15.11.2024
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Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 27385

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Urteil01.03.2018Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg10 Sa 1507/17
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJ 2018, 259Zeitschrift: Neue Justiz (NJ), Jahrgang: 2018, Seite: 259
  • NJW-Spezial 2018, 468Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2018, Seite: 468
  • NZA-RR 2018, 297Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Rechtsprechungsreport (NZA-RR), Jahrgang: 2018, Seite: 297
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Vorinstanz:
  • Arbeitsgericht Cottbus, Urteil05.10.2017, 12 Ca 10035/17
ergänzende Informationen

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Urteil01.03.2018

Für Kündigung aus Anlass einer Erkrankung spricht zeitlicher Zusammenhang zwischen Kündigung und Arbeits­un­fä­higkeitArbeitnehmer kann sich auf Anscheinsbeweis berufen

Wird die Kündigung eines Arbeitnehmers im zeitlichen Zusammenhang mit seiner Arbeits­un­fä­higkeit ausgesprochen, so spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine Kündigung aus Anlass der Erkrankung. Der Arbeitgeber ist daher gemäß § 8 Abs. 1 des Entgelt­fort­zahlungs­gesetzes (EFZG) zur Entgelt­fort­zahlung über den Kündi­gungs­zeitpunkt hinaus verpflichtet. Dies hat das Landes­arbeits­gericht Berlin-Brandenburg entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Anfang Juli 2016 begann ein Schlosser seine Tätigkeit bei einem Fuhrbetrieb. Die Probezeit betrug drei Monate. Einige Tage später erkrankte der Arbeitnehmer arbeitsunfähig. Ein paar Tage später wurde die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit bis August 2016 festgestellt. Nach Angaben des Arbeitnehmers setzte er seinen Arbeitgeber davon noch am selben Tag in Kenntnis. Der Arbeitnehmer erhielt daraufhin eine Kündigung mit der Begründung, der Arbeitnehmer habe 12 Tage zuvor einen Fehler begangen. Zudem habe er trotz arbeits­ver­trag­licher Verpflichtung nicht die Qualifikation zum Berufs­kraft­fahrer erworben. Der Arbeitnehmer hielt seine Erkrankung als Auslöser für die Kündigung, so dass es zu einem Rechtsstreit über die Entgeltfortzahlung über den Kündi­gungs­zeitpunkt hinaus kam.

Arbeitsgericht bejaht Anspruch auf Entgelt­fort­zahlung

Das Arbeitsgericht Cottbus bejahte einen Anspruch auf Entgelt­fort­zahlung gemäß § 8 Abs. 1 EFZG. Der Arbeitgeber habe das Arbeits­ver­hältnis aus Anlass der Arbeits­un­fä­higkeit gekündigt. Das 12-tägige Abwarten zwischen dem behaupteten Fehler des Arbeitnehmers und der Kündigung habe der Arbeitgeber nicht erklären können und sei auch nicht ersichtlich. Der unterlassene Erwerb der Qualifikation scheide als alleiniger Kündigungsgrund aus. Zumindest sei die Arbeits­un­fä­higkeit des Arbeitnehmers mitursächlich gewesen. Gegen diese Entscheidung legte der Arbeitgeber Berufung ein.

Landes­a­r­beits­gericht nimmt ebenfalls Kündigung aus Anlass der Erkrankung an

Das Landes­a­r­beits­gericht Berlin-Brandenburg bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und verwies auf die Begründung des Arbeitsgerichts. Zwar ende die Pflicht zur Entgelt­fort­zahlung für den Arbeitgeber mit dem Ende des Arbeits­ver­hält­nisses. Dies gelte aber nach § 8 Abs. 1 EFZG dann nicht, wenn der Arbeitgeber das Arbeits­ver­hältnis "aus Anlass der Arbeits­un­fä­higkeit" kündigt. Dabei müsse die Arbeits­un­fä­higkeit nicht alleiniger Grund für die Kündigung sein.

Anscheinsbeweis spricht für Anlasskündigung bei zeitlichem Zusammenhang zwischen Kündigung und Arbeits­un­fä­higkeit

Ist die Kündigungen in zeitlich engem Zusammenhang zur angezeigten Arbeits­un­fä­higkeit ausgesprochen worden, so komme dem Arbeitnehmer nach Auffassung des Landes­a­r­beits­ge­richts ein Anscheinsbeweis zugute. Eine Anlasskündigung sei daher zu vermuten, wenn sie in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem zeitlichen Eintritt der Arbeits­un­fä­higkeit erfolgt. Dabei sei zu beachten, dass der Arbeitgeber nach dem Ende der zunächst bescheinigten Dauer der Arbeits­un­fä­higkeit noch drei Tage abzuwarten habe, ob der Arbeitnehmer ihm die Fortdauer der Arbeits­un­fä­higkeit anzeigt. Komme er dem nicht nach, könne er sich nicht darauf berufen, dass er keine Kenntnis von der Fortdauer der Arbeits­un­fä­higkeit hatte. Er werde vielmehr so behandelt als ob er von der Fortdauer gewusst habe.

Quelle: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, ra-online (vt/rb)

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