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Hessisches Landesarbeitsgericht Urteil03.09.2008

Vergleich der Arbeits­be­din­gungen mit Konzen­tra­ti­o­nslager kann ein wichtiger Kündigungsgrund seinKündi­gungs­absicht wegen grober Beleidigung - Inter­es­se­n­ab­wägung erforderlich

Nach einer Entscheidung des Hessischen Landes­a­r­beits­ge­richts ist die Bezeichnung der Zustände im Betrieb als „schlimmer als in einem KZ“ grundsätzlich geeignet, einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darzustellen. Bei einem einmaligen Vorfall nach 35jähriger Betrie­bs­zu­ge­hö­rigkeit, Schwer­be­hin­derung und einem Alter von Mitte 50 sowie glaubhafter Entschuldigung könne jedoch die Inter­es­se­n­ab­wägung zugunsten des Arbeitnehmers ausfallen, mit der Folge der Unwirksamkeit der Kündigung.

In einem größeren Unternehmen arbeitete ein Mitte 50 Jahre alter Mitarbeiter seit mehr als 35 Jahren. Er war anerkannter Schwer­be­hin­derter und Mitglied des Betriebsrats. Im Sommer 2007 kam es in dem Betrieb zu einem Gespräch dieses Mitarbeiters mit zwei Betrie­bs­meistern. Der Arbeitgeber behauptete, das Betrie­bs­rats­mitglied habe die ihm vorgesetzten Betriebsmeister darauf hingewiesen, dass er fürchterliche Schmerzen in der Schulter habe. Als einer der Betriebsmeister nach den Ursachen gefragt habe, hätte der Mitarbeiter erwidert: „Meinst du weil ich darauf schlafe? Die Arbeit hier ist menschen­un­würdig und laut Betrie­bs­ver­fas­sungs­gesetz ist das verboten." Daraufhin habe einer der Meister gemeint, man müsse nicht gleich mit Gesetzen anfangen, sondern könne auch so eine Lösung finden und das Ganze später klären. Der Mitarbeiter habe dann lautstark erklärt: „Das sind Arbeits­be­din­gungen wie im Konzen­tra­ti­o­nslager“. Der Arbeitgeber beantragte aufgrund dieses Vorfalls die Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung des Betrie­bs­rats­mit­glieds, weil er meinte, der Mitarbeiter habe eine grobe Beleidigung ausgesprochen. Der Betriebsrat verweigerte seine Zustimmung mit der Begründung, der Mitarbeiter habe nur an den Meistern vorbeigehend vor sich hinmurmelnd den Begriff „KZ" verwandt. Dabei habe es sich um eine spontane Unmutsäußerung, die ein Synonym für unangenehme und unwürdige Zustände sei, gehandelt. Zu berücksichtigen sei, dass der Mitarbeiter in einer körperlichen Stresssituation gewesen sei und starke Schmerzen gehabt habe, was Folge der immensen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Inbetriebnahme der Maschine gewesen sei.

Arbeitsgericht wies Klage des Arbeitgebers ab

Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Arbeitgebers auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur außer­or­dent­lichen Kündigung des Mitarbeiters zurückgewiesen.

Landes­a­r­beits­gericht: KZ-Vergleich stellt schwerwiegende Verletzung der Ehre dar

Die Beschwerde des Arbeitgebers blieb ohne Erfolg. Zwar stehe nach Durchführung einer Beweisaufnahme fest, dass der Mitarbeiter sinngemäß zu den Betrie­bs­meistern sagt habe, die Zustände im Betrieb seien schlimmer als in einem Konzentrationslager. Nach Auffassung des Hessischen Landes­a­r­beits­ge­richts stelle eine derartige Äußerungen in der Tat eine schwerwiegende Verletzung der Ehre der für den Betrieb und den konkreten Arbeitsplatz Verant­wort­lichen dar. Der Vergleich eines Betriebes mit einem Konzen­tra­ti­o­nslager müssten die dort als Vorgesetzte arbeitenden als Gleichsetzung mit SS-Schergen und menschen­ver­ach­tenden Unmenschen verstehen. Eine solche schwere Beleidigung könne auch nicht als überspitzte und polemische Kritik gewertet werden und sei keinesfalls durch das Recht auf freie Meinung­s­äu­ßerung gedeckt. Daran änderten auch die von dem Mitarbeiter behaupteten Umständen nichts. Auch erschwerten Arbeits­be­din­gungen, die dadurch ausgelöste Schmerzen und Stress könnten eine solche außer­ge­wöhnliche Schmähung nicht rechtfertigen. Eine derart schwerwiegende Ehrverletzung gegenüber den Repräsentanten der Arbeitgeberin beeinträchtige auch konkret das Arbeitsverhältnis zu dem Mitarbeiter.

Abwägung fällt zugunsten des zu kündigenden Mitarbeiters aus

Allerdings sah das Beschwer­de­gericht unter Abwägung der Interessen der Arbeitgeberin und des zu kündigenden Mitarbeiters im konkreten Einzelfalle eine außer­or­dentliche Kündigung als nicht gerechtfertigt an, was Voraussetzung für die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats gewesen wäre.

Zwar habe der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran, von einem Arbeitnehmer nicht beleidigt zu werden und müsse seine Repräsentanten vor Beleidigungen schützen. Er sei berechtigt und auch verpflichtet, darauf zu achten, dass in dem Betrieb zwischen Mitarbeitern keine Schmähungen ausgetauscht werden, insbesondere nicht solche, die Bezug auf Politik, Nationalität und Natio­nal­ge­schichte haben. Auf Seiten Mitarbeiters müsse jedoch berücksichtigt werden, dass es sich um eine einmalige Verfehlung dieser Art in einer 35-jährigen Betrie­bs­zu­ge­hö­rigkeit gehandelt und er auch von Anfang an klargemacht habe, dass er eine derartige Äußerungen bedauere und sich für sie entschuldige. Nachdem die Beschwer­de­kammer auch den Eindruck gewonnen hatte, dass dem Mitarbeiter seine Äußerung sehr leid tue und er nicht vorhatte Personen zu beleidigen, kam sie unter Berück­sich­tigung des Lebensalters und den sozialen Belangen des Mitarbeiters zu der Überzeugung, dass in diesem Einzelfall seine Interessen des am Fortbestand des Arbeits­ver­hält­nisses gegenüber den der Arbeitgeberin an dessen Beendigung überwiegen.

Quelle: ra-online (pt)

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