21.11.2024
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Landgericht Coburg Urteil13.08.2010

LG Coburg: Sozia­l­hil­fe­träger kann Geldgeschenke an Angehörige bei Verarmung des Schenkers zurückverlangenBeschenkter muss Zahlung als Geldgeschenke für Familie und für Geschenke auf Jahre im Voraus beweisen können

Das Landgericht Coburg gab der Klage eines Sozia­l­hil­fe­trägers gegen die Tochter einer verstorbenen Schenkerin statt, die später Sozialhilfe erhalten hatte. Der Sozia­l­hil­fe­träger konnte nachweisen, dass die Tochter umfangreiche Schenkungen erhalten hatte und die verstorbene Mutter vor ihrem Tod bedürftig geworden war. Dementsprechend war der Sozia­l­hil­fe­träger berechtigt, wegen Verarmung der Schenkerin das Geld gemäß § 528 BGB (Rückforderung wegen Verarmung des Schenkers) zurückzufordern.

Im zugrunde liegenden Fall hatte die Mutter an ihre Tochter im Jahr 1994 ein Hausanwesen übertragen. Im Rahmen von Sanie­rungs­a­r­beiten schenkte die Mutter der Tochter im Jahr 2002 über 7.500 Euro und im Jahr 2003 über 5.500 Euro jeweils in bar. Von 2006 bis 2007 hielt sich die großzügige Mutter in einem Pflegeheim auf. Ihre Rente reichte aber nicht, die anfallenden Kosten zu decken, so dass sie ergänzende Sozialhilfe erhielt. Der Kläger als Sozia­l­hil­fe­träger wollte von ihm bezahlte Kosten von knapp über 12.000 Euro wegen Verarmung der Schenkerin gemäß § 528 BGB zurückfordern. Die beklagte Tochter weigerte sich und gab an, die Zahlungen ihrer Mutter seien nicht nur für sie alleine, sondern auch für ihren Ehegatten und ihre Kinder bestimmt gewesen. Sie sollten als Weihnachts- und Geburts­tags­ge­schenke für einige Jahre im Voraus gedacht sein. Darüber hinaus bestritt sie, dass der Sozia­l­ver­si­che­rungs­träger überhaupt so hohe Kosten für ihre Mutter aufgebracht habe. Letztlich berief sie sich auch darauf, dass sie die Schenkungen ihrer Mutter für ihren eigenen Bedarf benötige.

Sozia­l­hil­fe­träger belässt Anstandss­chenkung der Mutter in Höhe von 1.000 Euro bei der Tochter

Die Mutter hatte gegen ihre Tochter einen Anspruch gemäß § 528 BGB wegen Verarmung des Schenkers. Die Beklagte vermochte das Gericht nicht von ihrer Angabe, es habe sich um Geldgeschenke auf Jahre im Voraus für sich und ihre Angehörigen gehandelt, zu überzeugen. Nach Auffassung des Gerichts entspricht dies nicht der Lebenserfahrung. Auch die tatsächliche Verwendung zur Bezahlung von Handwer­ker­leis­tungen an einem Haus der Beklagten spricht dafür, dass die Schenkungen nur an sie erfolgt waren. Auch sah das Gericht die vom Sozia­l­hil­fe­träger erbrachten Leistungen zu Gunsten der verstorbenen Mutter als bewiesen an. Da nach sozia­l­recht­lichen Vorschriften der Anspruch der Mutter gegen die beschenkte Tochter auf den Sozia­l­hil­fe­träger übergegangen war, konnte dieser seinen Anspruch auch nach dem Tod der Mutter geltend machen. Dabei hatte der Sozia­l­hil­fe­träger sogar 1.000 Euro so genannte Anstandss­chen­kungen der Mutter an die Tochter bei dieser belassen.

Wirtschaftliche Notlage seitens der Tochter nicht schlüssig vorgetragen

Soweit die Tochter erklärt hatte, die Erfüllung des Rückfor­de­rungs­an­spruchs führe dazu, dass sie selber in wirtschaftliche Not gerate, hielt das Gericht diese Behauptung für nicht überzeugend. Es stellte fest, dass 1994 an die beklagte Tochter nicht nur ein Haus, sondern auch ein landwirt­schaft­liches Grundstück übertragen worden war. Dieses wurde später von der Tochter zum Zweck des Sandabbaus verkauft. Den Erlös hieraus gab die Tochter vor Gericht nicht an. Das Gericht hatte jedoch Anhaltspunkte dafür, dass hierfür ein Betrag von mehreren 100.000 Euro erzielt worden war. Daher hielt das Gericht eine wirtschaftliche Notlage der Tochter (so genannter Notbedarf) für nicht einmal schlüssig vorgetragen, geschweige denn nachgewiesen.

Daher gab das Landgericht der Klage des Sozia­l­hil­fe­trägers in vollem Umfang statt.

Quelle: Landgericht Coburg/ra-online

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