21.11.2024
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Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 30835

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Urteil19.07.2021Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg21 Sa 1291/20
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Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Urteil19.07.2021

Äußerungen in vertraulichem WhatsApp-Chat kein KündigungsgrundArbeits­ver­hältnis wurde jedoch gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst

Das Landes­arbeits­gericht Berlin-Brandenburg hat die Kündigung des technischen Leiters eines gemeinnützigen Vereins, die der Verein wegen sehr herab­wür­di­gender und verächtlicher Äußerungen über Geflüchtete und in der Flücht­lingshilfe tätige Menschen in einem Chat ausgesprochen hatte, für unwirksam erklärt. Das Landes­arbeits­gericht hat aber das Arbeits­ver­hältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst.

Der Verein ist überwiegend in der Flücht­lingshilfe tätig. Mitglieder des Vereins sind der Landkreis, verschiedene Städte und Gemeinden sowie einige Vereine. Die Arbeit des Vereins wird in erheblichem Umfang ehrenamtlich unterstützt. Im Zuge der Kündigung eines anderen Beschäftigten erhielt der Verein Kenntnis von einem über WhatsApp geführten Chat zwischen dem technischen Leiter, diesem Beschäftigten und einer weiteren Beschäftigten. Im Rahmen des Chats äußerte sich der technische Leiter ebenso wie die beiden anderen Beschäftigten in menschen­ver­ach­tender Weise über Geflüchtete und herabwürdigend über Helferinnen und Helfer. Hierüber wurde auch in der Presse berichtet. Daraufhin kündigte der Verein unter anderem das Arbeitsverhältnis mit dem technischen Leiter fristgemäß.

Vertraulichkeit der Kommunikation rechtfertigt keine Kündigung

Das Landes­a­r­beits­gericht hat die Kündigung für unwirksam erklärt und damit die Entscheidung des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel bestätigt. Zwar sei eine gerichtliche Verwertung der gefallenen Äußerungen im Gerichts­ver­fahren zulässig. Eine die Kündigung rechtfertigende Pflichtverletzung könne jedoch nicht festgestellt werden, weil eine vertrauliche Kommunikation unter den Schutz des allgemeinen Persön­lich­keits­rechts falle. Um eine solche gehe es hier, da diese in sehr kleinem Kreis mit privaten Handys erfolgt und erkennbar nicht auf Weitergabe an Dritte, sondern auf Vertraulichkeit ausgelegt gewesen sei.

Äußerungen ändern nichts an Eignung des technischen Leiters

Auch eine fehlende Eignung für die Tätigkeit könne allein auf dieser Grundlage nicht festgestellt werden. Besondere Loyali­täts­pflichten bestünden nicht, weil der Gekündigte als technischer Leiter keine unmittelbaren Betreu­ungs­aufgaben wahrzunehmen habe. Auf das Fehlen des erforderlichen Mindestmaßes an Verfas­sungstreue, das von Bedeutung sei, wenn man den Verein als Teil des öffentlichen Dienstes betrachte, könne allein aufgrund dieser vertraulichen Äußerungen nicht geschlossen werden.

Keine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit zu erwarten

Das Landes­a­r­beits­gericht hat - anders als das Arbeitsgericht - das Arbeits­ver­hältnis jedoch auf Antrag des Vereins gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst. Die Voraussetzungen einer ausnahmsweise möglichen gerichtlichen Auflösung des Arbeits­ver­hält­nisses lägen hier vor. Es sei im Sinne des § 9 Kündi­gungs­schutz­gesetz keine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit zu erwarten. Da die schwerwiegenden Äußerungen öffentlich bekannt geworden seien, könne der Verein bei Weiter­be­schäf­tigung dieses technischen Leiters nicht mehr glaubwürdig gegenüber geflüchteten Menschen auftreten. Außerdem sei er bei der Gewinnung ehrenamtlicher Unterstützung und hauptamtlichen Personals beeinträchtigt. Bei der Bemessung der Abfindung hat das Landes­a­r­beits­gericht ein Auflö­sungs­ver­schulden des Gekündigten berücksichtigt, das sich allerdings wegen der anstrebten Vertraulichkeit der Äußerungen mindere. Das Landes­a­r­beits­gericht hat die Revision zum Bundes­a­r­beits­gericht zugelassen.

Quelle: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, ra-online (pm/ab)

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