21.11.2024
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Bundesgerichtshof Beschluss09.12.2010

BGH legt EuGH Fragen zu Ausgleichs­ansprüchen bei verspäteter Ankunft am Endziel gemäß der Flugga­st­rech­te­ver­ordnung vorAusgleichs­an­spruch bei Erreichen des Zielflughafens mit elfstündiger Verspätung

Der Bundes­ge­richtshof hat dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zu möglichen Ausgleichs­ansprüchen laut Flugga­st­rech­te­ver­ordnung vorgelegt, die in Zusammenhang mit verspäteten Ankünften am Endziel­flughafen stehen.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls verlangt von dem beklagten Luftfahrt­un­ter­nehmen unter anderem eine Ausgleichs­zahlung in Höhe von 600 Euro nach Artikel 7 der EU-Flugga­st­rech­te­ver­ordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unter­stüt­zungs­leis­tungen für Fluggäste im Fall der Nicht­be­för­derung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen). Für die Klägerin war bei der Beklagten eine Flugreise von Bremen über Paris und São Paulo nach Asunción/Paraguay gebucht. Die Klägerin erhielt bei Antritt der Reise in Bremen die Bordkarten für sämtliche Flüge. Der Abflug von Bremen nach Paris verzögerte sich um knapp zweieinhalb Stunden. Die Klägerin erreichte deshalb den planmäßig durchgeführten Anschlussflug von Paris nach São Paulo nicht mehr. Die Beklagte buchte die Klägerin auf einen späteren Flug um, mit dem sie rund elf Stunden später als ursprünglich vorgesehen in Asunción ankam.

Amtsgericht gibt Klage auf Ausgleichs­zahlung statt

Das Amtsgericht hat der Klage hinsichtlich der Ausgleichs­zahlung nach der Flugga­st­rech­te­ver­ordnung stattgegeben. Die insoweit zugelassene Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Gegen das Berufungsurteil hat das beklagte Luftfahrt­un­ter­nehmen Revision eingelegt.

BGH legt EuGH Frage zur Anwendbarkeit der Verordnung bei nur teilweiser Erfüllung der Voraussetzungen für Ausgleichs­zahlung vor

Der Bundes­ge­richtshof hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorab­ent­scheidung über die Fragen vorgelegt, ob dem Fluggast eine Ausgleichs­zahlung nach Artikel 6* und Artikel 7** der Flugga­st­rech­te­ver­ordnung zusteht, wenn sich der Abflug um eine Zeitspanne verzögert hat, die unterhalb der von der Verordnung definierten Grenzen (im konkreten Fall für einen Flug nach Südamerika vier Stunden) liegt, die Ankunft am letzten Zielort aber mindestens drei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit erfolgt, und ob dabei auch darauf abzustellen ist, dass der Abflug nur bei isolierter Betrachtung der ersten Teilstrecke nach Artikel 6 der Verordnung eine relevante Verspätung (mehr als zwei Stunden) aufgewiesen hat.

*Art. 6 Flugga­st­rech­te­ver­ordnung

Verspätung

(1) Ist für ein ausführendes Luftfahrt­un­ter­nehmen nach vernünftigem Ermessen absehbar, dass sich der Abflug

a) bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger um zwei Stunden oder mehr oder

b) bei allen inner­ge­mein­schaft­lichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km um drei Stunden oder mehr oder

c) bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen um vier Stunden oder mehr gegenüber der planmäßigen Abflugzeit verzögert, so werden den Fluggästen vom ausführenden Luftfahrt­un­ter­nehmen

i) die Unter­stüt­zungs­leis­tungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a) und Absatz 2 angeboten,

ii) wenn die nach vernünftigem Ermessen zu erwartende Abflugzeit erst am Tag nach der zuvor angekündigten Abflugzeit liegt, die Unter­stüt­zungs­leis­tungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben b) und c) angeboten und,

iii) wenn die Verspätung mindestens fünf Stunden beträgt, die Unter­stüt­zungs­leis­tungen gemäß Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a) angeboten.

(2) Auf jeden Fall müssen die Unter­stüt­zungs­leis­tungen innerhalb der vorstehend für die jeweilige Entfer­nungs­ka­tegorie vorgesehenen Fristen angeboten werden.

**Art. 7 Flugga­st­rech­te­ver­ordnung

Ausgleichsanspruch

(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichs­zah­lungen in folgender Höhe:

a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger,

b) 400 EUR bei allen inner­ge­mein­schaft­lichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km,

c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.

Bei der Ermittlung der Entfernung wird der letzte Zielort zugrunde gelegt, an dem der Fluggast infolge der Nicht­be­för­derung oder der Annullierung später als zur planmäßigen Ankunftszeit ankommt.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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