Im vorliegenden Fall wurde eine Frau von ihrer Hündin mehrfach in beide Hände gebissen, nachdem das Tier einen Stromschlag durch das defekte Kabel einer Weihnachtsbeleuchtung erlitten hatte. Die Halterin ging mit ihrer Hündin einen Gehweg entlang, vorbei an einem Mast, an dem die Weihnachtsbeleuchtung angebracht war, als sich das Tier ohne zunächst erkennbaren Grund auf den Boden warf und schrie. Als sich die Frau ihrem Haustier zuwandte, biss dieses zu. Nach Meinung der Klägerin, die nach dem Vorfall eine Elektrofirma mit der Überprüfung beauftragte, sei der Erdboden rings um den Masten elektrisiert gewesen und habe der Hündin, begünstigt durch den an diesem Tag anhaltenden Regen, den Stromschlag zugefügt.
Nachdem die Halterin mehrere Bisswunden und Quetschungen an beiden Händen erlitt, Nervenschäden davontrug und der linke Mittelfinger seit dem Vorfall nicht mehr gebrauchsfähig ist, forderte sie ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.000 DM. Die Stadt - als Besitzerin der Beleuchtungsanlage - verteidigte sich mit der Behauptung, der Hund habe nur deshalb einen Stromschlag erlitten, weil er gegen den Masten uriniert habe. Der Defekt des Kabels sei vorher nicht sichtbar gewesen und der Schutzzweck umfasse nicht den Schutz von Hunden, die gegen Beleuchtungsmasten urinieren würden.
Das Landgericht Bückeburg verurteilte den Besitzer der Beleuchtungsanlage zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in der geforderten Höhe von 1.000 DM. Es habe im Rahmen der gebotenen Verkehrssicherungspflicht die Notwendigkeit bestanden, sämtliche Kabel in regelmäßigen Abständen auf Schäden zu überprüfen, vor allem, da die Weihnachtsbeleuchtung mit einer Spannung von 220 Volt betrieben werde. Wie ein Zeuge aussagte, seien die Stromkabel aber 20 Jahre lang nicht auf Schwachstellen überprüft worden. Die Beleuchtung sei lediglich auf die Funktionsfähigkeit der einzelnen Lampen hin getestet worden.
Für das Gericht galt es als erwiesen, dass der Stromschlag den Hund getroffen und sein Verhalten bewirkt habe. Am selben Tag ereigneten sich an derselben Stelle ähnliche Vorfälle, bei denen Hundehalter vom plötzlichen Schreien und Schütteln ihrer Tiere überrascht worden seien. Ausschlaggebend sei im vorliegenden Fall auch nicht die vom Beklagten angeführte theoretische Möglichkeit, dass der Hund durch das Urinieren an den Mast den Schlag erlitten haben könnte.
Im vorliegenden Fall könne dies ohnehin ausgeschlossen werden, da Hündinnen nicht wie ihre männlichen Artgenossen gegen Masten urinieren würden. Die Verletzung der Klägerin sei demnach auf den Stromschlag zurückzuführen und stehe damit in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Defekt des Stromkabels. Das Urteil sei vor allem dadurch gerechtfertigt, dass der Beklagte das Kabel über eine Dauer von 20 Jahren nicht ausreichend überprüft hatte, was ein erhebliches Verschulden darstelle und damit die Zahlung des Schmerzensgeldes rechtfertige.
Erläuterungen
Die Entscheidung ist aus dem Jahre 1997 und erscheint im Rahmen der Reihe "Kuriose Urteile".
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 12.01.2012
Quelle: ra-online, Landgericht Bückeburg (vt/st)