18.10.2024
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Landgericht Coburg Urteil27.09.2017

Anwohner muss Benutzung des Luftraums über seinem Grundstück für Repara­tu­r­a­r­beiten am Wohnhaus des Nachbarn nicht duldenLG Coburg zur Duldung von Arbeiten unter Einbeziehung des Nachba­r­grund­stücks

Das Landgericht Coburg hat entschieden, dass Anwohner nicht dazu verpflichten sind, die Benutzung des Luftraums über ihrem Grundstück zu dulden, damit von einem Kran Repara­tu­r­a­r­beiten am Dach des Wohnhauses der Nachbarn durchgeführt werden können.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nach einem Brandschaden musste das Dach des im Eigentum der Kläger stehenden Einfa­mi­li­en­hauses repariert werden. Einer der Kläger hatte deswegen mit den späteren Beklagten, besprochen, dass hierzu wegen der ungünstigen örtlichen Verhältnisse ein Kran den Luftraum über dem Grundstück der Beklagten benutzen darf. Dies wurde bei den provisorischen Dacharbeiten zunächst auch so praktiziert, bevor die Nachbarn miteinander in Streit gerieten und sich die Beklagten daraufhin an ihre Absprache nicht mehr gebunden fühlten. Ein Kläger behauptete, ohne die Benutzung des Grundstücks der Beklagten würden erheblich höhere Kosten verursacht, weil dann entweder ein größerer und teurer Kran an anderer Stelle aufgestellt werden oder am Grundstück der Kläger eine vorhandene Mauer teilweise abgerissen und später wieder neu errichtet werden müsse. Die Verweigerung der Zustimmung durch die Beklagten geschehe aus reiner Schikane. Aus Sicht der Beklagten war den Klägern sowohl der Einsatz eines größeren Krans als auch ein teilweises Entfernen ihrer Mauer zuzumuten, weil die hierdurch verursachten Mehrkosten bei Weitem nicht so hoch seien wie von den Klägern behauptet.

Mündliche Zusage stellt bloße unverbindliche Gefälligkeit ohne herleitbare Ansprüche dar

Erst während des Prozesses stellte sich heraus, dass ein Kläger, der seit vielen Jahren nicht mehr im betroffenen Anwesen wohnte, von den ganzen Streitigkeiten erst durch die Ladung zum Termin erfahren hatte und jedenfalls einen Anwalt in dieser Sache von ihm gar nicht beauftragt worden war. Das Gericht wies den für ihn gestellten Antrag deshalb bereits als unzulässig ab und hatte in der Sache selbst nur noch über den Antrag des weiteren Klägers zu entscheiden. Auch dieser blieb jedoch ohne Erfolg. Die frühere mündliche Zusage der Beklagten stelle danach eine bloße unverbindliche Gefälligkeit dar, aus welcher der Kläger keinen Anspruch herleiten könne.

Nachweis für deutlich höhere Kosten bei Nutzung von Alternativen nicht erbracht

Außerdem habe der Kläger zwar behauptet, dass die Alternativen eines größeren Krans an anderer Stelle oder des teilweisen Abrisses der eigenen Mauer deutlich höhere Kosten verursachen würden, einen Nachweis dafür habe er jedoch nicht erbracht. Schließlich lägen auch die Voraussetzungen für das sogenannte "Hammerschlags- und Leiterrecht" nach den Regelungen zum Bayerischen Nachbarrecht nicht vor. Hierfür hätte der Kläger gegenüber beiden Beklagten u. a. die beabsichtigten Arbeiten in ihrer konkreten Art und Weise wie auch deren voraus­sichtliche Dauer mindestens einen Monat vor Arbeitsbeginn anzeigen müssen, was jedoch nicht geschehen war

Verstoß gegen Schikaneverbot verneint

Zuletzt erkannte das Gericht auch keinen Verstoß gegen das Schikaneverbot. Das wäre dann der Fall gewesen, wenn die Beklagten ihr Recht nur ausgeübt hätten, um dem Kläger zu schaden. Da die Beklagten aber noch Restarbeiten im betroffenen Bereich ihres eigenen Grundstücks vornehmen lassen mussten, habe ein berechtigter Grund vorgelegen, die Benutzung des Luftraumes durch den Kläger zu verweigern.

Gericht verweist auf Regelungen zum Nachbarrecht gemäß Bayerischem Ausfüh­rungs­gesetz

Im Bayerischen Ausfüh­rungs­gesetz zum BGB fänden sich laut Gericht u. a. Regelungen zum Nachbarrecht wie beispielsweise zum Grenzabstand, zum Überbau durch Wärmedämmung und in Art. 46 a zum Hammerschlags- und Leiterrecht. Wenn notwendige Arbeiten an einem Grundstück beispielsweise aufgrund beengter örtlicher Verhältnisse nur unter Benutzung des Nachba­r­grund­stücks sinnvoll möglich seien, habe der Eigentümer danach bei Beachtung einer Reihe formaler Voraussetzungen einen Anspruch gegen seinen Nachbarn auf Duldung der Benutzung von dessen Grundstück, etwa zum Aufstellen eines Gerüsts oder zum Transport bzw. der Ablage von Baumaterialen.

Quelle: Landgericht Coburg/ra-online

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