18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Landgericht Coburg Urteil16.07.2020

Sturz im Supermarkt: Super­ma­rkt­be­treiber haftet wegen Verletzung der Verkehrs­sicherungs­pflichtKundin hat Anspruch auf Schadensersatz

Die Klage einer Super­ma­rkt­kundin auf Schadensersatz nach einem Sturz war teilweise erfolgreich, weil der Super­ma­rkt­be­treiber bei Reini­gungs­a­r­beiten keine Siche­rungs­maß­nahmen ergriffen und hierdurch seine Verkehrs­sicherungs­pflicht verletzt hatte. Das Landgericht Coburg gab der Klage auf Zahlung eines Schmer­zens­geldes statt.

Die Klägerin war in der Lebens­mit­tel­filiale der Beklagten nach einem Einkauf kurz vor Geschäfts­schluss zwischen dem Kassenbereich und der Ausgangstür gestürzt und wurde hierbei verletzt. Kurze Zeit vor dem Sturz hatte ein Mitarbeiter der Beklagten den Boden dort mit einer Reini­gungs­ma­schine gesäubert. Weil sie auf einem unsichtbaren, schmierigen Film gestürzt sei, der von den Reini­gungs­a­r­beiten stamme, verlangte die Klägerin Schmerzensgeld und anderen Schadensersatz.

Super­ma­rkt­be­treiber verweist auf Eigen­ver­schulden der Klägerin

Der beklagte Super­ma­rkt­be­treiber behauptete, die Klägerin sei in Eile gewesen und deswegen gestürzt. Die Reini­gungs­a­r­beiten seien schon ca. zehn Minuten vorher und ordnungsgemäß durchgeführt worden. Der trittsichere und auch rutschhemmende Bodenbelag sei deshalb höchstens noch leicht feucht gewesen. Eine vollständige Abtrocknung des Bodens unmittelbar nach der Reinigung sei technisch gar nicht möglich. Der Sturz der Klägerin sei deshalb allgemeines Lebensrisiko. Außerdem habe die Klägerin die Reini­gungs­a­r­beiten auch wahrgenommen und sei deshalb selbst für den Sturz verantwortlich.

LG bejahrt Verletzung von Verkehrs­si­che­rungs­pflichten

Das Landgericht Coburg war davon überzeugt, dass die Klägerin aufgrund einer Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten stürzte. Der als Zeuge vernommene Mitarbeiter der Beklagten, der die Reini­gungs­ma­schine bedient hatte, bestätigte, dass die Klägerin unmittelbar nach den Reini­gungs­a­r­beiten gestürzt war. Ein Sachver­ständiger gab an, dass auch bei vorschrifts­mäßiger Bedienung der Reini­gungs­ma­schine auf dem Boden jedenfalls für kurze Zeit Feuchtigkeit zurückbleibt und die Rutschgefahr deshalb erhöht ist. Die Situation sei vergleichbar mit derjenigen, wenn aufgrund schlechten Wetters Feuchtigkeit in den Eingangsbereich hineingetragen wird.

Pflicht zur Warnung vor Rutschgefahr

Nach der Auffassung des Landgerichts Coburg war die Beklagte deshalb verpflichtet, seine Besucher vor dieser Rutschgefahr zu schützen, beispielsweise durch das Zurückstellen der Reini­gungs­a­r­beiten bis nach Geschäfts­schluss, das kurzzeitige Sperren des betroffenen Bereichs oder das Aufstellen von Warnschildern. All das sei der Beklagten leicht möglich, zumal im betroffenen Supermarkt seit dem Sturz der Klägerin auch tatsächlich Warnschilder aufgestellt werden.

Mit feuchtem Boden muss nicht gerechnet werden

Demgegenüber habe die Klägerin nicht mit der Feuchtigkeit auf dem Boden rechnen müssen. Selbst wenn sie die Reini­gungs­a­r­beiten wahrgenommen hatte, kann nicht davon ausgegangen werden, dass ihr die Funktionsweise der verwendeten Reini­gungs­ma­schine auch bekannt sein musste. Den Einwand der Beklagten, die Klägerin sei in Eile gewesen und möglicherweise vor dem Sturz gestolpert oder umgeknickt, ließ das Gericht nicht gelten. Weil sich nach der Aussage des Mitarbeiters der Beklagten der Sturz unmittelbar nach Durchführung der Reini­gungs­ma­schine ereignete und auch die Klägerin erklärt hatte, „aus heiterem Himmel“ gestürzt zu sein, kam der Klägerin der sogenannte Beweis des ersten Anscheins zugute.

Super­ma­rkt­be­treiber zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt

Das Gericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung eines Schmer­zens­geldes. Ein Mitverschulden der Klägerin wurde nicht angenommen. Hinsichtlich der weiter geltend gemachten Schaden­s­po­si­tionen wurde die Klage abgewiesen, hauptsächlich weil die Klägerin hierzu keine ausreichenden Angaben gemacht hatte.

Quelle: Landgericht Coburg, ra-online (pm/ab)

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