15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 14677

Drucken
Urteil05.07.2012Landesarbeitsgericht Köln6 Sa 71/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • ArbRB 2013, 11Zeitschrift: Arbeits-Rechts-Berater (ArbRB), Jahrgang: 2013, Seite: 11
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
ergänzende Informationen

Landesarbeitsgericht Köln Urteil05.07.2012

Anzeige gegen Arbeitgeber kann Kündigungsgrund rechtfertigenArbeitnehmer muss trotz eigenem Recht auf freie Meinung­s­äu­ßerung grundsätzlich den Ruf des Arbeitgebers schützen

Das Landes­arbeitsgericht Köln hat die fristlose Kündigung einer Hauswirt­schafterin für wirksam erklärt, die mit der Betreuung von zwei Kindern im Alter von zehn Monaten und zwei Jahren beschäftigt war und die Eltern der Kinder beim Jugendamt angezeigt hatte. Nach Auffassung des Gerichts hätte die Hauswirt­schafterin - unabhängig von der möglichen Richtigkeit ihrer Beschuldigungen - unter Beachtung ihrer Loyali­täts­pflichten zunächst eine interne Klärung mit dem Ehepaar versuchen müssen.

Im zugrunde liegenden Streitfall wandte sich eine Hauswirt­schafterin gegen ihre fristlose Kündigung. Diese war ausgesprochen worden, nachdem die Eheleute der Hauswirt­schafterin zuvor schon in der Probezeit fristgemäß gekündigt hatten. Die Hauswirt­schafterin hatte sich danach an das Jugendamt gewandt und über Verwahrlosung und dadurch hervorgerufene körperliche Schäden der zehn Monate alten Tochter berichtet. Ein kinder­ärzt­liches Attest wies dagegen aus, dass die Tochter einen altersgemäß unauffälligen Unter­su­chungs­befund habe. Zeichen von Verwahrlosung lägen nicht vor.

Hauswirt­schafterin hätte zunächst interne Klärung mit dem Ehepaar versuchen müssen

Die Klage blieb vor dem Landes­a­r­beits­gericht Köln jedoch erfolglos. Das Landes­a­r­beits­gericht sah in der Anzeige eine unver­hält­nis­mäßige Reaktion auf die zuvor ausgesprochene ordentliche Kündigung. Selbst dann, wenn die Vorwürfe als richtig unterstellt würden, habe die Hauswirt­schafterin unter Beachtung ihrer Loyali­täts­pflichten zunächst eine interne Klärung mit dem Ehepaar versuchen müssen. Erst nach Scheitern eines solchen Versuches habe eine Behörde eingeschaltet werden dürfen. Ob die Behauptungen der Hauswirt­schafterin zutreffend seien, hat das Landes­a­r­beits­gericht dahinstehen lassen.

Anzeige des Arbeitnehmers gegen Arbeitgeber ist gesetzlich dem Recht auf freie Meinung­s­äu­ßerung zuzuordnen

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte seien Anzeigen eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber gesetzlich dem Recht auf freie Meinung­s­äu­ßerung nach Art. 10 der Europäischen Menschen­rechts­kon­vention zuzuordnen. Allerdings habe ein Arbeitnehmer grundsätzlich auch den Ruf des Arbeitgebers zu schützen. Nach Aussage des Gerichts sei zwischen diesen Rechten und Pflichten eine Abwägung vorzunehmen, wenn es um die Frage gehe, ob ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer kündigen dürfe, der ihn anzeigt habe. Wesentlich sei dabei nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte unter anderem, ob der Arbeitnehmer die Offenlegung in gutem Glauben und in der Überzeugung vorgenommen habe, dass die Information wahr sei, dass sie im öffentlichen Interesse liege und dass keine anderen, diskreteren Mittel existierten, um gegen den angeprangerten Missstand vorzugehen.

Quelle: Landesarbeitsgericht Köln/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil14677

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI