18.10.2024
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Sie sehen eine Geldbörse mit einer Gesundheitskarte von einer deutschen Krankenversicherung.

Dokument-Nr. 31005

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Urteil02.11.2021Hessisches LandessozialgerichtL 8 KR 477/20
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Hessisches Landessozialgericht Urteil02.11.2021

Anspruch auf teure maßgefertigte Prothese aus Silikon bei Teilverlust der HandHessisches LSG gibt einer Versicherten Recht

Gesetzlich Kranken­ver­si­cherte mit Teilhandverlust können auch dann einen Anspruch auf eine individuelle Finger-Handprothese aus Silikon haben, wenn dieses Hilfsmittel die Funkti­o­ns­ausfälle nur teilweise ausgleicht. Die Versorgung mit der Prothese ist zu gewähren, wenn diese eine erhebliche funktionelle Verbesserung bewirkt. Dies hat das Hessische Landessozialamt entschieden.

Bei der 34-jährigen Versicherte besteht seit Geburt eine Fehlbildung der linken Hand. Aufgrund operativer Maßnahmen liegt ein Teilhandverlust vor. Der Mittelfinger fehlt komplett, Daumen, Zeige- und Ringfinger sind nur zur Hälfte vorhanden. Die als Arzthelferin tätige Versicherte ist Rechtshänderin. Ihr wurde eine individuelle Finger- Handprothese aus Silikon verordnet (Kosten rund 17.600 €). Die Kranken­ver­si­cherung lehnte eine Versorgung ab, da eine medizinische Notwendigkeit nicht vorliege. Das Hilfsmittel gleiche keine verloren gegangenen oder eingeschränkten Funktionen der fehlgebildeten Hand aus. Die Prothese habe keine Gelenke und sei vollständig unbeweglich. Sie solle vor allem Teile der linken Hand möglichst naturgetreu und ästhetisch nachbilden.

Erheblicher Behin­de­rungs­aus­gleich durch Silikon-Prothese

Die Darmstädter Richter verurteilten die Krankenkasse zur Versorgung der Versicherten mit der Finger-Handprothese. Dieses Hilfsmittel sei geeignet, die erheblich herabgesetzte Funkti­o­ns­fä­higkeit der linken Hand der Versicherten teilweise auszugleichen. Nach dem eingeholten Gutachten eines gerichtlichen Sachver­ständigen sei davon auszugehen, dass mit der Silikonprothese aufgrund der erhaltenen Beweglichkeit in den Grundgelenken eine deutliche funktionelle Verbesserung der Greiffunktionen der linken Hand herbeigeführt werden könne. Die Elastizität des Silikons ermögliche das Greifen größerer Gegenstände, soweit diese nicht allzu schwer seien. Auch Pinzetten-, Zangen-, Dreipunkt- und Schlüsselgriff könnten verbessert werden. Dies gelte gleichermaßen für die Arbeiten mit Compu­ter­ta­statur und Computermouse, Trackball und berüh­rungs­emp­find­lichen Bildschirmen. Zudem sollte das Halten von Handy und Telefon mit der Teilhand­prothese möglich sein, so dass die Versicherte mit ihrer rechten Hand Daten leichter eingeben könne. Anderslautende Gutachten des Medizinischen Dienstes der Kranken­ver­si­cherung (MDK) seien nicht maßgebend, da diese lediglich nach Aktenlage und nur auf der Basis von Fotos der betroffenen Hand erstattet worden seien.

Kein Verstoß gegen das Wirtschaft­lich­keits­verbot

Da eine gleichwertige Versorgung anders nicht möglich sei, liege auch kein Verstoß gegen das Wirtschaft­lich­keits­verbot vor. Die Darmstädter Richter hoben hervor, dass sich der Sachverhalt hier anders darstelle als in einem vorangegangenen Urteil, in dem bei einem Verlust lediglich eines Fingerendglieds ein Anspruch auf eine Prothese abgelehnt worden sei, da hier letztlich die Ästhetik im Vordergrund gestanden habe.

Quelle: Hessisches Landessozialgericht, ra-online (pm/aw)

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