22.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Landgericht Osnabrück Entscheidung10.03.2005

Verkehrs­si­che­rungs­pflichten bei ländlichen Reitturnieren

Die im Landkreis Osnabrück wohnende Klägerin nahm im Sommer 2001 im Alter von damals 14 Jahren an einem Reitturnier im nördlichen Landkreis von Osnabrück teil, welches durch den beklagten Verein jährlich durchgeführt wird. Nachdem sie ihr Springen absolviert hatte, stieg das Pferd auf dem Trans­por­ter­pa­rkplatz plötzlich auf, wodurch die Klägerin zu Fall kam und sich sehr schwer im Oberkör­per­bereich verletzte (u.a. Rippen­se­ri­en­fraktur, Lungen­quet­schungen, Riss des Lungen­un­ter­lappens). Bei dem Trans­por­ter­pa­rkplatz handelte es sich um eine Weide, die von einem Elektrozaun umgeben war. Der Zaun war im Bereich der Einfahrt unterbrochen. Auf dem Nachba­r­grundstück befand sich ein offener Stall, in dem das Netzgerät für die Stromzufuhr des Weidezauns untergebracht war.

Die Klägerin verlangte mit der Klage ein Schmerzensgeld von mindestens 17.800,00 Euro sowie Schadensersatz von knapp 8.200,00 Euro mit der Behauptung, dass das Pferd mit dem Kopf an den Elektrozaun gekommen sei und dadurch einen Stromstoß erhalten hätte. Es sei auch nicht ausreichend gewesen, dass bei dem Turnier kein Notarzt anwesend gewesen sei. So habe es eine halbe Stunde gedauert, bis der Notarzt eingetroffen sei.

Der Beklagte hat vorgetragen, der Zaun habe nicht unter Strom gestanden, da der Zaun auch im Bereich der Ausfahrt unterbrochen gewesen sei. Es sei ein Rettungs­sa­nitäter vor Ort gewesen. Damit hätte er sich an die Richtlinien der Deutschen Reiterlichen Vereinigung gehalten.

Das Gericht hat die Klage nach der Vernehmung vom vier Zeugen und der Einholung eines Sachver­stän­di­gen­gut­achtens abgewiesen und die Entscheidung auf zwei Gründe gestützt:

Zum einen hätte die Klägerin den behaupteten Unfallhergang nicht beweisen können. Dabei hat sich das Gericht auf die Aussage des Rettungs­sa­ni­täters gestützt. Dieser hätte glaubhaft geschildert, dass er durch den Zaun zu Unfallstelle gerannt sei, ohne einen Stromschlag zu bekommen. Ein weiterer Zeuge hätte glaubhaft angegeben, dass er am Abend vor dem Turnier von der Beklagten die Anweisung bekommen hätte, das Netzgerät vom Strom zu nehmen, was dann auch geschehen sei. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass der Zaun an zwei Stellen unterbrochen und deshalb vermutlich schon aus diesem Grund in dem Vorfallsbereich nicht stromführend gewesen sei, da sich der Unfall genau auf dem Stück zwischen den beiden Unterbrechungen ereignet hatte.

Darüber hinaus hat die Kammer ausgeführt, dass selbst für den Fall des Nachweises des behaupteten Unfallhergangs eine Pflicht­ver­letzung der Beklagten weder im Hinblick auf die Kontrolle des Zauns, noch auf die Bereitstellung eines Notarztes festzustellen sei:

So hat sich die Kammer nach Anhörung des Sachver­ständigen auf den Standpunkt gestellt, dass selbst ein stromführender Zaun eine Verkehrs­si­che­rungs­pflicht nicht verletze, weil der Unfall sich nicht auf dem eigentlichen Turniergelände, sondern auf dem Trans­por­terplatz ereignet hätte. Es hätte sich um einen für Tierhaltung zugelassenen Stromzaun gehandelt, eine unregelmäßige Stromführung sei nach den Ausführungen des Sachver­ständigen ausgeschlossen.

Zudem könne von dem Veranstalter nicht verlangt werden, dass er während des Turniers kontrolliere, ob die einmal unterbrochene Stromzufuhr durch Unbefugte wieder hergestellt worden sei. Die Kammer hat diesbezüglich ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ländliche Reitturniere von dem Engagement und der ehrenamtlichen Tätigkeit der veranstaltenden Vereins­mit­glieder getragen und überwiegend von Teilnehmern besucht würden, die den Reitsport als Hobby betreiben. Würde man hier den gleichen Sicher­heits­s­tandard wie auf großen Reitturnieren erreichen, würden etliche Reitvereine in finanzieller Hinsicht überfordert werden. Darüber hinaus hätte sich das Netzgerät abseits des Turniergeländes in einem hinter einem Wohngebäude gelegenen Stall befunden. Unter Berück­sich­tigung dieses konkreten Hintergrundes sei nicht ohne weiteres damit zu rechnen, dass unbefugte Dritte sich auf dieses Gelände begeben würden, um dort den Stecker eines Netzgerätes zu vermuten, zu suchen und wieder einzustöpseln.

Auch ein Notarzt hätte nicht vor Ort sein müssen, da der Beklagte Verein nach Überzeugung des Gerichts den Sicher­heits­an­for­de­rungen genügt hatte. Für die Beklagte seien die Regelungen der "Leistungs-Prüfungs-Ordnung” maßgeblich gewesen. Danach sei es ausreichend, dass ein Rettungs­sa­nitäter und ein Sanitätshelfer vor Ort sei. Diese Vorsichts­maß­nahmen seien ausreichend. Würde man die ständige Anwesenheit eines Notarztes verlangen, würden damit kleine ländliche Turnier­ver­an­stalter vor große Schwierigkeiten gestellt. Das gelte jedenfalls dann, wenn die schnelle Erreichbarkeit eines Notarztes gesichert sei. Im vorliegenden Fall sei der Notarzt nach 6 bis 8 Minuten eingetroffen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Klägerin hat Berufung eingelegt.

Quelle: Pressemitteilung des OLG Osnabrück vom 09.05.2005

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