23.11.2024
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Dokument-Nr. 31280

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Urteil16.09.2021Landesarbeitsgericht Köln6 Sa 160/21
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Landesarbeitsgericht Köln Urteil16.09.2021

Bindung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an Art. 33 Abs. 2 GGÖffentlich-rechtlicher Rundfunk muss Stellen nach Grundsatz der Bestenauslese besetzen

Einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt gegenüber können sich Stellenbewerber auf Art. 33 Abs. 2 GG berufen, der jedem Deutschen nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt gewährt. Die Rundfunk­freiheit des Senders steht der grundsätzlichen Anwendbarkeit dieser Norm nicht entgegen, erweitert aber den Entscheidungs­spielraum bei der Personalauswahl. Dies hat das Landes­arbeits­gericht Köln entschieden.

Die Parteien des Rechtsstreits streiten im Wege der Konkur­ren­tenklage um eine Stellen­be­setzung bei der Beklagten, einer öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalt. Nach Ausschreibung einer Stelle als Leiter/Leiterin der Ereig­nis­re­daktion entschied sich die Beklagte für einen Mitbewerber des Klägers, ohne im Rahmen des Auswahl­pro­zesses die wesentlichen Auswah­ler­wä­gungen in Gestalt eines wertenden und alle Bewerber betreffenden Auswahlvermerks schriftlich niedergelegt zu haben. In dem von ihm angestrengten Verfahren war der Kläger der Ansicht, er hätte für die Stelle ausgewählt werden müssen, da er der am besten Geeignete gewesen sei. Zumindest habe das Beset­zungs­ver­fahren mangels einer ausreichenden Dokumentation wiederholt werden müssen. Die Beklagte berief sich auf ihre grundrechtlich garantierte Rundfunk­freiheit aus Art. 5 GG und vertrat die Ansicht, sie könne nicht gleichzeitig grund­rechts­be­rechtigt und grund­rechts­ver­pflichtet sein. Sie treffe daher nicht die Pflicht zur Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG. Bei der ausge­schriebenen Stelle handele es sich zudem um kein öffentliches Amt.

Bewerber hat Anspruch auf Neubescheidung seiner Bewerbung

Während erstinstanzlich die Klage abgewiesen wurde, hatte die Berufung vor dem Landes­a­r­beits­gericht Köln nunmehr insoweit Erfolg, als der Beklagten aufgegeben wurde, über die Bewerbung des Klägers neu zu entscheiden. Die Beklagte ist nach diesem Urteil Adressatin der Verpflichtung aus Art. 33 Abs. 2 GG, da sie in ihrer Rechtsform als Anstalt des öffentlichen Rechts einen Teil der öffentlichen Verwaltung im formellen Sinne darstellt und trotz der Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zur insoweit grund­rechts­ge­bundenen öffentlichen Gewalt gehört. Die Staatsferne schließt die Anwendung des Art. 33 Abs. 2 GG nicht aus, erweitert aber den Entschei­dungs­spielraum bei der konkreten Auswah­l­ent­scheidung. Um die Überprüfung der Auswah­l­ent­scheidung an dem Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG zu ermöglichen, war der Sender daher verpflichtet, die wesentlichen Auswah­ler­wä­gungen schriftlich niederzulegen. Da er dies nicht im ausreichenden Maß dokumentiert hat, ist der Bewer­ber­ver­fah­rens­an­spruch des Klägers verletzt worden, so dass ihm ein Anspruch auf Neubescheidung seiner Bewerbung zusteht.

LAG lässt Revision zu

Während das Verhältnis des Art. 33 Abs. 2 GG zur grundgesetzlich geschützten Selbst­ver­waltung der Kirchen und zur Wissen­schafts­freiheit der Universitäten bereits Gegenstand höchst­rich­ter­licher Entscheidungen gewesen ist, ist dieses Verhältnis zur Rundfunk­freiheit bisher vom Bundes­a­r­beits­gericht noch nicht entschieden worden.

Quelle: Landesarbeitsgericht Köln, ra-online (pm/aw)

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