24.11.2024
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Landesarbeitsgericht Hamm Urteil17.10.2014

Praktikantin hat keinen Anspruch auf ArbeitslohnLAG Hamm weist Klage auf Nachzahlung von über 17.000 Euro Arbeitslohn zurück

Das Landes­arbeits­gericht hat die Klage einer Frau zurückgewiesen, die im Rahmen eines Praktikums über 1.728 Stunden in einem Supermarkt gearbeitet hatte und daraufhin für diese Tätigkeit einen Lohn von über 17.000 Euro gefordert hatte. Das Landes­arbeits­gericht entschied jedoch, dass der Frau kein Anspruch auf Zahlung von Arbeitsentgelt zustehe, da zwischen den Parteien kein Arbeits­ver­hältnis begründet worden sei. Die Frau habe als Teilnehmerin einer berufs­vor­bereitenden Maßnahme der Bundesagentur für Arbeit das Praktikum absolviert und in dieser Zeit Leistungen der Arbeitsagentur erhalten.

Der Beklagte des zugrunde liegenden Streitfalls führte einen Supermarkt in Bochum. Dort beschäftigte er etwa 12 Mitarbeiter. Die Klägerin besuchte bis 2010 die Hauptschule. Im Oktober 2012 bewarb sich die Klägerin bei dem Beklagten um einen Ausbil­dungsplatz als Verkäuferin und erklärte sich auch bereit, ein Praktikum aufzunehmen. Die Parteien verständigten sich auf die Durchführung eines Praktikums.

Beklagte schließt mit Klägerin Prakti­kums­vertag ab

Der Beklagte schloss mit dem Bildungszentrum des Handels e.V. als Trägerverein einen "Rahmenvertrag zur Ableistung eines Praktikums". Er schloss außerdem mit der Klägerin sowie mit dem Trägerverein einen dreiseitigen "Prakti­kums­vertrag", der u. a. vorsah, dass die Klägerin einen Einblick in das Berufsfeld mit seinen Arbeits­be­din­gungen und Arbeits­an­for­de­rungen erhalten sollte und Grundkenntnisse des betreffenden Berufsbildes vermittelt werden. Das Praktikum war zunächst für die Dauer eines Monats vereinbart, wurde dann aber mehrmals aufgrund vertraglicher Vereinbarungen zwischen den Parteien verlängert.

Klägerin erhält während Praktikumszeit Berufs­aus­bil­dungs­beihilfe von der Bundesagentur für Arbeit

Die Klägerin war vom 25. Oktober 2012 bis zum 4. Juli 2013 für den Beklagten tätig. Die Klägerin erhielt in diesem Zeitraum von der Bundesagentur für Arbeit sogenannte Berufs­aus­bil­dungs­beihilfe und von dem Trägerverein Zuschüsse für eine Monatskarte für Fahrten im ÖPNV. In den Monaten November und Dezember 2012 nahm die Klägerin an insgesamt acht Tagen an einem Unterricht des Trägervereins teil, der in einer Berufsschule erfolgte.

Klägerin verlangt Entlohnung ihrer Tätigkeit

Die Klägerin hat geltend gemacht, sie habe während ihres gesamten Tätig­keit­zeitraums insgesamt 1.728 Stunden und 15 Minuten für den Beklagten gearbeitet. Nicht die Ausbildung, sondern die Arbeitsleistung habe im Vordergrund gestanden, so dass ihre Tätigkeit in Anlehnung an die tariflichen Entgelt­strukturen im Einzelhandel NRW mit 10 Euro brutto pro Stunde zu entlohnen sei.

Beklagte verneint Vergü­tungs­pflicht für berufs­vor­be­reitende Bildungs­maß­nahmen

Der Beklagte hat vorgetragen, bei dem von der Klägerin absolvierten Praktikum habe es sich um eine berufs­vor­be­reitende Bildungs­maßnahme gehandelt, daher bestehe keine Vergü­tungs­pflicht. Die Klägerin habe die verschiedenen Tätig­keits­be­reiche einer Verkäuferin im Lebens­mit­te­l­ein­zel­handel kennengelernt und sei sowohl durch ihn persönlich wie auch durch weitere Mitarbeiter im Rahmen des durchgeführten Praktikums betreut, begleitet und eingewiesen worden.

Arbeitsgericht bejaht Vorliegen eines vergü­tungs­pflichtigen Arbeits­ver­hält­nisses

Das Arbeitsgericht Bochum gab der Klage statt und verurteilte den Beklagten zur Zahlung von 17.281,50 Euro brutto. Das Arbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass zwischen den Parteien kein bloßes Prakti­kums­ver­hältnis, sondern ein vergü­tungs­pflichtiges Arbeitsverhältnis bestanden habe. Die Klägerin sei als vollwertige Arbeitskraft des Beklagten anzusehen. Sie habe im Betrieb verwertbare Arbeits­leis­tungen erbracht. Es sei nicht festzustellen, dass der Ausbil­dungszweck im Vordergrund gestanden habe. Der Beklagte habe nicht konkret dargelegt, welche Fähigkeiten oder Tätigkeiten die Klägerin im Rahmen eines Praktikums zu erlernen hatte, inwieweit Quali­fi­ka­ti­o­ns­de­fizite der Klägerin im Rahmen eines Ausbil­dungs­kon­zeptes hätten ausgeglichen werden müssen und dies tatsächlich auch geschehen sei.

LAG verneint Vorliegen eines Arbeits­ver­hält­nisses und hebt Entscheidung des Arbeitsgerichts auf

Das Landes­a­r­beits­gericht Hamm hat auf die Berufung des Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum abgeändert und die Klage abgewiesen. Nach Auffassung des Landes­a­r­beits­ge­richts steht der Klägerin kein Anspruch auf Zahlung von Arbeitsentgelt zu, da zwischen den Parteien kein Arbeits­ver­hältnis begründet worden sei. Zwar habe die Klägerin jedenfalls teilweise reguläre Arbeit­s­tä­tig­keiten verrichtet. Dies sei allerdings im Rahmen eines sozia­l­ver­si­che­rungs­rechtlich geprägten Prakti­kan­ten­ver­hält­nisses geschehen. Die Klägerin habe als Teilnehmerin einer berufs­vor­be­rei­tenden Maßnahme der Bundesagentur für Arbeit das Praktikum absolviert und in dieser Zeit Leistungen der Arbeitsagentur erhalten.

Quelle: Landesarbeitsgericht Hamm/ra-online

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