelt werden und damit einen Anspruch auf Ausgleichs­zahlung haben.

Kein Anspruch, wenn Verspätung auf "außer­ge­wöhnliche Umstände" zurückzuführen ist

Dieser Anspruch bestehe jedoch nicht, wenn die Verspätung auf außer­ge­wöhnliche Umstände zurückgehe, die vom Unternehmen nicht zu beherrschen seien. Der Begriff der "außer­ge­wöhn­lichen Umstände" werde in der EG-Verordnung nicht näher definiert, jedoch in Ziff. 14 der Erwägungsgründe mittels Beispielen präzisiert: politische Instabilität, schlechte Wetter­be­din­gungen, Sicher­heits­risiken, unerwartete Sicher­heits­mängel sowie Streiks gehören dazu.

Technische Probleme kein außer­ge­wöhn­licher Umstand

Die Flugge­sell­schaft behauptete schließlich, dass nach aufwendiger Untersuchung eine Störung an einer Druck­über­tra­gungs­leitung festgestellt worden sei. Darüber hinaus habe eine defekte Toilette das Flugzeug unter Wasser gesetzt und eine Trocknung notwendig gemacht. Das Risiko eines technischen Defekts falle nach Auffassung des Gerichts grundsätzlich in die betriebliche Sphäre der Flugge­sell­schaft und stelle demnach keinen außer­ge­wöhn­lichen Umstand dar. Eine Anspruchs­grundlage der Klägerin war damit gegeben. Die für die Höhe der Ausgleichs­zahlung entscheidende Entfernung zwischen Start- und Zielflughafen betrug jedoch nur 3.243 km und damit weniger als 3.500 km, weshalb ein geringerer Betrag von 400 Euro anstatt der geforderten 600 Euro pro Person anerkannt wurde.

Quelle: ra-online, Landgericht Darmstadt (vt/st)

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