18.10.2024
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Hessisches Landesarbeitsgericht Urteil01.07.2009

Kein Schmerzensgeld bei Katzenbiss in TierarztpraxisArbeitsunfall ist Schaden, der nicht vorsätzlich herbeigeführt wurde

Eine Mitarbeiterin einer Tierarztklinik, die während der Behandlung eines Tieres verletzt worden ist, kann vom Arbeitgeber kein Schmerzensgeld verlangen. Dies entschied das Hessische Landes­a­r­beits­gericht.

Hintergrund des Rechtsstreits war die Behandlung einer Katze in einer Tierarztklinik. Die Mitarbeiterin arbeitete dort als Hilfs­tier­pflegerin. Sie wurde von einem Kater, der untersucht und kastriert werden sollte, in die linke Hand gebissen. Eine Infektion verkomplizierte den Heilungsprozess, so dass der Mitarbeiterin eine Prothese eines Finger­mit­tel­gelenks eingesetzt werden musste. Sie leidet noch heute erheblich unter den Folgen der Bissverletzung und verlangte von ihrem Arbeitgeber u.a. die Zahlung von Schmerzensgeld.

Schadensersatz nur bei vorsätzlich herbeigeführten Schäden durch Arbeitgeber

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die von der Tierpflegerin eingelegte Berufung blieb erfolglos. Auch nach Auffassung des Hessischen Landes­a­r­beits­ge­richts kann sie nicht die Zahlung eines Schmer­zens­geldes von ihrem Arbeitgeber verlangen. Ihrem Begehren stehe § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII entgegen, der bei Arbeitsunfällen – wie dem hier unstreitig vorliegenden – dem geschädigten Arbeitnehmer nur dann einen Schadensersatz - bzw. Schmer­zens­geldan­spruch unmittelbar gegen den Arbeitgeber zubillige, wenn dieser den Schaden vorsätzlich herbeigeführt habe.

Zivilrechtliche Haftungs­be­schränkung ist verfas­sungs­konform

Grund dieser Haftungs­be­schränkung sei, dass an die Stelle der privat­recht­lichen Haftung bei Arbeitsunfällen die sozia­l­ver­si­che­rungs­rechtliche Gesamthaftung der Berufsgenossenschaft trete. Dadurch stehe dem Geschädigten einerseits stets ein solventer Anspruchs­ver­pflichteter zur Verfügung, andererseits würden Konflikt­si­tua­tionen im Betrieb durch zivilrechtliche Haftungsfragen vermieden. Obwohl dadurch auch ein Anspruch auf Schmerzensgeld ausgeschlossen sei und die gesetzliche Unfall­ver­si­cherung dies nur teilweise kompensiere, sei diese zivilrechtliche Haftungs­be­schränkung verfas­sungs­konform.

Ausmaß eines möglichen Schadens war nicht im Vorhinein absehbar

Auch wenn anzuerkennen sei, dass sich die Mitarbeiterin in einer schwierigen persönlichen Situation befinde, sei nicht zu erkennen, dass der Arbeitgeber mit bedingtem Vorsatz gehandelt habe, als er ihr die Anweisung gab, den widerspenstigen Kater zu fangen. Der Arbeitgeber musste zwar davon ausgehen, dass es beim Fangen eines renitenten Tieres in einer Tierklinik durchaus zu Verletzungen kommen kann. Er habe aber offenkundig nicht billigend in Kauf genommen, dass sich die Mitarbeiterin in derartiger Weise verletzen und einen solchen Schaden wie den tatsächlich eingetretenen davontragen würde.

Fahrlässiges Handeln

Ihm könne allenfalls bewusste Fahrlässigkeit vorgehalten werden, die vorliege, wenn der Handelnde darauf vertraut, dass der für möglich gehaltene Schaden gerade nicht eintreten werde. Bei fahrlässigem Handeln im Rahmen eines Arbeitsunfalls greife aber das Haftungs­privileg des § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII.

Quelle: ra-online, Hessisches LAG

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