18.10.2024
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Landgericht Berlin Urteil03.08.2016

Kaffee­fahrt­veranstalter darf Widerrufsrecht bei Matrat­zen­ver­käufen nicht aushebelnEinschränkungen des Widerrufsrechts gesetzlich derart nicht vorgesehen

Das Landgericht Berlin hat die Verkaufspraxis eines Kaffee­fahrt­veranstalters untersagt, bei der gekaufte Matratzen bei der Lieferung direkt ausgepackt und auf das entsprechende Bett gelegt wurden. Ein Umtausch der Ware war laut Widerrufs­belehrungen des Veranstalters jedoch bei bereits ausgepackten Artikeln nicht mehr möglich.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger aus Finsterwalde hatte sich auf seine Busreise nach Berlin mit Frühstück, Mittagessen und Stadtrundfahrt gefreut. Zunächst aber wurden den Teilnehmern auf einer Verkaufs­ver­an­staltung Matratzen zum Kauf angeboten. Der Kläger kaufte zwei Matratzen für fast 2.600 Euro, die noch am gleichen Abend von dem Unternehmen bei ihm zu Hause angeliefert wurden. Direkt an der Haustür unterschrieb er, dass er mit dem Auspacken der Matratzen und Platzierung auf seine Betten einverstanden sei.

Kaffee­fahrt­ver­an­stalterin verweigert Rücknahme der Matratze mit Verweis auf Wider­rufs­be­leh­rungen

Da der Kläger mit seinem Kauf nicht zufrieden war, wollte er die Matratzen kurz danach wieder zurückgeben. Damit war er eigentlich im Recht, denn bei auf Kaffeefahrten gekauften Waren steht dem Käufer ein gesetzliches Widerrufsrecht von zwei Wochen ab Übergabe der Ware zu, wenn er ordnungsgemäß darüber informiert wurden. Ansonsten bleibt sogar noch länger Zeit für einen Widerruf. Trotzdem wollte die Kaffee­fahrt­ver­an­stalterin die Matratzen nicht mehr zurücknehmen. Denn die RSC Aktiv & Vital GmbH schloss in ihrer auf dem Kaufvertrag abgedruckten Widerrufsbelehrung die Rückgabe von reduzierten, geöffneten oder benutzten Waren ausdrücklich aus.

Kunde dürfen Ware vergleichbar wie im Ladengeschäft auch testen

Die Verbrau­cher­zentrale Brandenburg hielt diese Vorgehensweise für unzulässig, weswegen die Verbrau­cher­schützer vor dem Landgericht Berlin geklagt hatten. Die Richter gaben der Verbrau­cher­zentrale Recht und urteilten, dass das Gesetz solche Einschränkungen des Widerrufsrechts nicht vorsehe. So dürfe der Kunde die Ware vergleichbar wie im Ladengeschäft sogar testen. Voraussetzung sei, dass er dabei sorgsam vorgehe und die Ware nicht beschädige oder verschmutze. Habe der Kunde, wie auf einer Kaffeefahrt, gar keine Möglichkeit, verschiedene Angebote zu prüfen und miteinander zu vergleichen, sei auch eine längere Testphase durchaus zulässig.

Bloße Verpackung stellt noch keine Versiegelung dar

Zudem stellten die Richter klar, dass es zwar Verträge über Waren gebe, die laut Gesetz aus Gründen des Gesund­heits­schutzes oder der Hygiene nach dem Entfernen der Versiegelung nicht mehr widerrufen werden können. Dazu können Kosmetika, Windeln und bestimmte medizinische Produkte gehören. Der Kaffee­fahrt­ver­an­stalter hatte vor Gericht unter anderem argumentiert, dass Matratzen zu diesen Artikeln gehören würden und dass sein Vorgehen daher zulässig sei. Doch nach Ansicht der Richter zählten Matratzen eher nicht zu dieser Warengruppe. Außerdem hätte keine Versiegelung in Sinne des Gesetzes vorgelegen, weil eine bloße Verpackung keine Versiegelung darstelle. Denn eine solche müsse eindeutig als Versiegelung erkennbar sein. Zudem erläutrere die Verbrau­cher­zentrale, dass der Händler deutlich darüber informieren müsse, wenn ein Kunde bei bestimmten Produkten nach Siegelbruch sein Widerrufsrecht verliert.

Quelle: Verbraucherzentrale Brandenburg/ra-online

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