Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Urteil25.03.2022
Fristlose Kündigung wegen Veröffentlichung von Gerichtsschriftsätzen mit Gesundheitsdaten innerhalb des BetriebsKeine Notwendigkeit einer Abmahnung wegen Schwere der Pflichtverletzung
Veröffentlicht ein Arbeitnehmer innerhalb des Betriebes Schriftsätze aus einem arbeitsrechtlichen Verfahren, welche Gesundheitsdaten enthalten, und fordert er zur Weiterverbreitung der Informationen auf, so begründet dies eine fristlose Kündigung. Wegen der Schwere der Pflichtverletzung ist eine vorherige Abmahnung nicht notwendig. Dies hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall führte ein Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht Stuttgart ein Verfahren gegen seine Arbeitgeberin wegen angeblich ungerechtfertigter Vorwürfe der sexuellen Belästigung. Noch bevor das Arbeitsgericht eine Entscheidung getroffen hat, veröffentlichte der Arbeitnehmer Schriftsätze der Gegensete, in denen Gesundheitsdaten enthalten waren, innerhalb des Betriebes. Er versandte dazu eine E-Mail, welche einen Link zu den Unterlagen enthielt. Er forderte zudem dazu auf, die E-Mail weiterzuverbreiten. Die Arbeitgeberin nahm dieses Verhalten zum Anlass eine fristlose Kündigung auszusprechen. Die dagegen gerichtete Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers wies das Arbeitsgericht Stuttgart ab, wogegen sich die Berufung des Arbeitnehmers richtete.
Veröffentlichung von Gesundheitsdaten rechtfertigt fristlose Kündigung
Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Wer im Rahmen eines von ihm angestrengten Gerichtsverfahrens bestimmte, ausschließlich dem Verfahren gewidmete Schriftsätze der Gegenseite, in denen insbesondere Gesundheitsdaten enthalten sind, bewusst und gewollt der Betriebsöffentlichkeit durch die Verwendung eines durch eine E-Mail zur Verfügung gestellten Links offenlegt und darüber hinaus den Adressatenkreis auffordert, die Weiterverbreitung der verlinkten E-Mail zu veranlassen, verletze rechtswidrig und schuldhaft Persönlichkeitsrechte der in den Schriftsätzen namentlich benannten Personen.
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Keine Rechtfertigung der Veröffentlichung
Die Wahrnehmung berechtigter Interessen des Klägers oder sonstiger sein Fehlverhalten rechtfertigende Umstände haben insofern nicht vorgelegen, so das Landesarbeitsgericht, als die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts am Tag der Veröffentlichung der Daten noch nicht vorgelegen habe. Zudem habe dem Kläger noch die Möglichkeit der Berufung zur Verfügung gestanden, um seinen Standpunkt darzulegen.
Vorherige Abmahnung nicht erforderlich
Nach Auffassung des Landesarbeitsgericht habe keine Abmahnung ausgesprochen werden müssen. Dafür spreche die Schwere der vorsätzlichen Pflichtverletzung des Klägers, die sich nicht nur in einem einmaligen Fehlverhalten zeigt, sondern vom Kläger bewusst darauf angelegt war, durch die gewollte Weiterverbreitung durch den Verteilerkreis die Verletzung des Persönlichkeitsrecht der namentlich benannten Personen zu intensivieren.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 01.04.2025
Quelle: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, ra-online (vt/rb)