21.11.2024
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Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss17.12.2018

Überschreitung von Grenzwerten für Verhängung zonenbezogener Fahrverbote in Frankfurt am Main nicht ausreichendFahrverbote sind unter Berück­sich­tigung des verfassungs­rechtlichen Grundsatzes der Verhält­nis­mä­ßigkeit nur als letztes Mittel in Betracht zu ziehen

Der Hessische Verwaltungs­gerichts­hof hat entschieden, dass eine Überschreitung von Grenzwerten nicht schon für das Verhängen von zonenbezogenen Fahrverboten in Frankfurt am Main genügt.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls, der Umweltverband Deutsche Umwelthilfe - DUH -, hatte vor dem Verwal­tungs­gericht Wiesbaden auf Verpflichtung des Beklagten zur Fortschreibung des Luftrein­hal­teplans - Teilplan Frankfurt am Main - geklagt. Dieser Klage hat das Verwal­tungs­gericht mit Urteil vom 5. September 2018 stattgegeben und den Beklagten u.a. dazu verpflichtet, dabei in den Luftreinhalteplan ein zonales Verkehrsverbot im Innen­stadt­bereich von Frankfurt am Main für Dieselfahrzeuge bis zur Schad­s­toff­klasse Euro 4 ab dem 1. Februar 2019, für solche der Schad­s­toff­klasse Euro 5 ab dem 1. September 2019 aufzunehmen; die Berufung wurde nicht zugelassen. Gegen dieses Urteil beantragten der Beklagte und die Stadt Frankfurt am Main als Beigeladene die Zulassung der Berufung.

Klägerin beantragt Anordnung weiterer Verkehrs­be­schrän­kungen

Zudem hat die Klägerin am Tag der mündlichen Verhandlung noch vor der Urteils­ver­kündung mit einem Eilantrag die Verpflichtung des Beklagten zur Veröf­fent­lichung des in dieser Weise fortge­schriebenen Luftrein­hal­teplans bis zum 1. Februar 2019, hilfsweise ab dem 1. Februar 2019 die Anordnung von Verkehrs­be­schrän­kungen für Dieselfahrzeuge unterhalb der Abgasnorm Euro 6 auf den Straßen Friedberger Landstraße, Börneplatz, Pforzheimer Straße und am Erlenbruch in Frankfurt am Main begehrt.

Überschreitung von Grenzwerten genügt nicht schon für Verhängung von zonenbezogenen Fahrverboten

Der Hessische Verwal­tungs­ge­richtshof hat auf die Anträge des Beklagten und der Stadt Frankfurt am Main (Beigeladene zu 1.) in dem Haupt­sa­che­ver­fahren die Berufung gegen das erstin­sta­nzliche Urteil wegen ernstlicher Zweifel an dessen Richtigkeit zugelassen und den Eilantrag abgelehnt. Der Entscheidung über die Zulassung der Berufung liegt zugrunde, dass weder das Immis­si­ons­schutz­gesetz noch die zugrunde liegende EU-Richtlinie ein allgemeines Minimie­rungsgebot für Schadstoffe enthalten, sondern nur zur Einhaltung eines gemittelten NO2-Grenzwertes verpflichten. Die Überschreitung der Grenzwerte genügt aus diesem Grund nicht schon für die Verhängung von zonenbezogenen Fahrverboten. Vielmehr kommen diese unter Berück­sich­tigung des verfas­sungs­recht­lichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nur dann als Ultima Ratio (letztes Mittel) in Betracht, wenn sie unabdingbar notwendig sind, um den Grenzwert im vorgegebenen Zeitrahmen zu erreichen. Deshalb sind in einer Einzel­fa­ll­prüfung unter anderem tatsächliche Feststellungen darüber zu treffen, ob als milderes Mittel über die übrigen schon vorgesehenen Maßnahmen hinaus auch strecken­be­zogene Fahrverbote in Betracht kommen können. Diesen Anforderungen genügt das erstin­sta­nzliche Urteil nicht.

Eilantrag mangels glaubhaft gemachter Dringlichkeit erfolglos

Soweit der Eilantrag der Klägerin auf Veröf­fent­lichung des in erster Instanz erstrittenen Luftrein­hal­teplans zum 1. Februar 2019 gerichtet ist, wurde er abgelehnt, da die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der erstin­sta­nz­lichen Entscheidung zugelassen worden ist und die Erfolgs­aus­sichten der Klage damit als offen zu betrachten sind. Da die Klägerin damit zudem die Vorwegnahme der Hauptsache begehrt hat, wäre für eine einstweilige Anordnung mit diesem Inhalt erforderlich, dass ein Abwarten des Haupt­sa­che­ver­fahrens unzumutbar und die Anordnung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes zwingend geboten ist. Diese Dringlichkeit hat die Klägerin nicht glaubhaft machen können, da in dem erstin­sta­nz­lichen Verfahren die für eine solche Anordnung maßgeblichen tatsächlichen Umstände - insbesondere hinsichtlich des Umfangs der gesund­heit­lichen Betroffenheit der Einwohner an den betroffenen Strecken - weder festgestellt noch bewertet wurden. Auch aus den von der Klägerin im Eilverfahren vorgelegten Unterlagen geht dies nicht hervor, vielmehr lässt sich diesen mit der hier gebotenen Eindeutigkeit nur entnehmen, dass über die gesund­heit­lichen Auswirkungen des Gases NO2 eine nur unsichere Datengrundlage besteht und die Studien deshalb durchweg zu dem Ergebnis kommen, dass weitergehende Forschungen notwendig sind.

Da der Beklagte dafür nicht zuständig ist und tatsächliche Feststellungen u.a. zu den Verla­ge­rungs­ef­fekten, die bei strecken­be­zogenen Verkehrs­be­schrän­kungen zu erwarten wären, bisher fehlen, war auch der hilfsweise gestellte Antrag abzulehnen.

Quelle: Hessischer Verwaltungsgerichtshof/ra-online

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