21.11.2024
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Hessisches Landesarbeitsgericht Urteil14.09.2010

LAG Hessen: Fristlose Kündigung wegen Vergleichs mit Zuständen "wie im Dritten Reich" zulässigVergleich des Arbeitgebers den im Natio­nal­so­zi­a­lismus begangenen Verbrechen stellt grobe Beleidigung dar die außer­or­dentliche fristlose Kündigung rechtfertigt

Erklärt ein Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber in einer öffentlichen Sitzung "er lüge wie gedruckt; wie er mit Menschen umgehe, da komme er - der Mitarbeiter – sich vor wie im Dritten Reich", kann eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein. Dies entschied das Landes­a­r­beits­gericht Hessen.

Hintergrund des zugrunde liegenden Rechtsstreits war, dass ein 47-jähriger Fahrzeugführer nach mehr als 30-jähriger Beschäftigung gegen seinen Arbeitgeber wegen einer ihm ausgesprochenen Kündigung Klage erhoben hatte. Im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht am 20. Februar 2007 äußerte er in Anwesenheit des Arbeitgebers und seiner Prozess­be­voll­mäch­tigten: "Die Beklagte lügt wie gedruckt. Wie sie mit Menschen umgeht, da komme ich mir vor wie im Dritten Reich".

Arbeitgeber kündigt Mitarbeiter erneut fristlos

Einer Aufforderung des Kammer­vor­sit­zenden, den Saal zu verlassen oder sachlich weiter zu verhandeln, folgte der Mitarbeiter nicht. Der Arbeitgeber nahm die Äußerung zum Anlass, dem Mitarbeiter Ende Februar 2007 erneut fristlos zu kündigen.

Kündigung wirksam

Das Arbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Auch das Hessische Landes­a­r­beits­gericht hielt die Kündigung für wirksam.

Grundrecht der Meinungs­freiheit findet bei Angriff auf Menschenwürde keine Anwendung

Grobe Beleidigungen des Arbeitgebers und/oder seiner Vertreter oder Repräsentanten könnten eine außer­or­dentliche fristlose Kündigung an sich rechtfertigen. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit werde regelmäßig zurücktreten müssen, wenn sich die Äußerungen als Angriff auf die Menschenwürde oder als eine Formal­be­lei­digung oder eine Schmähung darstellten.

Äußerung unterstellt Gleichsetzung der Mitarbeiter des Arbeitgebers mit willfährigen Handlangern unter NS-Regime

Der Vergleich betrieblicher Verhältnisse und Vorgehensweisen mit dem natio­nal­so­zi­a­lis­tischen Terrorsystem und erst recht mit den in Konzen­tra­ti­o­ns­lagern begangenen Verbrechen bilde in der Regel einen wichtigen Grund zur Kündigung. Die Gleichsetzung noch so umstrittener betrieblicher Vorgänge und der Vergleich des Arbeitgebers oder der für ihn handelnden Menschen mit dem vom Natio­nal­so­zi­a­lismus begangenen Verbrechen und den Menschen, die diese Verbrechen begingen, stelle eine grobe Beleidigung der damit angesprochenen Personen und zugleich eine Verharmlosung des in der Zeit des Faschismus begangenen Unrechtes und eine Verhöhnung seiner Opfer dar. Mit einer solchen Äußerung werde regelmäßig unterstellt, dass die Mitarbeiter bei dem Arbeitgeber willfährigen Handlangern unter dem NS-Regimes gleichzusetzen sind.

Kläger beschimpft Hessisches Landes­a­r­beits­gericht bereits in einem früheren Rechtsstreit

Der gekündigte Mitarbeiter habe auch die Chance vertan, seine Schmähkritik auf Hinweis des Kammer­vor­sit­zenden umgehend oder wenigstens später zurückzunehmen. Für die Gesamtabwägung sei auch von Bedeutung gewesen, dass der Kläger bereits in einem früheren Rechtsstreit mit seinem Arbeitgeber im Jahre 2004 das Hessische Landes­a­r­beits­gericht als „korrupt" beschimpft und es als "schlimmer als die Kommunisten" bezeichnet habe.

Quelle: Hessisches Landesarbeitsgericht/ra-online

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