Dem Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Mieter eines im Jahr 1955 errichteten Altbaus beschwerten sich über in Wohn- und Schlafzimmer auftretende deutlich wahrnehmbare Pinkelgeräusche aus der Nachbarwohnung. Sie verlangten von ihrer Vermieterin Maßnahmen zu ergreifen, um die Geräuschbelästigung zu unterbinden. Zudem begehrten sie eine Mietminderung. Die Vermieterin wies die Ansinnen zurück. Denn zum einen sei mit solchen Geräuschen in einem nicht sanierten Altbau zu rechnen. Zum anderen haben es die Mieter unterlassen anzugeben, wann die Geräusche auftraten. Aufgrund der Weigerung der Vermieterin ihren Begehren nachzukommen, erhoben die Mieter Klage. Das Amtsgericht Charlottenburg gab der Klage statt. Dagegen richtete sich die Berufung der Vermieterin.
Das Landgericht Berlin gab der Vermieterin Recht. Die Mieter haben weder einen Anspruch auf Mängelbeseitigung noch ein Recht auf Mietminderung gehabt. Denn die Wohnung sei wegen der vernehmbaren Urinstrahlgeräusche aus der Nachbarwohnung nicht mit einem Mangel behaftet gewesen.
Ohne entsprechende vertragliche Regelungen sei ein Vermieter, nach Auffassung des Landgerichts, in der Regel nicht verpflichtet, einen gegenüber den Grenzwerten der zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden DIN-Norm erhöhten Schallschutz zu gewährleisten (BGH, Urteil v. 07.07.2010 - VIII ZR 85/09 -). Die Vermieterin sei insoweit nicht zu einer Anpassung der Wohnung an aktuelle technische Bauvorschriften verpflichtet gewesen. Dazu sei gekommen, dass eine nicht modernisierte und sanierte Altbauwohnung aus den 1950er Jahren vermietet wurde. Daher haben die Mieter nur den Standard erwarten dürfen, der bei entsprechenden nicht modernisierten und sanierten Bauten aus dieser Zeit üblich ist.
Darüber hinaus habe nach Ansicht des Landgerichts ohnehin kein Verstoß gegen die Schallschutzwerte der neuen DIN 4109 vorgelegen. Zum einen ergebe sich aus der Norm nicht, dass Geräusche der Toilettenbenutzung aus der Nachbarwohnung nicht wahrnehmbar sein dürfen. Zum anderen haben die Urinstrahlgeräusche auf der Keramik lediglich einen Geräuschpegel von 27 dB (A) verursacht und haben damit unterhalb des zulässigen Pegels von 30 dB (A) gelegen. Zwar haben die Pinkelgeräusche, die durch das direkte Auftreffen auf das Wasser entstanden, den zulässigen Wert überschritten. Dies führe jedoch nicht dazu, dass ein Mindeststandard des Schallschutzes nicht gewährleistet wird. Denn vereinzelt auftretende Geräuschbelästigungen müssen hingenommen werden.
Anders als das Urteil der Parallelkammer (LG Berlin, Urteil vom 20.04.2009, 67 S 335/08) zu einem im Jahre 1979 errichteten Gebäude, sah die hier erkennende Kammer für das Vorliegen eines Mangels nicht als ausreichend an, dass es die Toilettengeräusche sind, die aus der Nachbarwohnung im Wohnbereich des Mieters auftreten. Soweit die Parallelkammer ihre Entscheidung damit begründet habe, dass solche sehr penetranten und unangenehmen Geräusche gegebenenfalls im eigenen Bad hinnehmbar seien, nicht jedoch im Wohnbereich, der auch für die Einnahme von Speisen und den Besuch und Empfang von Gästen genutzt werde, sah de hier erkennende Kammer nicht das Erfordernis, nach der Art der wahrnehmbaren Geräusche zu unterscheiden. Bei der Frage des Schallschutzes komme es allein auf die Lautstärke der Geräusche an.
Der Umstand, dass die Mieter jederzeit mit dem Auftreten von Pinkelgeräuschen rechnen mussten, habe aus Sicht des Gerichts nicht dazu geführt, dass die Erholungsfunktion des Schlafzimmers beeinträchtigt war. Denn, wie das Landgericht ausführte, bestehe sogar bei neueren Bauten kein Anspruch auf einen solchen Schallschutz, der jegliche Vernehmbarkeit von Geräuschen ausschließt. Die mit der Angst vor dem Auftreten von Pinkelgeräuschen entstehende Beeinträchtigung der Erholung, stelle keinen durch den Vermieter zu behebender Mangel dar. Eine solche Beeinträchtigung müsse in Anbetracht des Alters des Gebäudes hingenommen werden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 11.07.2013
Quelle: Landgericht Berlin, ra-online (vt/rb)